Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Schock in Magdeburg: Wie konnte Auto auf Weihnachtsmarkt rasen?

Magdeburg

Lücke im Sicherheitskonzept? Todesfahrer von Magdeburg nutzte Flucht- und Rettungsweg

    • |
    • |
    Der Todesfahrer soll einen Flucht- und Rettungsweg des Weihnachtsmarkts genutzt haben.
    Der Todesfahrer soll einen Flucht- und Rettungsweg des Weihnachtsmarkts genutzt haben. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Noch mehr Polizei, noch mehr Poller und die Zufahrtssperren überprüfen: In ganz Deutschland werden Weihnachtsmärkte gerade noch einmal auf ihre Sicherheit hin überprüft. Die Attacke mitten in Magdeburg hat viele in Schrecken versetzt. Wird genug getan für die Sicherheit? Hätte in Magdeburg am Alten Markt mehr für die Sicherheit der Menschen getan werden können?

    In der Regel seien solche Großveranstaltungen äußerst gut geschützt, sagt Hans-Jakob Schindler, Extremismus- und Terrorismusexperte vom Counter Extremism Project im Gespräch mit verschiedenen Medien. Im Interview mit dem Deutschlandfunk zeigte er sich überrascht vom Ausmaß des Anschlags in Magdeburg: „Es muss hier irgendwo eine Lücke im physischen Sicherheitskonzept des Weihnachtsmarkts gegeben haben.“

    Mangelnde Sicherheit? Mann in Magdeburg nutzte offenbar Flucht- und Rettungsweg

    Am Samstagnachmittag sagte Tom-Oliver Langhans, Direktor der Polizeiinspektion Magdeburg, dass der mutmaßliche Täter über den Flucht- und Rettungsweg auf den zentralen Platz gelangt sei. Die Fahrt habe rund drei Minuten bis zur Festnahme gedauert. Der Flucht- und Rettungsweg war nach Angaben der Stadt nicht durch Sperren oder Poller geschützt. Notarzt und Feuerwehr sollten über diesen Weg bei Unfällen oder anderen Einsätzen auf dem Platz gelangen können, sagte Ronni Krug, Beigeordneter für Personal, Bürgerservice und Ordnung der Stadt. Dort seien aber mobile Einsatzkräfte der Polizei stationiert gewesen. Die Wege seien daher nicht ungeschützt gewesen, verteidigte Krug das Konzept. Es habe sich „über lange Jahre bewährt“.

    Spätestens seit dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz achteten alle Städte darauf, dass Weihnachtsmärkte nicht mehr befahrbar sind. Vor fast genau acht Jahren, am 19. Dezember 2016, hatte ein Islamist einen Lkw in den Markt gelenkt und dabei 13 Personen getötet. Der sogenannte Islamische Staat reklamierte die Tat damals für sich.

    Taleb A. der 50 Jahre alte Arzt, der aus Saudi-Arabien stammt, aber seit fast 20 Jahren in Deutschland lebt, hat in den Sozialen Medien zuletzt eher wirre Beiträge hinterlassen. Auf sein Vorhaben scheint er sich aber vorbereitet zu haben, er hat sich den Mietwagen organisiert und wohl auch über die Sicherheitsvorkehrungen und den Aufbau des Weihnachtsmarktes informiert, so Schindler.

    Was Städte für die Sicherheit von Weihnachtsmärkten tun

    Insgesamt, das betont der Experte mehrmals, seien solche Veranstaltungen aber sehr gut geschützt. Die Polizeipräsenz sei hoch, es gebe viele Kameras, Poller oder Zufahrtssperren. Auf dem Augsburger Christkindlesmarkt, der vor Kurzem wegen der Festnahme eines Terrorverdächtigen in die Schlagzeilen geraten war, helfen die Händler mit. Die Augsburger Schausteller stellen ihre Lieferwagen als Barriere an bestimmten Punkten quer in die Fußgängerzone.

    Mancherorts gibt es Kritik, auch schon vor dem Anschlag. So berichtet die Süddeutsche Zeitung vom Hinweis eines Lesers, auf die merkwürdig platzierten Absperrungen: „Die für die Sicherheit des Weihnachtsmarkts auf dem Marienplatz zuständige Stelle scheint zu glauben, dass sich Terroristen bei einer motorisierten Attacke an das deutsche Rechtsfahrgebot halten würden.“ 

    Nach der Todesfahrt von Magdeburg verschärfen nun jedenfalls einige Länder ihre Sicherheitsvorkehrungen auf den Weihnachts- und Adventsmärkten. So soll etwa in Berlin und Hamburg die Polizeipräsenz auf den Märkten erhöht werden. Das Thüringer Innenministerium berät mit den Marktveranstaltern im Freistaat mögliche Nachbesserungen der Sicherheitskonzepte. Auch in Leipzig sollen die Polizeipräsenz sichtbar erhöht und Zuwege zusätzlich gesichert werden. 

    Ein Blick auf den abgesperrten Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. (zu dpa: «Ministerpräsident Rhein: «Anschlag trifft uns ins Mark»»)
    Icon Galerie
    19 Bilder
    Ein Auto rast am Freitagabend auf einem Weihnachtsmarkt in Magdeburg in eine Menschenmenge. Der Täter tötet mehrere Menschen, verletzt 200. Bilder des Angriffs, seiner Spuren – und der Trauer.

    Bayern erhöht Polizeipräsenz – keine Hinweise auf Gefährdung

    Die bayerische Polizei verstärkt die Sicherheitsvorkehrungen auf den Weihnachts- und Adventsmärkten ebenfalls. „Aufsetzend auf die bereits jetzt schon bestehenden Sicherheitskonzepte verstärken wir nochmals den Schutz der Weihnachtsmärkte und erhöhen lageangepasst die Polizeipräsenz“, sagte Innenminister Joachim Herrmann.

    Allerdings lägen trotz des Anschlags in Magdeburg derzeit keine Hinweise auf konkrete Gefährdungen bayerischer Weihnachtsmärkte vor. Auf vielen bayerischen Märkten waren bereits vor Beginn verschärfte Sicherheitskonzepte eingezogen worden. So wurde etwa das Tragen von Messern verboten. Mit dem Nürnberger Christkindlesmarkt findet einer der weltweit bekanntesten Weihnachtsmärkte in Bayern statt.

    In Magdeburg selbst bleibt der Weihnachtsmarkt nun geschlossen. Noch immer wird in Krankenhäusern um das Leben von Opfern gekämpft. Weihnachten wird dieses Jahr für viele Menschen ein Fest der Trauer.

    Alle aktuellen Entwicklungen zur Tat auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt gibt es im Liveticker:

    (mit dpa)

    Diskutieren Sie mit
    2 Kommentare
    Lothar Seel

    Sicherlich hatte die Lücke geschlossen werden können. Dann fährt der nächste eben in die Fußgängerzone oder an einer Ampel in eine wartende Fußgängergruppe. Die absolute Sicherheit ist ein frommer Wunsch. Mich beunruhigt mehr, wie jemand wie er in einer JVA (!) arbeitet, obwohl gegen ihn verschiedene Strafverfahren gelaufen sind.

    Rainer Kraus

    Am Samstag legte Musk nach: Wer den Täter ins Land gelassen habe, müsse hart bestraft werden – schließlich habe Saudi-Arabien die Auslieferung des Mannes verlangt.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden