Erfolg zieht nicht nur Neider an. Er ist, wenn er praktisch über Nacht kommt, auch schwer zu kontrollieren. Vier Erfolge in vier Wahlen nacheinander – das Bündnis Sahra Wagenknecht ist vom Fleck weg gut gestartet. Die Hülle glänzt, die Innenkonstruktion muss jetzt allerdings im Eiltempo errichtet werden. In Brandenburg schob sich das BSW bei der Landtagswahl gerade vor die CDU und könnte vom Wahlsieger, dem Sozialdemokraten und Ministerpräsidenten Dietmar Woidke, in eine Regierung gebeten werden. Spitzenkandidat Robert Crumbach erklärte, inhaltlich und personell sei seine Partei BSW fürs Regieren wie Opponieren bestens aufgestellt. Gleichzeitig betonte er aber auch, dass er sich gut vorstellen könne, das BSW in der Opposition aufzubauen.
Crumbach wirkt vom Auftreten her nicht wie ein ängstlicher Typ. Er kann aber auch rechnen. Etwa 40 Mitglieder hat das BSW den Angaben zufolge in Brandenburg. 14 Sitze stehen dem Bündnis im neuen Potsdamer Landtag zu. Die müssen erst einmal mit kompetentem Personal besetzt werden. Noch größer wird die Herausforderung, wenn das BSW in die Regierung einzieht. Ein realistisches Szenario ist das nicht nur für Brandenburg, sondern auch in Thüringen und Sachsen. Die Erfolgspartei wäre damit in der harten Realität des täglichen Regierungshandelns angekommen, könnte das Geschehen nicht mehr nur von der Seitenlinie kommentieren. Stattdessen müsste sie Verantwortung übernehmen.
AfD ist ein mahnendes Beispiel
Leicht ist das nicht, wie das Beispiel der AfD gezeigt hat. Nach deren Einzug in den Bundestag etwa hatten die Abgeordneten Mühe mit den Abläufen und Regularien im Parlament. Die Formulierung von Anträgen fiel schwer, Fristen wurden gerissen. Inzwischen hat die Partei den Parlamentsbetrieb verinnerlicht. Sie brauchte dafür aber viel Zeit – Zeit, die das BSW nicht hat.
Denn das große Ziel von Sahra Wagenknecht und ihren Mitstreitern ist ein gutes Ergebnis bei der Bundestagswahl in ziemlich genau einem Jahr. Eine aktuelle Umfrage der Meinungsforscher von Insa sieht das BSW bei zehn Prozent. Könnte sie diese Marke nur annähernd halten, wäre das ein Riesenerfolg für eine neue Partei – die AfD beispielsweise trat erstmals 2013 bei einer Bundestagswahl an und verfehlte mit 4,7 Prozent den Einzug ins Parlament. Doch dafür muss es mit dem Aufbau der Partei nun schneller gehen.
BSW will langsam wachsen
„Wir wollen langsam und kontrolliert wachsen, um das Projekt nicht zu gefährden“, heißt es beim BSW. Dahinter steckt die Sorge, dass man Radikale anzieht, die man nur schwer wieder loswird. Wagenknecht dürfte dabei unter anderem auf die AfD schauen, die mit den Ideen ihres Mitbegründers Bernd Lucke kaum noch etwas zu tun hat. Das BSW wirbt deshalb vor allem um „Unterstützer“ und „Förderer“. Sie dürfen mitmachen im Wahlkampf und im Aufbau, aber nicht mitentscheiden. Potenzielle Mitglieder werden sehr genau unter die Lupe genommen, außerdem „kann die Bearbeitung der Mitgliedsanträge aufgrund der noch sehr geringen Partei-Ressourcen einige Zeit in Anspruch nehmen“, wie es auf der Internetseite heißt.
Bislang funktioniert das BSW über die Person seiner Gründerin. Doch Wagenknecht allein, daraus macht sie auch gar keinen Hehl, kann die Aufgabe nicht stemmen. Zumal der Glanz Kratzer bekommen könnte, wenn in einer Regierungskoalition auf Landesebene demnächst bald unliebsame Entscheidungen zu treffen wären. Oder sich die zusätzlichen Lehrer und Polizisten nicht wie versprochen einfach so herzaubern lassen.
Noch fehlt die Basis
In der Hauptstadt wird das Gebaren der Partei bei den Sondierungsgesprächen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen deshalb gerade aufmerksam verfolgt. Das Bündnis lässt nicht darin nach, Bedingungen zu stellen, die für SPD und CDU nur schwer zu schlucken sind. Im Fokus steht die Ukraine. Das BSW ist gegen Waffenlieferungen und fordert den Eintritt in Friedensverhandlungen mit Moskau. Die markigen Forderungen sind an sich fehl am Platz, denn außenpolitische Fragen dieses Kalibers werden nicht auf Landesebene entschieden. Gleichwohl besteht die Ko-Vorsitzende Amira Mohamed Ali bereits im frühen Stadium der Verhandlungen darauf, dass sie „im Koalitionsvertrag einen Widerhall finden“ müssten.
Wer so vorgeht, möchte sich eine Hintertür offenhalten. Der brandenburgische BSW-Landesgeschäftsführer Stefan Roth freute sich nach dem guten Wahlergebnis über die „erfolgreichste Parteigründung seit Jahrzehnten“. Damit es nicht die kürzeste Lebensdauer einer Partei wird, muss auf den Zuspruch der Wählerschaft mit handfester Arbeit reagiert werden. Womöglich lässt sich das aus einer Oppositionsrolle heraus leichter bewerkstelligen.
BSW ist eine Mann (Frau) Partei und ist in der praktischen Politik keine Hilfe. Es wäre besser gewesen Sarah Wagenknecht wäre einer anderen Partei beigetreten, nach dem sie von den Linken boykottiert wurde. So ist sie nur die Rache von Oskar Lafontaine , der außer die Lippen nichts bewegte.
Ich denke dass dieser Erfolg sogar für Wagenknecht sehr überraschend gekommen ist.. Regierungserfahrung haben doch die meisten in ihrem Team.. Die Partei BSW erst mal in der Opposition wäre wie Crumbach sagte denke ich auch das beste gewesen. Rein wachsen sich Positionieren, Aufstellen.. und vor allen an Frau Wagenknecht nicht großkotzig, kontrolliert, übermütig werden.. sonst laufen ihr die Anhänger, Mitglieder, Parteikollegen/innen weg..
Ich verstehe die Debatte nicht wirklich. Für den reibungslosen Ablauf, die Einhaltung von Fristen, Verordnungen, etc. steht doch die komplette Parlamentsverwaltung bzw Ministerialbürokratie zur Verfügung. Da das BSW nach eigenem Bekunden eine Änderung der Politik will, steht doch für die Mandatsträger die inhaltliche Schwerpunktsetzung im Vordergrund. Und da, sodenke ich, wird es entsprechendes Potential an politisch-inhaltlich guten Leuten geben. Ob in Regierung oder Opposition, eventuell mit Duldungsoptionen, man wird sehen. Da liegt der Ball ja bei den jeweiligen Wahlgewinnern.
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