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Saarland: Die CDU zittert bei der Landtagswahl am Sonntag um die Macht im Saarland

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Die CDU zittert bei der Landtagswahl am Sonntag um die Macht im Saarland

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    SPD vor CDU: So sieht es aktuell auch in den Umfragen zur Landtagswahl im Saarland aus. Anke Rehlinger könnte neue Ministerpräsidentin werden.
    SPD vor CDU: So sieht es aktuell auch in den Umfragen zur Landtagswahl im Saarland aus. Anke Rehlinger könnte neue Ministerpräsidentin werden. Foto: Oliver Dietze, dpa

    Der erste große politische Lackmustest nach der Bundestagswahl findet zwar im zweitkleinsten Bundesland statt, trotzdem sieht die ganze Republik hin. Besonders spannend wird es für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU). Nur eine knappe Million Menschen lebt im Saarland, weniger sind es bloß im Stadtstaat Bremen, doch an diesem Sonntagabend steht die beschauliche Hauptstadt Saarbrücken für kurze Zeit im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

    Bei der Landtagswahl zeichnet sich mehreren Umfragen zufolge eine bittere Schlappe für Amtsinhaber Tobias Hans (44) von der CDU ab. So käme die SPD von Herausforderin Anke Rehlinger etwa laut ZDF-Politbarometer auf 39 Prozent der Stimmen, Hans nur auf 30 Prozent. Wenige Tage vor dem Urnengang deutet also vieles auf einen Machtwechsel. 28 Jahre nach dem letzten Wahlsieg von Oskar Lafontaine, der damals noch Sozialdemokrat war, könnte das Saarland wieder eine SPD-geführte Regierung bekommen.

    Tobias Hans (CDU), Ministerpräsident des Saarlandes.
    Tobias Hans (CDU), Ministerpräsident des Saarlandes. Foto: Oliver Dietze, dpa (Archiv)

    Große Koalition mit Amtsbonus für die Vize-Chefin

    Bisher regieren CDU und SPD in einer Großen Koalition das Land an der Grenze zu Frankreich und Luxemburg - richtig geknirscht hat es dabei selten. Einen größeren "Amtsbonus" als der Landeschef selbst genießt inzwischen die stellvertretende Ministerpräsidentin Rehlinger. Die Juristin, die bald ihren 46. Geburtstag feiert, ist Wirtschaftsministerin in der traditionsreichen Industriegegend, die seit dem Ende des Steinkohlebergbaus von tiefgreifendem Strukturwandel betroffen ist. Weil viele Arbeitsplätze auf der Kippe stehen, richteten sich die Augen in den vergangenen Jahren intensiv auf die zuständige Ressortchefin.

    Anke Rehlinger (SPD) hofft auf einen Wahlsieg.
    Anke Rehlinger (SPD) hofft auf einen Wahlsieg. Foto: Harald Tittel, dpa

    Die punktete etwa mit ihrem Kampf dafür, dass Ford in seinem kriselnden Werk in Saarlouis mit 4800 Beschäftigten weiter produzieren soll, über eine mögliche Schließung ist noch nicht entschieden. Hoffnungsvolle Bilder gab es zuletzt beim Fahrradhersteller Kettler in St. Ingbert, dort hat Rehlinger ein hochmodernes Werk für E-Bikes eingeweiht. Die ehemalige Kugelstoßerin, die seit 1996 und bis heute den Landesrekord von 16,03 Metern hält, ist ein Kumpeltyp, wirkt leutselig und geerdet. Das kommt an der Saar gut an, wo irgendwie jeder jeden kennt.

    Anke Rehlinger von der SPD weckt Erinnerung an "AKK"

    Viele erinnert die Mutter eines Sohnes, die sich kürzlich von ihrem Ehemann trennte, in ihrer unaufgeregten Volksnähe an Annegret Kramp-Karrenbauer, die Saar-Ministerpräsidentin war, bevor sie als CDU-Zukunftshoffnung nach Berlin ging. Wo sie dann zwar nicht Merkel-Nachfolgerin, aber Bundesverteidigungsministerin wurde.

    2018 war das, damals folgte ihr Tobias Hans nach, der in der CDU zeitweise hoch gehandelt wurde. Bundesweit machte er gerade in der Corona-Pandemie immer wieder mit Vorstößen von sich reden, doch in der Heimat kam der Studienabbrecher, der mit Frau und drei Kindern auf einem Pferdehof lebt, an die Beliebtheit von AKK nie heran. In der Gunst der Menschen im Saarland lief ihm Rehlinger zunehmend den Rang ab. Zur Stärke der Gegnerin kamen Fehler im Wahlkampf. Kürzlich filmte sich Hans selbst mit dem Handy vor einer Tankstelle und geißelte die Bundesregierung, die an den hohen Spritpreisen mitverdiene. Die Opposition rieb ihm daraufhin genüsslich unter die Nase, dass Steuern halt auch die Demokratie finanzierten.

    Annegret Kramp-Karrenbauer und Anke Rehlinger.
    Annegret Kramp-Karrenbauer und Anke Rehlinger. Foto: Oliver Dietze, dpa (Archiv)

    Noch schlechter kam an, dass Hans in seinem Video zwischen Geringverdienern und Leuten, die hart arbeiten, unterschied. Was ein wenig so klang, als würde er Menschen mit niedrigerem Einkommen unterstellen, weniger hart zu arbeiten. Das Eigentor war perfekt. Dass Hans im Wahlkampf-Endspurt auch noch an Corona erkrankte, dürfte weniger ins Gewicht fallen. Nun schieben seine Wahlhelfer den "Robi-Tobi", eine Art Video-Roboter über die Marktplätze, so dass Hans aus der häuslichen Quarantäne heraus doch noch mit den Unentschlossenen ins Gespräch kommt. Rehlinger war ebenfalls mit Corona infiziert, ist aber bereits wieder negativ getestet und kann nun direkt auf die Leute zugehen.

    In Berlin steigt vor der Landtagswahl im Saarland die Spannung

    In den Berliner Bundesparteizentralen von SPD und CDU blicken die Strategen mit Spannung auf den Ausgang der Wahl im Saarland. Für die SPD und Kanzler Olaf Scholz wäre ein Sieg Rehlingers die willkommene Bestätigung des Erfolgs bei der Bundestagswahl. Rehlinger, die auch stellvertretende Bundesvorsitzende ist, trauen viele Sozialdemokraten Großes zu. Ihr Name fiel in den vergangenen Jahren zuverlässig, wenn es um die Vergabe wichtiger Ämter und Posten ging. Gelänge es ihr, die alte Industrieregion Saarland von der CDU zurückzuerobern, könnte sie ihren Rang als Spitzen-Genossin weiter festigen. Umgekehrt dagegen sind die Vorzeichen bei den Christdemokraten.

    CDU-Chef Friedrich Merz.
    CDU-Chef Friedrich Merz. Foto: Oliver Dietze, dpa

    könnte einen Erfolg auf Landesebene dringend brauchen, doch wenn sich die Stimmung nicht noch einmal völlig dreht, muss er am Sonntagabend eine erste Wahlschlappe mitverantworten. Wie Merz sich rechtfertigen wird, scheint jetzt schon klar. Im Saarland, so dürfte der Tenor lauten, gingen die politischen Uhren eben noch völlig anders, was im Bund geschieht habe damit wenig zu tun. CDU und SPD sind an der Saar noch im Rang von Volksparteien, nach ihren kommt lange nichts. Und dann die AfD, die im traditionell weltoffenen Grenzland den Umfragen zufolge bei etwa sechs Prozent und damit deutlich unter den Bundeswerten liegt. Die Grünen liegen etwa gleichauf, während die FDP mit der Fünfprozentmarke kämpft. Die Linkspartei, die Oskar Lafontaine nach seinem Ausstieg aus der SPD einst mitgründet, nun aber verlassen hat, dümpelt bei vier Prozent.

    Vor diesem Hintergrund scheint eine Regierung, deren Chefin nicht Anke Rehlinger heißt, kaum möglich. Denkbar wäre ein Rot-Grün-Bündnis, aber auch eine Ampel wie im Bund - wenn es die FDP denn schafft. Durch die Schwäche der übrigen Parteien ist es aber sehr wahrscheinlich, dass es wieder eine Große Koalition gibt - mit umgekehrten Vorzeichen. Die SPD und Anke Rehlinger hätten dann den Hut auf, die CDU wäre Juniorpartner. Ob Tobias Hans nach einer solchen Schlappe dann so einfach vom Chefsessel auf den Vizeposten wechseln würde oder in der CDU anderen weichen müsste, das ist indes noch unklar.

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