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Russlandsanktionen: So kostspielig ist der Ukraine-Krieg für die deutsche Wirtschaft

Russlandsanktionen

So kostspielig ist der Ukraine-Krieg für die deutsche Wirtschaft

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    Im Wirtschaftskrieg mit dem Westen hat sich Russland besser behauptet als erwartet. Deutschland zahlt einen hohen Preis.
    Im Wirtschaftskrieg mit dem Westen hat sich Russland besser behauptet als erwartet. Deutschland zahlt einen hohen Preis. Foto: Alexander Kazakov, Sputnik Kremlin/AP/dpa

    Die deutsche Wirtschaft wird von den Folgen des Ukraine-Krieges kräftig nach unten gezogen. Im vergangenen Jahr schrumpfte die Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent, und das könnte sich dieses Jahr in vergleichbarer Größenordnung wiederholen. Ein Grund: Öl, Gas und Kohle sind deutlich teurer geworden, und damit auch Strom. 

    Zwei renommierte deutsche Forschungsinstitute haben unabhängig voneinander beziffert, wie groß der Schaden ist. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) waren es in den Jahren 2022 und 2023 jeweils 100 Milliarden Euro an Zusatzkosten für den Import für Energie. "Der Ukraine-Krieg hat hohe wirtschaftliche Kosten für Deutschland", sagte DIW-Chef Marcel Fratzscher. Ohne den Energieschock wäre die deutsche Wirtschaft ihm zufolge 2022 um 2,5 Prozentpunkte stärker gewachsen, 2023 ebenso. 

    Scharfe Sanktionen als Antwort an Putin

    Von Rezession und trüber Stimmung wäre also nichts zu spüren. Die Ökonomen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) aus Köln kommen zu ähnlichen Werten. Demnach beträgt die Sonderbelastung in den zwei zurückliegenden Jahren zusammen 240 Milliarden Euro. 

    Dem Kreml gelingt es immer besser, westliche Wirtschaftssanktionen zu umgehen, die zum Beispiel den Export von Erdöl betreffen.
    Dem Kreml gelingt es immer besser, westliche Wirtschaftssanktionen zu umgehen, die zum Beispiel den Export von Erdöl betreffen. Foto: AP, dpa

    Auf die Erschütterung nach dem Einmarsch der russischen Armee vor zwei Jahren reagierte Deutschland im Verbund mit der EU mit scharfen Wirtschaftssanktionen, die gegen Moskau verhängt wurden. Deutschland und andere Partnerländer beschlossen, sich von russischen Energielieferungen abzukoppeln, um Wladimir Putin seiner wichtigsten Einnahmequelle zu berauben. 

    Wegen der Panik auf den Rohstoffmärkten und den durch die Decke schießenden Preisen verdiente der Kremlherr trotz merklich fallender Importe Richtung Europa prächtig. Im Verlauf des vergangenen Jahres gingen die Preise zurück und die Strafmaßnahmen gegen Russland zeigten Wirkung. Laut der Finanznachrichtenagentur Bloomberg sanken die Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas im vergangenen Jahr um rund ein Viertel. Russland bezahlt also einen Preis, die Bundesrepublik jedoch auch. Denn der Gaspreis liegt rund ein Drittel über dem Vorkriegsniveau, der Industriestrompreis um etwas weniger als zehn Prozent. "Die Wirtschaft ist in schwerem Fahrwasser. Wir kommen langsamer aus der Krise als gehofft", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch. 

    Russland umgeht das Ölembargo über Indien

    Die Russland aufgebürdeten Strafmaßnahmen haben nicht nur die erwartbare Schattenseite, dass sie auch Deutschland spürbare Schmerzen bereiten. Sie werden darüber hinaus auch zunehmend vom Kreml umgangen. Das schlagende Beispiel ist das Ölembargo. Statt das schwarze Gold direkt nach Westen zu exportieren, nimmt es jetzt zunächst den Umweg über Indien. Laut der EU-Statistikbehörde Eurostat haben sich die deutschen Einfuhren von Mineralölerzeugnissen vom Subkontinent im Vergleich zwischen 2022 und 2023 mehr als versiebenfacht. Interessant dabei: Noch im Jahr davor kaufte Deutschland fast kein Öl in Indien ein. Die Importe summierten sich 2023 auf 11 Milliarden Euro, wovon ein bedeutsamer Anteil in Russland gelandet ist. Mittlerweile steht Indien bei der Lieferung von Gasölen, einem wichtigen Vorprodukt für Kraftstoffe, für einen Anteil von sieben Prozent der Gesamteinfuhren. 

    Kritik an der Embargopolitik kommt von prominenter Stelle. "Die Sanktionen auf russisches Öl sind Heuchelei pur. Wenn die Bundesregierung behauptet, Deutschland und die EU hätten sich von russischem Öl unabhängig gemacht, sagt sie schlicht die Unwahrheit", sagte die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht unserer Redaktion. Die Chefin der neuen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gehört zu den lautstärksten Gegnern der Strafmaßnahmen und der Waffenlieferungen an die Ukraine in Deutschland. 

    Im Schlussquartal des alten Jahres zahlte Indien über 80 Dollar je Fass russischen Erdöls. Eigentlich hat der Westen einen Preisdeckel von 60 Dollar verhängt. Aktuell kostet das Fass der Sorte Ural 75 Dollar. "Fakt ist, dass russisches Öl jetzt über teure Umwege in deutschen Autos und Heizungen landet. Das ist eine unsägliche Doppelmoral auf Kosten der Verbraucher und unserer Wirtschaft", beklagte Wagenknecht. 

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