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Russland: Wladimir Putin vermeidet eine weitere Eskalation zum "Tag des Sieges"

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Wladimir Putin vermeidet eine weitere Eskalation zum "Tag des Sieges"

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    Wladimir Putin, Präsident von Russland, bei der Feier zum "Tag des Sieges".
    Wladimir Putin, Präsident von Russland, bei der Feier zum "Tag des Sieges". Foto: Anton Novoderezhkin, Sputnik Kremlin/ap

    Am Ende war die Erleichterung überall spürbar: Der russische Präsident Wladimir Putin nutzte seinen Auftritt zwar, um die eigene Propaganda von der „Spezialoperation“ in der Ukraine zu bekräftigen, doch die befürchtete Generalmobilmachung und damit eine Eskalation blieb aus. „Russland hat präventiv die Aggression abgewehrt, das war die einzig richtige Entscheidung“, sagte Putin auf dem Roten Platz bei der Parade zum 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg und inszenierte sich damit erneut als Opfer. Er warf dem Westen vor, „Neonazis“ in der Ukraine bewaffnet zu haben.

    Erstmals räumte der Kreml-Herrscher auch Verluste seiner Truppen beim Angriff auf die Ukraine ein und versprach den Angehörigen materielle Hilfe. „Der Staat, die Regionen, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Organisationen tun alles, um diesen Familien Fürsorge zukommen zu lassen und ihnen zu helfen“, sagte er.

    Wladimir Putin fehlen die Mittel zur Eskalation im Ukraine-Krieg

    Im Westen wurde Putins Rede mit Zurückhaltung beobachtet. Von einer Entspannung wollen Experten nicht sprechen – eher davon, dass Putin kaum die militärischen Mittel hat, um seine Angriffe auszuweiten. „Es gab Erwartungen, dass er eine Mobilmachung verkünden oder den Krieg eskalieren werde, das hat sich nicht bestätigt“, sagt Joachim Krause, Chef des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel. „Vermutlich, weil ihm die Möglichkeiten einer aus russischer Sicht sinnvollen Eskalation fehlen.“

    Er habe auch nicht, wie viele andere erwartet hatten, einen einseitigen Waffenstillstand erklärt. „Dazu hätte die Offensive im Donbass erfolgreicher verlaufen müssen und auch Mariupol ist noch nicht ganz in russischer Hand“, sagt Krause. „Stattdessen hat er lediglich die Lügen bekräftigt, die zur Rechtfertigung der russischen Invasion bislang gedient hatten und das Narrativ von der angeblichen Bekämpfung von Nationalsozialisten stark herausgestellt.“

    Die Frau des im Einsatz gefallenen freiwilligen Soldaten Oleksandr Makhov, der zu den bekanntesten ukrainischen Journalisten gehörte, weint während der Beerdigung an seinem Sarg in der St. Michael Kathedrale.
    Die Frau des im Einsatz gefallenen freiwilligen Soldaten Oleksandr Makhov, der zu den bekanntesten ukrainischen Journalisten gehörte, weint während der Beerdigung an seinem Sarg in der St. Michael Kathedrale. Foto: Efrem Lukatsky, dpa

    Der CDU-Außenpolitik-Experte Norbert Röttgen hält die Situation gerade aus diesen Gründen weiter für gefährlich. „Wenn sich die Lage militärisch günstig für Putin entwickelt, kann er jederzeit eskalieren, rhetorisch und militärisch“, sagt er unserer Redaktion. Dass der Präsident ausdrücklich auf die Abwehr einer drohenden Invasion der Nato zu sprechen kam, sei neu gewesen. „Putin kann nun jederzeit den „Erfolg“ verkünden, die – niemals drohende – Invasion sei erfolgreich abgewendet worden“, sagt Röttgen. „Die Rede war also von taktischem Realismus geprägt.“ Allerdings gebe es keine Entwarnung, dass Putin den Krieg weiter verschärfe.

    Immer mehr Zivilisten werden Opfer des Kriegs in der Ukraine

    Unterdessen gehen in der Ukraine die Kämpfe unverändert weiter. Kurz nach der Rede von Putin hat Russlands Verteidigungsministerium über mehr als 200 Angriffe auf die Ukraine in den vergangenen Stunden berichtet. Mit Raketen und Artillerie seien unter anderem Kommandoposten und Lager mit militärischer Ausrüstung beschossen worden.

    Roderich Kiesewetter, selbst Oberst a.D., CDU-Abgeordneter und Begleiter der Kiew-Reise von Friedrich Merz, beklagt die immer weiter steigenden Opferzahlen unter den Zivilisten. „Es geschehen wirklich ungeheuerliche Gräueltaten in der Ukraine“, sagt Kiesewetter. In den rund 70 Kriegstagen seit dem 24. Februar seien mindestens 3.280 Kinder, Frauen und ältere Menschen ums Leben gekommen. „Es wird Jahre dauern, die wahren Zahlen zu verifizieren, da viele Opfer noch unter Trümmern vermisst und immer wieder Massengräber entdeckt werden.“

    Die Kriegsverbrechen müssten den „Leuten zugeordnet werden können, die sie angeordnet haben und denen, die sie durchgeführt haben“.

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