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Russland: Wagner-Gruppe rekrutiert Söldner: "Sie könnten schon heute in Richtung Front“

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Wagner-Gruppe rekrutiert Söldner: "Sie könnten schon heute in Richtung Front“

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    Ein Mann geht in Moskau an einem Plakat mit dem Bild eines russischen Soldaten und der Aufschrift "Wir verteidigen das Vaterland" vorbei .
    Ein Mann geht in Moskau an einem Plakat mit dem Bild eines russischen Soldaten und der Aufschrift "Wir verteidigen das Vaterland" vorbei . Foto: Dmitri Lovetsky, dpa

    Zum „Gruscha“ (Birne) führen ein eisglatter Weg und ein Dutzend Treppenstufen hinunter. Eine rotbraune Eisentür, ein heller Holzgang, zwei Wasserspender. Hinten in der Halle machen sich 15 Männer warm für ihr Boxtraining am frühen Morgen, ihre Schlappen liegen vor den blauen Matten im Flur. „Gruscha“ ist ein Boxklub nicht weit von Russlands Regierungssitz entfernt. Ein Kloster ist um die Ecke, auf dem Spielplatz gegenüber hacken die Kommunalarbeiter die vereisten Schneeberge weg. Bis zu neun Mal am Tag wird hier trainiert, die ersten beginnen bereits um 7 Uhr morgens, nachmittags lernen Kinder ab sieben Jahren Thaiboxen und Kickboxen. Der Hinterhof-Klub ist so unscheinbar wie monströs.

    Jewgeni Prigoschin ist Leiter der gefürchteten Wagner-Gruppe. Er hat Schwierigkeiten, neue Söldner zu finden.
    Jewgeni Prigoschin ist Leiter der gefürchteten Wagner-Gruppe. Er hat Schwierigkeiten, neue Söldner zu finden. Foto: dpa

    Vor wenigen Tagen hat der kremltreue Unternehmer Jewgeni Prigoschin nach eigenen Angaben neue Rekrutierungszentren in 42 russischen Städten ins Leben gerufen. Prigoschin ist Chef der Gruppe "Wagner". Seine Söldner gelten als die brutalsten Kämpfer in Putins „Spezialoperation“ in der Ukraine, als Schlächter, die ihr Oberchef auch in Strafkolonien quer durchs Land anwarb. Dazu hatte es Straferlass gegeben und eine Art Freifahrtschein Prigoschins, mit Gefangenen in der Ukraine alles tun zu dürfen. „Foltern, erniedrigen, Kehle durchschneiden – ist mir alles egal“, soll er vor Gefangenen in Tscheljabinsk gesagt und hinzugefügt haben, wer von seinen Kämpfern „falsch abbiege“, der werde an Ort und Stelle erschossen. 

    Hohe Verluste in Bachmut spielen für Prigoschin keine Rolle

    Nicht wenige von der Gesellschaft Vergessene nutzten den Kampf als Chance, sich irgendwie nützlich zu fühlen und dem eigenen trostlosen Dasein in Russlands streng hierarchisch organisiertem Strafvollzug zu entkommen, der sich auf das stalinistische Lagersystem stützt. 

    Die „Wagnerowzy“, wie sie in Russland genannt werden, dringen aktuell immer weiter ins Zentrum der hart umkämpften ukrainischen Stadt Bachmut ein, die hohen Verluste spielen für Prigoschin keine Rolle. Hinter den Gefängnismauern hatte es sich allerdings schnell herumgesprochen, wie erbarmungslos die Neu-Wagnerianer verheizt würden. Die Zahl der Freiwilligen aus den Strafkolonien nahm stetig ab. Prigoschin verkündete daraufhin eine „vollständige Einstellung“ seiner Anwerbung unter Russlands Verurteilten – und gleichzeitig eine neue Strategie. Nun sucht er in Wohnsiedlungen, an Schulen gar, in Sportklubs wie „Gruscha“.

    Rekruten durchlaufen dreiwöchiges Trainingscamp im Süden Russlands

    „Ja, wir vermitteln die künftigen Kämpfer an die richtige Stelle“, sagt die Empfangsdame in Schwarz. Sie reicht ein pinkes Blatt Papier. „Schreiben Sie“, sagt sie mit ihrer weichen Stimme und diktiert eine Telefonnummer. Auskünfte würden nur telefonisch erteilt, mehr könne sie nicht sagen. Wortkarg sind auch die breitschultrigen Männer, die sich ihre gestreiften Bandagen um die Hände wickeln. „Draußen bei den Mülltonnen ist der Empfang viel besser“, ruft die Frau in Schwarz. 

    Am Telefon meldet sich Igor, auch er geradezu zuvorkommend. Der künftige Kämpfer müsse sich persönlich vorstellen, gleich neben dem Klub könne er sich beweisen, erklärt er. Im Gebäude, in dem auch „Gruscha“ ist, befindet sich die städtische Ausbildungs- und Beratungsstelle für Zivilschutz und Notfälle. Die Metalltür ist zu, Sprechzeiten seien dienstags und donnerstags, steht auf der Plakette, eine Videokamera hängt am Eck. Igor versichert, er komme auch schon einmal zu Wunschzeiten des „Bewerbers“ vorbei und „begutachte“ ihn. Die Mindestvoraussetzung: 50 Liegestütze. „Wenn Sie bereit sind für die Front und ich mein Ok gebe, könnten Sie heute schon los. Wir besorgen das Zugticket.“ Es werde in die Region Krasnodar gehen – im Süden Russlands –, zum dreiwöchigen Trainingscamp, sagt Igor. Für die Trainingswochen gebe es 40.000 Rubel (das sind umgerechnet knapp 500 Euro), später einen Monatsverdienst von 240.000 Rubel (knapp 3.000 Euro). Für russische Einkommensverhältnisse ist das viel Geld. „Also Pass mitbringen und in guter Verfassung sein“, rät Igor. „Es wird sicher alles gut gehen.“ 

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