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Russland: Maria Lwowa-Belowa ist Putins skrupellose "Kinderretterin"

Russland

Maria Lwowa-Belowa ist Putins skrupellose "Kinderretterin"

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    Maria Lwowa-Belowa wird in Russland als Heldin gefeiert, international wird sie hingegen per Haftbefehl gesucht.
    Maria Lwowa-Belowa wird in Russland als Heldin gefeiert, international wird sie hingegen per Haftbefehl gesucht. Foto: Mikhail Klimentyev, imago

    Lachen. Lautes, höhnisches Lachen, bei dem sich Maria Lwowa-Belowa kaum zurückhalten kann. Die 38-Jährige lehnt sich in der Sendung „Westi“ im staatlichen russischen Sender Rossija-1 zurück und bemüht sich, möglichst gelassen zu wirken. Wenige Tage zuvor hatte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin erteilt – und auch gegen sie, seine „Beauftragte für Kinderrechte“. Das Gericht wirft ihnen vor, persönlich für die Verschleppung und Umsiedlung von Kindern aus den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten verantwortlich zu sein. „Für den Westen ist die Rettung von Kindern nun ein Kriegsverbrechen“, mokiert sich Lwowa-Belowa in der Sendung und sagt: „Wir machen weiter, kein Haftbefehl wird uns aufhalten.“ 

    Schon seit kurz vor Beginn des Krieges in der Ukraine holt Russland Kinder aus seinem Nachbarland und verteilt sie in Erholungsheimen, in Waisenhäusern, in Pflegefamilien quer durch das riesige Land. Mindestens 43 solcher Einrichtungen hat ein Rechercheteam der Yale School of Public Health gezählt. Wie das russischsprachige Online-Portal Wjorstka schreibt, soll den Kindern dort die „Liebe zu Russland eingeimpft“ werden. Es gibt zuweilen Kurse, in denen sie lernen, Kalaschnikow-Gewehre auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, sie schreiben Briefe an die Front, basteln Kerzen für die Schützengräben.

    Kinder gehören zu den größten Verlierern dieses Krieges.
    Kinder gehören zu den größten Verlierern dieses Krieges. Foto: Evgeniy Maloletka, dpa

    Internationales Recht sieht in Umsiedlung von Kindern ein Verbrechen

    Die Politikerin, die in ihrem Umfeld kumpelhaft Mascha genannt wird, wirkt wie besessen davon, Kindern aus dem Donbass zur „glücklichen Zukunft in Russland“ zu verhelfen. Das Moskauer Regime nennt das Wegbringen von Minderjährigen aus der Ukraine „Evakuierung“, für die Ukraine ist es „Kidnapping“. Lediglich 15 Kinder aus acht Familien sind nach Angaben Lwowa-Belowas zu ihren Verwandten in die Ukraine zurückgebracht worden. Das internationale Recht sieht in der Umsiedlung von Kindern zum Zweck ihrer Umerziehung ein Verbrechen. Doch internationale Rechtsrahmen achtet Russland längst nicht mehr. „Ist es nicht ein patriotisches Gefühl, wenn es keine fremden Kinder gibt und alle unsere sind?“, fragte Lwowa-Belowa auf einem Forum im vergangenen November in Moskau. 

    Die Kinder aus dem Donbass betrachtet Russland letztlich als eigene Bürger, Putin hat bereits im vergangenen Mai die Einbürgerungen von ukrainischen Kindern erleichtert. Damit können sie auch problemloser von russischen Familien adoptiert werden. „Die Ukraine kümmerte sich nicht um die Kinder im Donbass, es interessierte sie nicht, was mit ihnen in den Waisenheimen geschieht. Erst wir sorgen dafür, dass sie liebevolle Fürsorge erfahren“, behauptet Lwowa-Belowa bei Westi

    Maria Lwowa-Belowa hat selbst ein ukrainisches Kind aufgenommen

    Mindestens 16.000 ukrainische Kinder sollen sich in Russland aufhalten. Es sind Kinder aus Waisenhäusern und Kinderheimen, Kinder, die in den Wirren des Krieges, der sich ständig ändernden Frontlinien ihre Eltern verloren haben, Kinder, die von ihren Müttern und Vätern zur „Erholung“ aus dem Kriegsgebiet weggebracht wurden und nicht mehr nach Hause zurückkamen. Viele von ihnen finden sich bis heute in Sanatorien oder in Kinderheimen in Russland. 380 Kinder, so sagt es Lwowa-Belowa, seien in Pflegefamilien untergekommen. Auch sie, die fünf eigene Kinder und vier Pflegekinder, zudem die Vormundschaft für 13 geistig gehandicapte hat, nennt seit August den 15-jährigen Filipp aus dem von den Russen zerbombten Mariupol „mein Kind aus dem Donbass“. In einer Reportage des ultrakonservativen staatsnahen Senders Zargrad erklärten Lwowa-Belowa und Filipp tränenreich ihre besondere Beziehung. „Es ist der Ruf meiner Seele, mein ganzes Leben schon, allen Kindern meine Liebe zu schenken“, sagt Lwowa-Belowa neben ihrem Mann, den sie durchgehend als „Vater Pawel“ anspricht. Der einstige Programmierer ist seit 2019 orthodoxer Priester.

    Die beiden hatten sich in einer Kirche in Pensa – zu Sowjetzeiten war die Stadt 500 Kilometer südlich von Moskau eine Drehscheibe im Chemiewaffengeschäft – kennengelernt. Lwowa-Belowa war damals 14. Mit 17 heiratete sie Pawel Kogelman, 2005 wurde ihre gemeinsame Tochter Alexandra geboren. Lwowa-Belowa, die zur Dirigentin für Unterhaltungsmusik-Orchester ausgebildet wurde und als Gitarrenlehrerin arbeitete, engagierte sich in Pensa früh für Kinder, deren Mütter sie nach der Geburt im Krankenhaus zurückgelassen hatten. Sie hatte Projekte zum betreuten Wohnen für Gehandicapte ins Leben gerufen, hatte die Beamten in ihrer Umgebung davon überzeugt, dass häusliche Pflege besser sei als die abgeschotteten psycho-neurologischen Internate, in denen in Russland viele Waisen und Behinderte ruhig gestellt werden. Im Oktober 2021 machte Putin sie zu seiner Kinderrechts-Kommissarin, die kinderreiche Mutter passt gut in das russische Narrativ der „traditionellen Werte“. Mit dem Krieg scheint sie schließlich ihre Berufung gefunden zu haben. 

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