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Russland: Keine Friedenssignale von Wladimir Putin

Russland

Keine Friedenssignale von Wladimir Putin

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    Alleine auf der großen Bühne: Eine gewohnte Perspektive für den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf seiner jährlichen Pressekonferenz in Moskau.
    Alleine auf der großen Bühne: Eine gewohnte Perspektive für den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf seiner jährlichen Pressekonferenz in Moskau. Foto: Alexander Zemlianichenko, Pool AP, dpa

    Nach zwei Stunden kommt sie dann doch, die Frage nach den Preisen für Eier. „Wo und wann hat es so hohe Lebensmittelpreise schon einmal gegeben? Zehn Eier kosten bis zu 220 Rubel (das sind umgerechnet 2,20 Euro)!“, empört sich die Rentnerin, die sich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin als Irina Alexandrowna vorstellt. Sie sitzt vor ihrer Spitzengardine bei Krasnodar im Süden des Landes und schaut fordernd in die Kamera. „Wir bekommen keine Millionen Rubel Rente“, sagt sie in der großen Pressekonferenz, die in diesem Jahr zusammengelegt ist mit dem Format „Direkter Draht“, bei dem sich Russinnen und Russen direkt an den Kremlherrscher wenden dürfen. Eine Show, wie für Putin gemacht: keine gefährlichen Fragen, nur ausgesuchte Medienvertreter, vorab eingereichte und geprüfte Anmerkungen. 

    Seit Tagen fluten Fotos und Videos von Menschen, die nach Eiern anstehen, die sozialen Netzwerke. Selbst in Moskau fehlen Eier. Während sich der Präsident für seine „gute Führung an der Front, die gute wirtschaftliche Lage im Land“ lobt, schreit Irina Alexandrowna ihr Leid fast hinaus: „Haben Sie Mitleid mit den Rentnern, sorgen Sie für Ordnung, Wladimir Wladimirowitsch!“ Und „Wladimir Wladimirowitsch“ versucht sich an der Herstellung dieser Ordnung. So, wie er es gewohnt ist. Mit Zoten, mit Oberflächlichkeiten. Den Landwirtschaftsminister habe er erst kürzlich gefragt, wie es um „seine Eier“ stehe, sagt Putin und ist sich der Lacher im Saal sicher. „Ich entschuldige mich bei Ihnen, Irina Alexandrowna, und verspreche Ihnen, dass sich die Situation zweifellos verbessern wird.“

    Wladimir Putin inszeniert sich als Kümmerer

    Da ist er wieder, der Kümmerer. Genauestens inszeniert, zur besten Sendezeit, auf allen Kanälen. Putin, der Übervater, zieht die „Bilanz des Jahres“. So heißt das Mischformat, in dem nach einem Jahr Pause und so kurz vor den anberaumten Präsidentschaftswahlen im März 2024 – mitten im Krieg, den er selbst natürlich nicht Krieg nennt – alle möglichen Themen angesprochen werden. Ziele seiner „militärischen Spezialoperation“ („An Entnazifizierung, Entmilitarisierung, dem neutralen Status der Ukraine hat sich nichts geändert“), eine mögliche zweite Mobilisierungswelle („Es gibt keine Notwendigkeit“), Privilegien für Soldaten, ausbleibende Auszahlungen für ebendiese, Geld für Drohnen, Instandsetzung von Infrastruktur, niedrige Renten.

    Putin gibt eine Art Psychotherapie für alle. Hüstelnd („die Klimaanlage surrt, wissen Sie“), entschlossen („Sagen Sie noch einmal den Ort, ich kümmere mich“), selbstsicher. Sein Pressesprecher Dmitri Peskow und die beiden Staatsfernsehjournalisten Jekaterina Beresowskaja und Pawel Sarubin liefern sich eine Art Wettbewerb, wessen Fragen nun eher drankommen, die der russischen Journalisten aus den Regionen oder der sogenannten einfachen Menschen quer durchs Land.

    Einmal immerhin kommt eine Journalistin der New York Times zu Wort

    „Nehmen wir doch den Kollegen aus der Türkei“, sagt er dann und holt aus, was er über Gaza denkt. „Eine Katastrophe“, sagt Putin, ohne zu sagen, wie Moskau zur Hamas steht (der Kreml hofiert die Terroristen) und wie Moskau darüber denkt, was am 7. Oktober geschehen ist (Den Angriff der Hamas hat der Kreml nie verurteilt). Er holt erst den Journalisten der chinesischen staatlichen Nachrichtenagentur, bevor er der Journalistin der New York Times die wohl einzige wirklich kritische Frage stellen lässt – über Evan Gershkovich, den amerikanischen Journalisten mit sowjetischen Wurzeln, der seit März dieses Jahres wegen Spionage in russischer Haft ist. Sie tut das auf Englisch, obwohl sie bestens Russisch spricht und gibt Putin so die Gelegenheit, sie absichtlich zu demütigen. Erst gibt sich Putin so, als verstehe er nicht, um wen es sich dabei handelt („ein Österreicher?“), um dann sogleich über den „Dialog mit den Amerikanern“ wegen eines möglichen Gefangenenaustauschs zu sprechen.

    Dann kommt die Frage der Fragen: „Wann gibt es Frieden?“, fragt der Moderator Sarubin und meint die Ukraine. „Dann, wenn alle Ziele erreicht werden“, sagt Putin und legt mit seiner altbekannten Leier von „Wir waren gezwungen, so zu handeln. Wir haben nicht die Beziehungen verschlechtert.“ Wer sei es gewesen? „Unsere amerikanischen Freundchen.“

    Manchmal weiß auch der Übervater Putin keine Antwort

    „Warum unterscheidet sich Ihre Realität von unserer Wirklichkeit?“, wird derweil an die Wand der Studios im Handelszentrum „Gostiny Dwor“ eingeblendet. Irgendeiner hat diese als SMS in die Sendung geschickt. In einer anderen Kurznachricht heißt es: „Wie können wir in ein Russland umziehen, wie es der Erste Kanal zeigt?“ Darauf aber weiß auch der Übervater keine Antwort. Wie auch, wenn er genau in diesem Russland, dem schönen, erfolgreichen, inszenierten Fassaden-Land, lebt. 

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