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Russland droht mit Atomwaffen: Rasmussen hält Drohung für ernst

Krieg in der Ukraine

Ex-Nato-Generalsekretär Rasmussen hält Putins Nuklear-Drohungen für sehr ernst

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    Ex-Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen: „Russland ist jetzt international ausgestoßen, angeführt von einem politischen Gangster.“
    Ex-Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen: „Russland ist jetzt international ausgestoßen, angeführt von einem politischen Gangster.“ Foto: Mads Rasmussen, Imago

    Ex-Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen warnt davor die Drohungen von Russlands Präsident Wladimir Putin eines Einsatzes von Nuklearwaffen bei einer weiteren Eskalation des Kriegs in der Ukraine zu unterschätzen. „Wir sollten sie ernst nehmen“, sagte Rasmussen im Interview mit unserer Redaktion. „In der Vergangenheit gehörte zu unseren Fehlern, seinen Worten keinen Glauben geschenkt zu haben“, betonte der frühere dänische Regierungschef.

    „Wir sollten deshalb auf das Schlimmste vorbereitet sein“, warnte Rasmussen. Viele seiner anderen später in die Tat umgesetzten Ziele habe Putin schon vor langer Zeit öffentlich geäußert, betonte er.

    Ex-Nato-Spitzenpolitiker warnt vor Angriff auf Baltikum

    Der frühere Nato-Generalsekretär hält zudem auch einen Angriff des russischen Präsidenten auf baltische Staaten für eine realistische Bedrohung. „Es wäre das Worst-Case-Szenario, das man leider nicht ausschließen kann“, sagte Rasmussen. „Insbesondere dann nicht, wenn Putin in der Ukraine Erfolg hat. Das könnte ihn ermutigen, weiter zu gehen, beispielsweise Schritte zu unternehmen, um die Enklave Kaliningrad mit dem russischen Festland zu verbinden.“ Dafür wären jetzige Gebiete von Litauen und Polen erforderlich. „Es würde einen offenen Krieg mit der Nato bedeuten“, warnte er

    Putin habe sich verändert und handle irrational, sagte der ehemalige dänische Ministerpräsident. „Als ich ihn 2002 zum ersten Mal traf, argumentierte er mit großer Begeisterung für eine engere Beziehung zwischen Russland und dem Westen“, sagte Rasmussen.

    Rasmussen: "Putin handelt wie ein Wahnsinniger"

    Man könne einige öffentliche Äußerungen aus dem Jahr 2000 finden, in denen Putin sein Interesse bekundete, der Nato beizutreten. „Nun verfolge ich mit Sorge sein unberechenbares, irrationales Verhalten“, sagte der bis 2014 amtierende Nato-Generalsekretär. „Er handelt wie ein Wahnsinniger“, sagte Rasmussen über den russischen Präsidenten. „Russland ist jetzt international ausgestoßen, angeführt von einem politischen Gangster“, fügte er hinzu.

    „Er respektiert nur die Sprache der Stärke, der Kraft und Einheit“, betonte der dänische Politiker. „Wir haben uns seit 1997 sehr bemüht, Russland einzubinden. Putins Reaktion lautete stattdessen, 2008 Georgien und 2014 die Ukraine anzugreifen.“ Es sei mehr als ironisch, dass Putin mit seinem aktuellen Vorgehen genau das Gegenteil von dem erreicht, was er erzielen wollte.

    „Er stellt sich als treibende Kraft für mehr europäische Geschlossenheit innerhalb der EU dar“, sagte Rasmussen. „Er hat die Nato gestärkt und dafür gesorgt, dass mehr Nato-Truppen näher an die russischen Grenzen geschickt wurden. Er hat die Einheit zwischen der EU und den USA wieder hergestellt und einen dramatischen Wandel in der Haltung Deutschlands gegenüber Russland eingeleitet.“

    Ex-Nato-Generalsekretär hält verpasste Nato-Aufnahme der Ukraine für historischen Fehler

    Rasmussen sieht es als großen Fehler, die Ukraine nicht schon vor vielen Jahren in das westliche Verteidigungsbündnis aufgenommen zu haben. „Wir haben viele Fehler gemacht“, sagte der frühere dänische Regierungschef. „Zu ihnen gehört, dass wir uns auf dem Nato-Gipfel 2008 nicht dazu entscheiden konnten, der Ukraine und Georgien einen Aktionsplan für die Mitgliedschaft anzubieten“, erklärte Rasmussen. Statt damit den regulären Aufnahmeprozess einstimmig zu einzuleiten, habe der Westen gezögert und Russlands Präsident Wladimir Putin nicht ernst genug genommen.

    „Wir haben Putin das falsche Signal vermittelt“, sagte Rasmussen. „Er folgerte daraus, dass die Nato-Verbündeten schwach und uneinig sind. Dann griff er Georgien an, um eine klare Botschaft zu senden, dass wir uns nicht in seiner Nachbarschaft einzumischen haben.“ Ähnlich unzureichend habe der Westen bei Putins Einmarsch der Krim 2014 gehandelt. „Von der Invasion der Krim wurden wir vollkommen überrumpelt und haben zu schwach und zu langsam reagiert“, sagte Rasmussen, der damals Nato-Generalsekretär war. „Rückblickend hätten wir Putin viel früher entgegentreten müssen“, betonte er.

    Ex-Nato-Generalsekretär Rasmussen fordert Drohnen und mehr Waffen für Ukraine

    Ex-Nato-Generalsekretär Rasmussen spricht sich für eine deutliche Ausweitung der Waffenlieferung an die Ukraine und härtere Sanktionen gegen Russland aus. Der Westen müsse den Ukrainern mit zusätzlicher militärischer Ausrüstung wie zum Beispiel Kampfdrohnen helfen. Neben Flug- und Panzerabwehrraketen sollten die Ukrainer „auch Drohnen, die sehr effizient sind“, erhalten, forderte der frühere dänische Regierungschef. „All das kann dazu beitragen, dass der Preis für die Russen immer höher wird“.

    Rasmussen forderte zudem eine Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. „Wir haben mehr in der Hand“, betonte der frühere Nato-Generalsekretär. „Es wäre ein harter Schlag für die russische Wirtschaft, wenn wir den Import von russischem Gas reduzieren würden“, betonte er. „Russland nutzt und missbraucht Energie als Waffe“, sagte Rasmussen. „Wir sollten unsere Anstrengungen beschleunigen, um unsere Abhängigkeit zu verringern.“

    Ex-Nato-Generalsekretär appelliert an Altkanzler Schröder

    Rasmussen lobte dabei Deutschlands tiefgreifende Änderungen in der Russland- und Verteidigungspolitik. „Sie markieren einen Wendepunkt, nicht nur in der neueren deutschen Geschichte, sondern auch für Europa“, sagte Rasmussen der Zeitung. „Endlich hat sich Deutschland aus dem Schatten des Zweiten Weltkriegs gelöst“, betonte er. Deutschlands wirtschaftliche Stärke werde sich künftig auch in einem stärkeren sicherheitspolitischen Engagement widerspiegeln.

    Zugleich forderte der ehemalige dänische Regierungschef den Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder auf alle Aufsichtsratsposten bei russischen Energieunternehmen aufzugeben. „Jetzt fehlt nur noch, dass Altkanzler Schröder alle Jobs bei russischen Staatsunternehmen niederlegt“, sagte Rasmussen. „Das wäre ein sehr wichtiges politisches Signal. Ich würde ihn ermutigen, diese Entscheidung zu treffen.“

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