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Rüstungsprojekt: Soll der Bundestag über die Stationierung der US-Raketen abstimmen?

Rüstungsprojekt

Soll der Bundestag über die Stationierung der US-Raketen abstimmen?

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    Bald auch in Deutschland als Reaktion auf die russische Bedrohung stationiert? Start eines Cruise Missile vom Typ Tomahawk.
    Bald auch in Deutschland als Reaktion auf die russische Bedrohung stationiert? Start eines Cruise Missile vom Typ Tomahawk. Foto: Leah Stiles, Navy Visual News Service, dpa

    In den Archiven des Bundestages wird die Debatte über die Stationierung von nuklearen Pershing-II-Raketen in Europa als historischer Meilenstein geführt. Infolge des Nato-Doppelbeschlusses - der einerseits Abrüstungsverhandlungen mit der damaligen Sowjetunion und andererseits die Stationierung eigener Mittelstreckenwaffen für den Fall eines Scheiterns dieser Gespräche vorsah – schlugen in den 80er-Jahren Massenproteste im ganzen Land bis ins Parlament durch.

    So soll es nach dem Willen des Bundestagsabgeordneten Volker Ullrich auch heute kommen. Anders zwar und sicherlich abgeschwächt, aber der CSU-Politiker ist der Meinung, dass die ab 2026 geplante Stationierung von verschiedenen US-Mittelstreckenwaffen auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt werden sollte.

    Der Augsburger CSU-Abgeordnete fordert, dass der Bundestag nicht nur mit der Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen beschäftigt, sondern auch über das Vorhaben abstimmt.
    Der Augsburger CSU-Abgeordnete fordert, dass der Bundestag nicht nur mit der Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen beschäftigt, sondern auch über das Vorhaben abstimmt. Foto: Christoph Soeder, dpa

    „Es ist richtig, dass sich Kanzler Olaf Scholz klar und deutlich zur Stationierung amerikanischer Raketen bekannt hat“, sagte Ullrich unserer Redaktion. Notwendig wäre aber auch eine Erklärung des Regierungschefs nebst einer Debatte dazu im Bundestag. „Dieses Thema sollte in der Öffentlichkeit und im Parlament breit diskutiert werden“, meinte Ullrich.

    „Die Kompetenzverteilung unseres Grundgesetzes sieht zwar nicht zwingend vor, dass sich der Bundestag damit befassen muss“, räumte der Innenexperte ein. Das aber sei politisch nicht zufriedenstellend. „Ein positives Votum des Bundestages wäre zudem ein starkes Zeichen für Freiheit, Sicherheit und das transatlantische Bündnis“, erklärte Ullrich.

    US-Raketen in Deutschland: Im Juli wurde das Militärprojekt in Washington vorgestellt

    Deutschland und die USA hatten im Rahmen des Nato-Gipfels in Washington im Juli bekannt gegeben, US-Langstreckenwaffen in Deutschland stationieren zu wollen. Dabei geht es um Tomahawks mit mehr als 2.000 Kilometern Reichweite, um Flugabwehrraketen vom Typ SM-6 und um neu entwickelte Überschallwaffen. Die ersten Waffen sollen 2026 in Deutschland eintreffen. Wo genau sie stationiert werden, ist nicht bekannt. Die Raketen sollen eine Lücke in der Abschreckungsfähigkeit schließen, bis Europa selbst im Besitz vergleichbarer Waffen ist. Die Regierung hat die Stationierung der US-Langstreckenraketen in Deutschland genehmigt. Eine Zustimmung des Bundestags würde erst nötig, sobald Kosten für den Bund entstehen.

    Die Bekanntmachung der Pläne im Juli hatte nicht zuletzt in der SPD für Irritationen gesorgt. Viele Abgeordnete im Bundestag fühlten sich überrumpelt. Auch CDU-Chef Friedrich Merz zürnte, dass der Bundestag von Kanzler Scholz übergangen worden sei. Ullrich selbst ist wie Merz für die Raketenstationierung. „Wir haben eine derzeit angespannte geopolitische Lage. Aggressionen muss man durch eigene Stärke begegnen, um damit einen Konflikt zu vermeiden“, begründete er seine Haltung. Zu dieser Stärke brauche es auch die Stationierung der Raketen. „Ähnlich wie in den 1980er Jahren sollte es auf Basis dieser Stärke perspektivisch gerne wieder zu Gesprächen über Abrüstung kommen“, ergänzte Ullrich.

    Der Osteuropaexperte Wilfried Jilge verteidigte im Deutschlandfunk den Standpunkt von Kanzler Scholz: „Bei all dem, was Putin zurzeit macht, können wir nicht mehr ignorieren, dass wir einer massiven Bedrohung ausgesetzt sind.“ Es gehe bei dem Nato-Beschluss „um nichts anderes als den Schutz der Zivilbevölkerung“.

    Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) fordert eine Volksbefragung

    Das Bündnis Sahra Wagenknecht dringt sogar auf eine „Volksbefragung zur US-Raketenstationierung“. Wie die Gruppe BSW im Bundestag in einem entsprechenden Antrag erklärt, habe es vor der Stationierungsentscheidung Debatten weder im Bundestag noch in der Öffentlichkeit gegeben. Das BSW beruft sich auf eine Forsa-Umfrage, nach der eine relative Mehrheit der Menschen in Deutschland die Stationierung der US-Raketen ablehnt. Demnach sind 45 Prozent dafür und 49 Prozent dagegen. Im Osten ist die Skepsis gegen das Rüstungsprojekt noch deutlich größer. Eine Mehrheit für den BSW-Antrag gilt jedoch als nahezu ausgeschlossen - zumal das BSW nur zehn Abgeordnete im Bundestag stellt. Zudem sieht das Grundgesetz eine Volksabstimmung nur vor, wenn es um eine Neugliederung des Bundesgebiets geht.

    Die Debatte um die Stationierung bestimmt aktuell auch die schwierigen Sondierungsgespräche für eine Regierungsbildung in Thüringen. Das BSW als potenzieller Koalitionspartner für CDU und SPD nannte als Bedingung für Verhandlungen, dass sich eine neue Thüringer Regierung gegenüber der Bundesregierung klar gegen US-Raketen in Deutschland positioniert. Die BSW-Co-Chefin Sevim Dağdelen sprach sich in der Berliner Zeitung für eine Beteiligung des Bundesrates aus, um mehr Druck auf Berlin auszuüben.

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