Der derzeitige Schweizer Bundespräsident Alain Berset (51) tritt Ende des Jahres zurück. Er werde sich nicht mehr zur Wahl in den Bundesrat stellen, sagte der Sozialdemokrat überraschend in Bern vor der Presse. Der Bundesrat ist die Regierung der Schweiz. "Ich habe immer versucht, alles zu geben", sagte Berset.
Berset war seit 2012 im Bundesrat. Gewählt werden die Mitglieder von beiden Parlamentskammern. Die sieben Bundesräte wechseln sich jedes Jahr in der Rolle des Präsidenten ab, die sie zusätzlich zu ihrem Ministerposten ausüben. Berset ist Innen- und Gesundheitsminister. In der Regel entscheiden Ministerinnen und Minister selbst, wann sie zurücktreten. Eine Amtszeit von zehn und mehr Jahren ist üblich.
Die Begründung
Berset verwies zum einen auf seine lange Amtszeit von zwölf Jahren als Beweggrund. Er sei noch nie zwölf Jahre in demselben Job gewesen, sagte er. Ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Ankündigung sei aber die Volksabstimmung am vergangenen Sonntag gewesen.
Dabei hatten die Schweizer zum dritten Mal die Corona-Gesetzgebung gestützt und die gesetzliche Grundlage für einige Pandemiemaßnahmen bis Mitte 2024 verlängert. Das sei für ihn ein erfolgreicher Abschluss gewesen.
Seine Karriere
Zu seinen Erfolgen zählte Berset eine gewonnene Volksabstimmung über eine Heraufsetzung des Frauen-Rentenalters von 64 auf 65. Männer gehen schon lange mit 65 Jahren in Rente. Als Misserfolg bezeichnete er eine Abstimmung, bei der das Volk die von seinem Ministerium geplante Zusatzfinanzierung der staatlichen Rentenkasse ablehnte.
Skandale, über die immer wieder berichtet wurde und wegen der Vertreter anderer Parteien mehrfach den Rücktritt des Sozialdemokraten gefordert hatten, hätten keine Rolle bei seiner Entscheidung gespielt, sagte Berset. Unter anderem soll sein Kommunikationschef vertrauliche Corona-Informationen an Medien weitergereicht haben. Schlagzeilen machte Berset auch, als er in Frankreich als Privatpilot nahe an militärisches Sperrgebiet flog.
Nach Schweizer Tradition sind Minister unabhängig von den Parlamentswahlen im Amt. Sie vertreten die vier größten Parteien. Die wählerstärkste Partei, die SVP, sowie die Sozialdemokraten (SP) und die Freidemokraten (FDP) sind mit zwei Bundesräten vertreten. Einen Sitz hat die Mitte-Partei, die bis 2021 Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) hieß. Stimmverschiebungen bei den Wahlen werden oft erst Jahre später in der Zusammensetzung der Regierung umgesetzt. Die nächste Parlamentswahl findet diesen Oktober statt.
(dpa)