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Ricarda Lang zum Wahldebakel: Warum die Grünen scheiterten

Grüne

Ricarda Lang: „Wir sind unter die Räder gekommen“

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    Ricarda Lang spricht von einer herben Enttäuschung nach der Brandenburg-Wahl.
    Ricarda Lang spricht von einer herben Enttäuschung nach der Brandenburg-Wahl. Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archivbild)

    Ricarda Lang tritt in Berlin allein vor die Fernsehkameras. Die Co-Parteivorsitzende wirkt angespannt, ihr Blick ist ernst. Lang spricht kurz nach der ersten Prognose zur Landtagswahl in Brandenburg von einer „herben Enttäuschung“ für ihre Partei. „Es wird ein langer Abend“, sagt sie mit Blick auf das knappe Ergebnis und analysiert: „Wir sind unter die Räder gekommen“. Ihre Partei habe sich im Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der SPD und AfD nicht profilieren können. „Wir müssen näher ran an die Lebensrealität der Menschen“, sagt sie. Das sei den Grünen zuletzt nicht gelungen.

    Die Grünen haben ihr Ergebnis von vor fünf Jahren den ersten Zahlen zufolge halbiert. 2019 erreichte die Partei noch fast 11 Prozent und holte ein Direktmandat in Potsdam. Es war damals das historisch beste Ergebnis der Grünen in Brandenburg. Bei dieser Landtagswahl wurde der Abend zur Zitterpartie. Laut aktuellen Zahlen scheitern die Grünen an der Fünf-Prozent-Hürde. Durch die Grundmandatsklausel, die in Brandenburg gilt, hätte der Partei auch ein Direktmandat gereicht, um ins Landesparlament einzuziehen. Gute Chancen wurden Marie Schäffer in Potsdam ausgerechnet. Doch auch sie verpasste das Mandat.

    Die Grünen haben ihr Ergebnis zu vor fünf Jahren halbiert

    Die Grünen haben in Brandenburg massiv an Zustimmung verloren. Die Wahlen in Thüringen und Sachsen zeigten bereits gezeigt, dass es die Partei im Osten nicht einfach hat. Vielen Wählerinnen und Wählern gilt sie dort weiterhin vor allem als Verbotspartei. Die Ampel-Regierung steckt zudem im Umfragetief und viele Grünen-Sympathisanten könnten heuer ihre Stimme Dietmar Woidke gegeben haben, in der Hoffnung, die AfD zu verhindern. Dieses taktische Wählen sei, sagte Lang in Berlin, ein Grund für das schlechte Abschneiden ihrer Partei.

    Ernüchterndes Ergebnis für die Grünen in Brandenburg. Außenministerin Annalena Baerbock (2.vl.) mit den Spitzenkandidaten Benjamin Raschke (2.v.r.) und Antje Töpfer (r.) reagieren auf die Prognose.
    Ernüchterndes Ergebnis für die Grünen in Brandenburg. Außenministerin Annalena Baerbock (2.vl.) mit den Spitzenkandidaten Benjamin Raschke (2.v.r.) und Antje Töpfer (r.) reagieren auf die Prognose. Foto: Frank Hammerschmidt/dpa

    Nach diesem Wahlsonntag geht die Kursbestimmung bei den Grünen weiter. Bereits nach dem schwachen Ergebnis bei der Europawahl im Juni starteten Diskussionen über eine Neuausrichtung. Die Jugendorganisation kritisierte die Verschärfungen in der Asylpolitik der Bundesregierung, die Diskussionen über Schwerpunktthemen wie Innere Sicherheit und Abschiebungen hat an Schärfe zugelegt. Die Parteispitze versucht den Spagat, die linke Öko-Nische zufriedenzustellen und gleichzeitig mehr in die Mitte zu rutschen, um Stimmen der Wählerinnen und Wähler zu gewinnen. Massentauglich werden und zugleich die Stammwähler nicht vergraulen, das ist ein Drahtseilakt.

    Die Grünen haben viel Spitzenpersonal, aber setzen wenige Themen

    In den Wahlkämpfen im Osten setzte die Partei darauf, sich als die Partei für den Erhalt der Demokratie und gegen Nazis aufzustellen. Nach dem Motto: Wer gegen rechts ist, der wählt Grün. Diese Rechnung ging nicht auf. Die Grünen schafften es nicht, Themen zu setzen oder Antworten auf die Sorgen der Menschen zu finden, wie Co-Chef Omid Nouripour konstatierte. Die Stimmenzuwächse für Dietmar Woidke hätten seine Partei „natürlich einen Preis gekostet“, sagte er im ZDF. Er hoffe auf eine Wiederkehr jener Zeiten, in den auch wieder „Programm zählen“ und „nicht nur taktisches Wählen“. Gleichzeitig zeigte Nouripour Verständnis, dass Stimmen an die SPD gingen, um einen Wahlsieg der AfD zu verhindern.

    Im Gegensatz zur FDP mangelt es bei den Grünen nicht an Spitzenpersonal. Die Partei hat so viele bekannte Gesichter wie kaum eine andere Partei. Auch das ist ein Spagat: Annalena Baerbock und Robert Habeck stehen als Kabinettsmitglieder für die Politik der Bundesregierung. Vom Alltag der Menschen scheint das einstige Traum-Duo der Grünen jedoch weit entfernt.

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    9 Kommentare
    Renate Frey

    Einfach mal alle Grünen austauschen, die nicht mal eine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Dann noch die ganzen Traumtänzer. Dann schaut es schon mal besser aus.

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    Jochen Hoeflein

    Und wenn man dann liest "Die Grünen haben viel Spitzenpersonal" verschlägt es einem doch die Stimme. Entweder sind es Leute mit ideologisch geprägter Haltung oder Leute ohne abgeschlossene Berufsausbildung und praktische Erfahrung in Wirtschaft und Industrie. In ihrer grünen Blase hoch gepriesen, aber nach 3 Jahren Praxis in der Ampelkoalition beim Wähler durchgefallen.

    Günter Köhler

    Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist noch lange keine Garantie oder Privileg, auch "gute" Politik zu machen und Zukunftsvisionen sind mir allemal lieber als ewige Schwarzmalerei. Denn da schaut alles nur noch düster aus.

    Maria Reichenauer

    Also wenn es Ihnen die Sprache verschlägt, muss das kein Fehler sein. Immer wieder das Bla bla von der Berufsausbildung und der praktischen Erfahrung. Fällt Ihnen denn nichts anderes mehr ein? Es sind nicht die Grünen, die falsch liegen, es ist das Nicht-wahrhaben-wollen von Themen, die unsere Zukunft und vor allem die der nächsten Generation betreffen – aus Bequemlichkeit, aus Ignoranz, aus Furcht, etwas zu verändern und zu ignorieren, dass sich die Welt um uns herum verändert. Aber nicht nur künftige Generationen werden diese Ignoranz zu spüren bekommen, auch der Wirtschaftsstandort Deutschland wird leiden, wenn der Klimawandel fortschreitet und eine Volkswirtschaft an ihrer klimatischen Ausrichtung gemessen werden wird und Investitionen davon abhängen, wie "grün" der Empfänger produzieren kann.

    Maria Reichenauer

    Ja, Sie haben recht, wer ständig alles schwarzmalt, glaubt es am Schluss selbst. Und dass auch Politiker mit Abschluss und Promotion ganz schön ausbeuterisch bis kriminell sein können, hat sich längst gezeigt. Ein Schulabbrecher mit Köpfchen und guten Ideen ist mir tausendmal lieber als ein Politiker mit Summa cum laude und krimineller Energie im Gepäck. Lebensleistung ist nicht gleich Schulleistung, das sollte man mittlerweile gemerkt haben.

    Johann Koch

    >>>"Wir müssen näher ran an die Lebensrealität der Menschen“, sagt sie. Das sei den Grünen zuletzt nicht gelungen.<<< Die Realität: das ist den Grünen noch nie gelungen!!

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    Maria Reichenauer

    Die Grünen sehen sehr wohl die Realität des Klimawandels und sie haben schon lange davor gewarnt, den anderen schwimmen halt die Felle weg bei der nächsten Überschwemmung. Und die kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Wie lange sich das ein Staat wird leisten können samt der notwenigen Präventionsmaßnahmen, das wird sich zeigen. Das, was Sie als Realität bezeichnen, ist in erster Linie das, was Sie sehen möchten, das heißt aber noch nicht, dass das die Wirklichkeit ist.

    Johann Storr

    Prima. Endlich weg mit den Grünen. Dann hören wir auch nichts mehr von Klimawandel, Hochwasser, dem Verschwinden von Insekten und Gletschern usw.. Endlich wieder unbeschwert riesige Fleischberge runterwürgen und jeden Meter sinnlos mit dem riesengroßen SUV fahren. Herrlich!

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    Günter Köhler

    Ja, und getreu der Devise "Vorwärts in die Vergangenheit" leben. Das ist es doch und danach scheinen sich heute immer mehr auszurichten. Wohl auch in der Hoffnung, den unausweichlichen "großen Knall" nicht mehr mitzubekommen. Auch wenn die eigenen Kinder und Enkel die Leidtragenden dieses Fehlverhaltens sein werden.

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