Die gesetzliche Rente bekommt ein drittes Standbein: Neben den Beiträgen der Versicherten und dem Zuschuss aus dem allgemeinen Haushalt soll künftig ein sogenanntes "Generationenkapital" zur Finanzierung beitragen. Dazu möchte der Bund in den kommenden Jahrzehnten einen dreistelligen Milliardenbetrag an den Kapitalmärkten anlegen. Ab 2036 sollen die erwarteten Zinserträge dann dazu beitragen, die Beitragszahler zu entlasten. Das kündigten Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag in Berlin an.
Das Rentensystem in Deutschland droht zu kippen
Das Rentenniveau von aktuell 48 Prozent soll demnach auch in Zukunft gewährleistet werden. Der Wert sagt aus, wie viel Prozent des derzeitigen Durchschnittslohns ein Versicherter als Rente erhält, der 45 Jahre lang ein Durchschnittseinkommen erzielt und entsprechend Beiträge gezahlt hat. "Das Prinzip der Lebensleistung muss verlässlich sein", sagte Heil. Doch durch den demografischen Wandel – in den kommenden Jahren gehen rund sieben Millionen Angehörige der geburtenstarken Jahrgänge in Rente – drohe sich das Rentenniveau schon bald von der Lohnentwicklung abzukoppeln. Derzeit gibt es laut Heil in Deutschland 46 Millionen Erwerbstätige und 21 Millionen Rentner.
Niveau wird bei der Rente in Deutschland garantiert
Weil die Beiträge der Versicherten nicht für die Rentenzahlungen ausreichen, muss der Bund jährlich rund 100 Milliarden Euro zuschießen. Das entspricht etwa einem Viertel des gesamten Haushalts. Nach geltendem Rentenrecht würde das Rentenniveau langfristig auf unter 45 Prozent sinken. Das aber, so Heil, sei unfair gegenüber den heute jungen Beschäftigten, die dann für ihre Beiträge weniger Rente bekommen würden. So soll das Niveau zunächst für 15 Jahre gesetzlich geschützt werden. Die gesetzliche Rente bleibe "das Herzstück der Alterssicherung", versprach Heil. Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters sei nicht geplant, versicherte er.
Davon, auch Beamte oder Selbstständige in das System der gesetzlichen Rente aufzunehmen, wie es seit Jahrzehnten diskutiert wird, ist im sogenannten Rentenpaket II erst gar nicht die Rede. Allerdings kündigten Heil und Lindner an, mit Wirtschaft und Gewerkschaften darüber zu reden, wie Menschen, die freiwillig länger arbeiten wollten, das auch tun könnten.
Der Beitragssatz, den Rentenversicherte zahlen müssen, soll den aktuellen Berechnungen zufolge bis zum Jahr 2027 stabil bleiben. Ab 2028 erwartet die Bundesregierung einen Anstieg auf 20 Prozent und ab 2035 auf bis zu 22,3 Prozent. Dass die Beiträge anschließend nicht weiter klettern, dafür soll das Generationenkapital sorgen. In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP den Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der Rente beschlossen. Dazu will der Bund künftig jährlich mehrere Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt anlegen. Das Geld soll nicht aus den Rentenbeiträgen, sondern aus Darlehen aus dem Bundeshaushalt und Eigenmitteln des Bundes fließen.
Lindner: "Noch nicht die alleinige Lösung"
Bis Mitte der 2030er-Jahre werde dann nach den Berechnungen der Bundesregierung ein Wert von 200 Milliarden Euro erreicht sein. Ab diesem Zeitpunkt sollen dann Ausschüttungen von durchschnittlich rund zehn Milliarden Euro jährlich erfolgen. Finanzminister Lindner räumte ein: "Das ist noch nicht die alleinige Lösung, aber ein Baustein, der Potenzial hat und einen Unterschied macht." Heil und Lindner kündigten an, bis Ende des Jahres ein weiteres Reformpaket für die betriebliche und private Altersvorsorge vorzulegen. Dabei soll es auch um die freiwillige "Riester-Rente" gehen, die wegen teils geringer Renditen massiv in der Kritik steht.