Glücklich, wer sich als Beamter in den Ruhestand verabschiedet. Schon nach fünf Dienstjahren zahlt Vater Staat eine Mindestpension von 1800 Euro brutto. Der durchschnittliche Rentner kommt brutto auf 1600 Euro Rente – allerdings nur, wenn er 45 Jahre gearbeitet hat.
In der Wirklichkeit des deutschen Rentensystems haben Millionen Menschen viel weniger Geld. Knapp über die Hälfte der Rentnerinnen und Rentner bekommt jeden Monat weniger als 1000 Euro aus der Rentenkasse ausgezahlt, wie die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei mitteilte.
Über 10 Millionen Renten in Deutschland unter 1000 Euro
Gründe für niedrige Renten sind zum Beispiel zu wenige Beitragsjahre, geringer Verdienst oder Halbtagsstellen. In Deutschland sind es laut der amtlichen Zahlen 10,8 Millionen Rentner, die in die Kategorie „U-1000“ fallen. Wenn sie über keine Betriebsrente als Ergänzung verfügen, kann es finanziell am Ende des Monats schnell eng werden.
Die Beamten sind im Alter finanziell deutlich besser gestellt. Im Durchschnitt bekommen sie pro Monat rund 3200 Euro brutto an Pension. Von der Summe gehen aber noch Steuern und Beiträge für die Krankenversicherung ab. Während des Berufslebens genossen sie außerdem das Privileg, nicht in eine Rentenkasse einzahlen zu müssen.
„Am Ende eines langen Arbeitslebens gibt es eine Zweiklassengesellschaft im Alter“, beklagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Rente brauche eine Generalüberholung, um den Lebensstandard im Alter sichern zu können. „Nicht die Pensionen sind im Schnitt zu hoch, sondern die Renten zu niedrig.“ Bartsch verlangte, dass die Mindestrente bei 1200 Euro netto liegen müsse.
Grund für Rentenunterschiede: Kluft in der Bemessungsgrundlage
Der entscheidende Grund für die auseinanderklaffenden Ruhegelder von Beamten außer Dienst und Rentnern ist die unterschiedliche Bemessungsgrundlage. Das Rentenniveau liegt bei 48 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten, während das Pensionsniveau der meisten Beamten zwischen 67 und 71,75 Prozent ihres letzten Gehalts beträgt.
Dietmar Bartsch forderte zur Besserstellung der Rentner, das Rentenniveau in einem ersten Schritt auf 53 Prozent anzuheben. „In einem weiteren sollte die Alterssicherung auf ein neues Fundament gesetzt werden: Eine Rentenkasse für alle Erwerbstätigen“, meinte der Fraktionsvorsitzende. Einzahlen müssten dann auch Selbstständige, Manager und Beamte.
Der Vorschlag ist eine von mehreren Ideen, wie das Rentensystem angesichts der Alterung der Gesellschaft stabilisiert werden kann. Weil in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig Kinder auf die Welt gekommen sind, müssen heute weniger Beschäftigte die Rente von mehr Rentnern erwirtschaften. Dieses Missverhältnis wird drastisch größer, wenn sich die Babyboomer in den nächsten Jahren nach und nach aus ihren Berufen verabschieden. Dieser gesellschaftlichen Entwicklung ist es geschuldet, dass selbst das Rentenniveau von 48 Prozent schwer unter Druck gerät. Schon heute kann es nur aufrechterhalten werden, weil aus dem Bundeshaushalt pro Jahr über 100 Milliarden Euro der Rentenkasse zugeschossen werden.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will das Rentenniveau durch den Aufbau einer Aktienrücklage stabilisieren. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung hatten SPD, Grüne und FDP zunächst festgehalten, 10 Milliarden Euro staatliches Geld an der Börse anzulegen, um damit Gewinne zu erzielen, die an die Rentner ausgezahlt werden. Bundesfinanzminister Christian Lindner erklärte allerdings vor kurzem, dass 10 Milliarden nicht ausreichten und brachte einen dreistelligen Milliardenbetrag ins Spiel. Der FDP-Chef wollte den Betrag über Kredite aufbringen. Der Arbeitsminister hat angekündigt, in den kommenden Wochen sein Konzept für die Aktienrücklage vorzulegen. Eine Anhebung des Rentenalters auf 69 oder 70 Jahre hatte Heil ausgeschlossen.