Demnächst wollen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ihre Pläne für eine Rentenreform präsentieren. Doch wissenschaftliche Berater von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnen nun vor Finanzierungsproblemen bei der Rente. Habeck hat die Warnung in Form eines Briefes bekommen, der auf Mitte Juli datiert ist und vor Kurzem auf der Seite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) veröffentlicht wurde. Was genau kritisieren die Experten an den Plänen zur Rente? Und welche Folgen befürchten sie?
Rente: Wer sind die warnenden Habeck-Berater?
Die Warnung stammt vom Wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsministeriums. Dabei handelt es sich um ein Gremium aus Wissenschaftlern und Sachverständigen verschiedenster Institute. Sie beraten Bundesminister Habeck in wirtschaftspolitischen Fachfragen unabhängig und laut eigenen Angaben ehrenamtlich. Die Mitglieder beraten sich zu selbstgewählten Themen unabhängig vom BMWK und veröffentlichen ihre Ergebnisse öffentlich oder per Brief.
Den Brief an Habeck mit dem Titel "Rentenpolitik ist auch Wirtschaftspolitik" zu den Renten-Plänen der Ampel hat Eckhard Janeba, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats, am 13. Juli unterzeichnet. Die Warnung stützt der Beirat auf mehrere Gutachten, in denen er die langfristige Verlässlichkeit und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Altersversorgung untersucht hat.
Rente: Vor welchen Plänen warnen die Habeck-Berater?
Der Beirat nennt insgesamt drei Punkte:
- die Sicherung des Rentenniveaus auf 48 Prozent,
- die Aktienrente
- und das Renteneintrittsalter.
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, die gesetzliche Rente dauerhaft auf einem Niveau von 48 Prozent des Durchschnittsverdienstes aus den Beitragsjahren zu sichern. Mit dem Aufbau eines sogenannten Generationenkapitals soll der Beitragssatz langfristig stabilisiert werden.
Dabei handelt es sich um Aktien: Der Bund will ab dem Jahr 2024 zwölf Milliarden Euro in das Generationenkapital einzahlen und diese Summe anschließend jährlich erhöhen, sodass das Generationenkapital bis zum Jahre 2035 ein Volumen von 200 Milliarden Euro erreichen soll. Derzeit können in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen frühestens mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen. Und laut dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung geht jeder dritte Deutsche mit 63 Jahren in Rente.
Rente: Warum warnen die Habeck-Berater vor den Plänen?
"Rentenpolitik ist immer auch Wirtschaftspolitik" schrieb Eckhard Janeba in dem warnenden Brief. Bezüglich des Ziels, die gesetzliche Rente dauerhaft auf einem Niveau von 48 Prozent des Durchschnittsverdienstes aus den Beitragsjahren zu sichern, hieß es vom Beiratsvorsitzenden: Schon in den 2040er Jahren drohe mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts in die Rente zu fließen. "Die Gefahr ist groß, dass dadurch die Finanzierung von Zukunftsaufgaben verdrängt wird, etwa der sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft, aber auch vermehrte Bildungsanstrengungen und der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, welche die gesamtwirtschaftliche Produktivität Deutschlands sichern." Eine kapitalgedeckte Rente würde gemäß Erfahrungen aus anderen Ländern nur "unterdurchschnittliche Renditen" abwerfen, heißt es in dem Schreiben.
Bei der Rente mit 63 sehen die Experten ein Problem bezüglich der Zukunftssicherung: Die frühe Rente wird nämlich überwiegend von gut ausgebildeten, überdurchschnittlich verdienenden und gesünderen Menschen in Anspruch genommen. Der Wissenschaftliche Beirat schreibt deshalb: "Da besonders viele hochqualifizierte Fachkräfte darunter sind, wird damit der durch die demographische Entwicklung entstehende Fachkräftemangel weiter verschärft. Die 'Rente mit 63' ist daher aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine höchst problematische Regelung."
Rente: Was schlagen die Habeck-Berater vor?
Der Beirat schlägt vor, das Rentenniveau auf konkrete Personengruppen zu beziehen. Rentenerhöhungen für alle sollten also der Vergangenheit angehören. Wird an dem 48-Prozent-Ziel festgehalten, muss laut den Experten an einer anderen Stellschraube gedreht werden: dem Renten-Eintrittsalter. In der Warnung empfiehlt Janeba, den Renten-Früheintritt nur für Menschen mit geringem Einkommen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu ermöglichen.
Zum Generationenkapital empfiehlt Janeba: "Kollektive Altersvorsorgemodelle sind daher individuellen vorzuziehen. Der Schwerpunkt sollte nicht auf einen 'öffentlich verantworteten Fonds' gelegt werden." Zudem habe Deutschland mit der Betriebsrente viele Modelle, die sich bewährt hätten. Sie zu stärken und vor allem mittels einer Standardbetriebsrente auf kleinere und mittlere Unternehmen auszuweiten, erscheine dem Beirat die bessere Strategie zu sein als eine neue kapitalgedeckte Säule mit einer eigenen Administration aufzubauen.