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Regierungskrise: Wie das Ampelbeben Baden-Württemberg erschüttert

Regierungskrise

Wie das Ampelbeben Baden-Württemberg erschüttert

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    Er wünscht sich Stabilität in Bund und Land: Winfried Kretschmann (Grüne).
    Er wünscht sich Stabilität in Bund und Land: Winfried Kretschmann (Grüne). Foto: Franziska Kraufmann/dpa

    Der 6. November geht in die Geschichtsbücher ein. Nach der Wiederwahl von Donald Trump zerbricht am Abend die Bundesregierung. Das bleibt nicht ohne Folgen für Baden-Württemberg. Die wichtigsten davon:

    Die Unsicherheit der Wirtschaft

    Die Wirtschaft im Südwesten ist zwar stark, fürchtet aber, durch eine anhaltende Instabilität in Berlin geschwächt zu werden. Der Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) warnt vor negativen Folgen für die baden-württembergischen Unternehmen durch das Chaos im Bund. Sie könnten die Unsicherheiten beim Haushalt zu spüren bekommen, wenn etwa weitere Einzelmaßnahmen aus der Wachstumsinitiative des Bundes nicht umgesetzt werden sollten, sagt Präsident Christian Erbe.

    Der Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, Oliver Barta, warnt vor einem wirtschaftspolitischen Stillstand, der nun zementiert werden könnte. Der Handelsverband Baden-Württemberg fordert dringend entlastende und fördernde Maßnahmen nach Monaten der Belastungen durch Inflation, gestiegene Energiekosten und Konsumzurückhaltung.

    Neben der Ampelkrise dürfte sich auch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten auf die Wirtschaft im Land auswirken. «Wenn der neue Präsident seine Ankündigungen wahr macht, jetzt die Zölle auf breiter Front zu erhöhen, trifft das unsere Wirtschaft unmittelbar, unsere Kernbranchen wie Maschinenbau, Fahrzeugbau, Anlagenbau», sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

    Der wackelnde Bundeshaushalt

    Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz fordert, dass der Bundeshaushalt für das kommende Jahr unter Dach und Fach gebracht wird. Es brauche Stabilität und Planungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen.

    Welche konkreten Folgen für Baden-Württemberg eine Verzögerung des Bundeshaushalts hätte, ist noch unklar. Das bedeute erst einmal nichts für das Land, sagt Ministerpräsident Kretschmann. Der Haushalt gelte ja noch bis Ende des Jahres. Was danach passiere, müsse er erst untersuchen lassen.

    Grundsätzlich dürften die bestehenden Programme des Bundes weiterlaufen, heißt es aus dem Finanzministerium. Ohne neuen Haushalt könne der Bund allerdings keine zusätzlichen Ausgaben beschließen. «Wir sind noch dabei zu prüfen, ob das finanzielle Folgen für das Land hat.»

    Die Stabilität der Koalition

    Klar ist: In Wahlkämpfen wird zugespitzt und gestritten, das bleibt nicht ohne Folgen für die Parteien und ihr Miteinander. Mehr als ein Jahr müssen Grüne und CDU im Südwesten noch miteinander auskommen. Er werde angesichts des Bruchs der Ampel nun strikt darauf achten, dass seine Regierung stabil bleibe und beide Partner kompromissfähig, so Regierungschef Kretschmann. Er wisse nicht, ob das Regieren nun schwieriger werde.

    Vom Berliner Ampelchaos werde man sich nicht anstecken lassen, man werde weiter seriös und konstruktiv regieren, meint auch CDU-Chef Manuel Hagel. Er vergleicht die Ampel mit einem Rugbyspiel und gar einem Autounfall, ihr Scheitern sei eine «Erlösung». Die Landesregierung sei da das Gegenmodell.

    Klar ist aber auch: Mit dem wachsenden Selbstbewusstsein der CDU, der zunehmenden Profilierung Hagels und des startenden Schaulaufens des Spitzenkandidaten Cem Özdemir (Grüne) kann Kretschmann schon lange nicht mehr so geschmeidig durchregieren wie zu Beginn der Legislatur.

    Aber das Ausmaß des Ampel-Bebens auf die Alltagsarbeit der grün-schwarzen Regierung dürfte begrenzt bleiben. Die Christdemokraten unterscheiden seit jeher zwischen Kretschmann und dem Rest der Grünen. Und Hagel wird auf grüner Seite immer noch als fairer Verhandlungspartner gewürdigt.

    In Baden-Württemberg arbeite die Regierung professionell und geräuschlos, konstatiert auch der Freiburger Politikwissenschaftler Ulrich Eith. Das seien die besten Voraussetzungen für Grüne und CDU, bei der Landtagswahl 2026 erfolgreich abzuschneiden. «Keiner hätte was davon, in Verhaltensweisen zu wechseln, die wir aus Berlin kennen.»

    Vorgezogene Wahl im Bund

    Kretschmann wie Hagel pochen auf eine baldige Neuwahl im Bund. Mit vorgezogenem Urnengang erhöht sich der Abstand von Bundestags- zu Landtagswahl. Und bei Landtagswahlen wird häufig über die Bundespolitik abgestimmt. Was bedeutet das?

    Wenn CDU-Bundeschef Friedrich Merz wirklich Kanzler wird, könnte er mehr Zeit haben, um im Regierungsamt zu glänzen, was auch der CDU im Land Auftrieb geben könnte. Oder aber Merz entzaubert sich im ersten Regierungsjahr. Die Herausforderungen wie die Migrationskrise sind riesig und werden nicht auf die Schnelle lösbar sein.

    «Kann sein, dass sich eine gewisse Ernüchterung breit macht, wenn sich die Union in die Niederungen der Ebene begeben muss», sagt einer aus dem Grünen-Lager im Südwesten. Die CDU habe bislang auf allen Ebenen vom «desaströsen Erscheinungsbild» der Ampel profitiert, meint Politikwissenschaftler Eith. Dieser Umfragebonus falle weg, sobald die Christdemokraten staatspolitische Verantwortung tragen würden.

    Özdemir und die Grünen

    Der Grünen-Spitzenkandidat in spe, Cem Özdemir, hat zwar mit dem Agrar- und dem Bildungsressort nun schon zwei Jobs in der Regierung, bald womöglich aber gar keinen mehr. Der 58-Jährige könnte sich dann ganz auf den anstehenden Wahlkampf im Land konzentrieren. Auch muss er sich dann vielleicht weniger mit spontanen Bauernprotesten herumplagen wie vor Kurzem in seiner Heimatstadt Bad Urach.

    Allerdings nimmt Özdemir das die Bühne bei seinen Touren durchs Land, wenn er kein Ressort mehr innehat. Als Agrarminister durchpflügte er die Höfe im Südwesten und konnte sich heimatverbunden präsentieren - und das immer mit seinem Amt in Berlin rechtfertigen. Dafür muss er sich künftig wohl nicht mehr für alles, was in der Ampel schiefläuft, rechtfertigen. Er habe dann mehr Zeit, sich ums Land zu kümmern, sagt ein Grüner.

    Der Grünen-Spitzenkandidat in spe, Cem Özdemir, hat mit dem Agrar- und dem Bildungsressort nun schon zwei Jobs in der Regierung. (Archivbild)
    Der Grünen-Spitzenkandidat in spe, Cem Özdemir, hat mit dem Agrar- und dem Bildungsressort nun schon zwei Jobs in der Regierung. (Archivbild) Foto: Frank Molter/dpa
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