Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine produziert viele Bilder. Neben schnellen und flüchtigen Eindrücken sind auch solche darunter, die nachhaltig in Erinnerung bleiben. Zur
war am Donnerstag Roman Schwarzman in den Bundestag gekommen. Der 85-Jährige personifiziert den Wahnsinn des Krieges. Schwarzman wurde erst als Jude von den Deutschen verfolgt – und jetzt als Ukrainer von den Russen. Mehr noch, denn bekanntlich begründet der russische Präsident Wladimir Putin den Einmarsch mit dem Begriff Entnazifizierung. „Damit missbraucht er in perfider Weise die Geschichte des deutschen Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion und des Völkermordes an den Juden Europas“, fasste Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) es treffend zusammen.Der Kanzler trat vors Parlament, um eine gute Übung der letzten Jahre fortzusetzen. Vor einem EU-Gipfel – Scholz reiste
– werden die Abgeordneten traditionell über die anstehenden Themen informiert, entweder per Regierungserklärung oder mindestens doch im Europaausschuss des Bundestages. Der Ukraine-Krieg mit all seinen Auswirkungen auf die Versorgungslage in der gesamten Welt setzt die Agenda in diesen Tagen. Deutschland und Europa gehen deswegen „durch Bewährungsproben, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht erlebt haben“, wie der Kanzler erklärte.Olaf Scholz fordert Antwort auf russische Angriffe auf ukrainische Zivilisten
Seit knapp acht Monaten wütet der Krieg in Europa. Viel wurde in der Politik seitdem darüber debattiert und gestritten, wie damit umzugehen ist. Scholz hatte sich auch aus den eigenen Reihen Kritik anhören müssen, er sei bei Waffenlieferungen zu zögerlich vorgegangen. „Als Putin den Krieg im Februar begann, haben manche gemutmaßt: In wenigen Tagen ist die Ukraine besiegt. Auch Putin selbst hat das geglaubt“, sagte Scholz nun und ergänzte, dass es anders gekommen sei, liege auch an den deutschen Waffenlieferungen. „Den Panzer-Ringtausch mit Tschechien, der Slowakei, Griechenland und Slowenien hat manch einer auch in diesem Haus als Rohrkrepierer kritisiert“, sagte der SPD-Politiker ans Plenum gewandt. Inzwischen aber sei klar: „Auf diese Weise bekommt die Ukraine rund hundert Panzer, mit denen ihre Soldaten sofort umgehen können.“ Deutschland habe Kiew zudem als eines der ersten Länder moderne Luftverteidigungssysteme zugesagt. „Wir haben Fliegerabwehrraketen und Fliegerfäuste geliefert sowie Gepard-Panzer, über die es zunächst oft hieß: Die bringen doch nichts, dafür gibt es nicht einmal genügend Munition. Heute sehen wir, welchen Unterschied sie ausmachen.“
Der „Unterschied“ ist die Dauer des Krieges. Nicht nur die Führung in Moskau hatte mit einem schnellen Feldzug gerechnet und die Widerstandskraft der Ukrainer völlig unterschätzt. Putin lässt jetzt offenbar auch zivile Ziele angreifen, Scholz will das nicht unbeantwortet lassen. „Mit einem weiteren Sanktionspaket haben wir als EU den Druck auf die russische Regierung noch einmal erhöht“, sagte er. Kommende Woche wird in Berlin bereits über die Zukunft beraten. Am Montag treffen Wirtschaftsvertreter aus Deutschland und der Ukraine aufeinander, am Dienstag berät eine international besetzte Wiederaufbaukonferenz. Vorher müssten die Waffen schweigen. „Zugleich stellen sich viele die Frage, wie Putins irrsinniger Krieg beendet werden könnte“, sagte Scholz. Eine Antwort darauf hatte auch der Kanzler nicht.
Kanzler sieht in den Krisen eine Bewährungsprobe für Europa
Bis es soweit ist, werden sich Europa und die Welt mit Problemen befassen, die für Scholz „Bewährungsproben“ sind. Der Kanzler nannte unter anderem die sicherheitspolitischen Herausforderungen, die Energiekrise, die Preisentwicklung und den Hunger auf der Welt. „830 Millionen – mehr als jeder zehnte Weltbürger hat laut aktuellen Zahlen nicht genug zu essen“, mahnte der SPD-Politiker. Sich dieser Bewährungsprobe zu stellen, sei eine Frage von Humanität und Glaubwürdigkeit. „Wenn wir wollen, dass die Länder Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und der Karibik uns auch künftig dabei unterstützen, das Völkerrecht gegen Aggressionen wie die russische zu verteidigen, dann ist es nur recht und billig, dass auch wir ihre Sorgen im Umgang mit den Folgen des russischen Krieges ernst nehmen“, erklärte er. Der Wahrheit zweiter Teil ist, dass die EU-Staaten Angst vor einem stärkeren Flüchtlingszuzug haben.
Am Ende jedoch
, „eigentlich ist er das schon längst“, sagte Scholz und vermittelte Zuversicht: „Die Ukraine, Deutschland und Europa aber werden gestärkt aus diesen Bewährungsproben hervorgehen – geeinter und unabhängiger als zuvor.“