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Regierungserklärung der Kanzlerin: So sieht eine gute Bundestagsdebatte aus

Regierungserklärung der Kanzlerin

So sieht eine gute Bundestagsdebatte aus

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    Merkel stimmt Bürger auf härtere Zeiten ein
    Merkel stimmt Bürger auf härtere Zeiten ein Foto: DPA

    Politik kann so ernst sein - und so unterhaltsam. Frank-Walter Steinmeier weiß, dass ein Amt einen Menschen verändert. Aber wie Guido Westerwelle, der in der Opposition immer auf eiserne Haushaltsdisziplin gepocht hat, als Vizekanzler die Steuern plötzlich auf Pump senkt: "Das ist eine Mutation in Lichtgeschwindigkeit."

    Zu einer guten Bundestagsdebatte gehören immer zwei: eine Regierungschefin, die auch sagt, was sie will - und ein Oppositionsführer, der die wunden Punkte einer Koalition erkennt und trifft. Nach Angela Merkels erster Regierungserklärung in der neuen Wahlperiode darf beides als gesichert gelten: Die Kanzlerin agiert an der Seite der Liberalen mutiger und offener als in der Großen Koalition - und der neue

    Politik ist auch eine Frage der Alternativen, und die sind mittlerweile um einiges klarer als vor der Bundestagswahl. So eindringlich Angela Merkel von den schweren Zeiten und den harten Entscheidungen geredet hat, vor denen ihre Regierung stehe, so entschlossen ist sie offenbar in der Sache selbst: eine Steuerreform nach dem Vorbild der FDP, keine zusätzlichen Kosten für die Arbeitgeber in der Kranken- und der Pflegeversicherung, keine Mindestlöhne und erst recht keine Abkehr von der Rente mit 67.

    Plötzlich weht wieder ein Hauch von Leipzig durch die Union, jenem denkwürdigen Parteitag vor sechs Jahren, als die CDU sich für eine Steuerreform begeisterte, die auf einen Bierdeckel passen sollte, und für eine neue Kopfpauschale im Gesundheitswesen.

    Umgekehrt ist auch die SPD dabei, sich wieder unterscheidbarer zu machen. Die umstrittene Agenda 2010 ist für die neue Parteispitze, die am Freitag in Dresden gewählt wird, kein Dogma mehr und Oskar Lafontaines Linkspartei kein Verein politisch Aussätziger mehr. Gerhard Schröders neue Mitte, die jungen Akademiker, die Selbstständigen und leitenden Angestellten, hat sie nahezu kampflos Union und FDP überlassen, sodass ihre Zielgruppe und die der Linken praktisch deckungsgleich sind: Arbeiter, Arbeitslose, alleinerziehende Mütter und alle anderen Menschen in sozialen Schwierigkeiten.

    Steinmeiers scharfe Angriffe auf die Kanzlerin und ihren Vizekanzler sind nur der Vorgeschmack auf eine konfliktträchtige Legislaturperiode. Der Preis jedoch, den die SPD für diese neue Unterscheidbarkeit zahlt, ist hoch. Um sich von ihrer eigenen Vergangenheit zu befreien, hat sie sich in die Geiselhaft der Linkspartei begeben. (Rudi Wais)

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