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Regierungsbildung: Die Ampel steht auf Grün: Das planen SPD, Grüne und FDP

Regierungsbildung

Die Ampel steht auf Grün: Das planen SPD, Grüne und FDP

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    Robert Habeck, Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Christian Lindner auf der Pressekonferenz nach den Sondierungsgesprächen.
    Robert Habeck, Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Christian Lindner auf der Pressekonferenz nach den Sondierungsgesprächen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Die Latte liegt jetzt hoch. Sehr hoch sogar. Der Sozialdemokrat Olaf Scholz, mutmaßlich der nächste Kanzler, verspricht „das größte industrielle Modernisierungsprojekt seit mehr als 100 Jahren“, Grünen-Chefin Annalena Baerbock „eine Reform- und Fortschrittskoalition“ und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner nicht weniger als einen „Liberalisierungsschub“ für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Knapp drei Wochen nach der Bundestagswahl haben Genossen, Grüne und Liberale sich entschieden, aus der Phase unverbindlicher Sondierungen in konkrete Koalitionsverhandlungen zu wechseln und auf zwölf Seiten bereits die ersten Beschlüsse fixiert.

    Klimaschutz: Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll „drastisch“ beschleunigt werden, unter anderem durch eine Solarpflicht auf den Dächern gewerblicher Neubauten. Zwei Prozent der Landesfläche sollen für die Windkraft ausgewiesen werden, der Ausstieg aus der Kohle könnte vom Jahr 2038 auf das Jahr 2030 vorgezogen werden.

    Verkehr: Ein allgemeines Tempolimit wird es nicht geben. Ab dem Jahr 2035 sollen in Deutschland nur noch Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor neu zugelassen werden. Den Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos wollen SPD, Grüne und FDP „massiv beschleunigen.“

    SPD, Grüne und FDP wollen Mindestlohn auf 12 Euro erhöhen

    Soziales: Der Mindestlohn soll im nächsten Jahr in einem einmaligen Schritt von gegenwärtig 9,60 auf zwölf Euro angehoben werden. Über weitere Erhöhungen soll dann weder wie bisher eine Kommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaften entscheiden. Die Verdienstgrenze für Minjobs wollen die Ampelkoalitionäre von 450 auf 520 Euro anheben. An die Stelle von Hartz IV soll ein sogenanntes Bürgergeld treten, das tendenziell vermutlich etwas höher ausfallen wird und beim Verweigern einer Arbeit auch nicht so leicht gekürzt werden kann.

    Rente: Rentenkürzungen und eine Anhebung des Rentenalters über die bereits beschlossenen 67 Jahre hinaus schließen die drei Parteien aus. Das Mindestrentenniveau, also das Verhältnis einer Rente zu einem Durchschnittseinkommen nach 45 Versicherungsjahren, soll nicht unter die Schwelle von 48 Prozent fallen. Mit einer einmaligen Finanzspritze von zehn Milliarden Euro soll die gesetzliche Rentenversicherung einen eigenen Kapitalstock am Kapitalmarkt aufbauen, bisher reicht sie ihre Einnahmen aus Beiträgen und Steuerzuschüssen direkt als Rente an die Versicherten weiter. Für die private Vorsorge planen SPD, Grüne und FDP einen staatlich organisierten Fonds, der günstiger und rentabler ist als die bisherige Riester-Rente. Für alle Riester-Verträge soll es einen Bestandsschutz geben. Der zuletzt im Jahr 2009 erhöhte Sparerfreibetrag soll von 801 auf 1000 Euro steigen.

    Ampel aus SPD, Grünen und FDP will Einwanderung neu regeln

    Wohnen: Nach dem Willen der Ampel-Verhandler sollen in Zukunft jedes Jahr mindestens 400.000 Wohnungen neu gebaut werden, davon 100.000 Sozialwohnungen. Details soll ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ regeln. Um den Erwerb eines Eigenheimes zu erleichtern , sollen die Länder einen größeren Gestaltungsspielraum bei der Grunderwerbsteuer bekommen.

    Migration: Mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild soll die Einwanderung von dringend benötigten Fachkräften geregelt werden. Ausländern, die gut integriert sind, will die angehende Koalition schneller als bisher einen sicheren Aufenthaltsstatus garantieren. Auch ein „modernes Staatsangehörigkeitsrecht“ haben die drei Parteien miteinander verabredet, nennen aber noch keine Details dazu.

    Finanzen: Die gesetzliche Schuldenbremse soll wie von der FDP gefordert eingehalten werden. Einkommens-, Unternehmens- und Mehrwertsteuer sollen in der nächsten Legislaturperiode nicht erhöht werden. Investitionen in den Klimaschutz und die Digitalisierung will die Ampel mit so genannten Superabschreibungen fördern.

    Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP sind kein Selbstläufer

    Bürokratie: Deutschlands Verwaltung soll digitaler und agiler werden, schnelle Verwaltungs, Planungs- und Genehmigungsverfahren sind danach die zentrale Voraussetzung, um Deutschland zügig zu modernisieren. In den Betrieben sollen Beschäftigte von flexibleren Arbeitszeitmodellen profitieren, Pflegerinnen und Pfleger mehr Zeit für ihre eigentliche Tätigkeit haben.

    Familie: Um mehr Kinder aus der Armut zu holen, wollen SPD, Grüne und FDP eine eigene Grundsicherung für Kinder einführen. Schulen in benachteiligten Regionen wollen sie gezielt und dauerhaft fördern. Die Kinderrechte sollen eigens im Grundgesetz verankert werden.

    Trotz der demonstrativ zelebrierten Einigkeit sind die Koalitionsverhandlungen allerdings kein Selbstläufer - siehe Jamaika 2017. Im Moment werfen vor allem die jüngsten strategischen Entscheidungen der SPD einen Schatten auf die Gespräche. In Mecklenburg-Vorpommern wird Ministerpräsidentin Manuela Schwesig nicht mehr mit der CDU regieren, sondern mit der Linken, und in Berlin setzt Franziska Giffey die alte Koalition mit Grünen und Linken fort anstatt eine Ampel zu wagen. „Dass die SPD, wann immer sie die Möglichkeit hat, ein Linksbündnis schmiedet, zeigt, wie schwierig die Verhandlungen für die Ampelkoalition auf Bundesebene sind“, klagt der bayerische FDP-Chef Daniel Föst gegenüber unserer Redaktion. „Es hängt jetzt alles an Olaf Scholz.“, sagt er. „Er muss sich gegen den Linksdruck in seiner Partei stemmen.“ Ein Ampelbündnis sei nur mit verlässlichen Partnern als Regierung der Mitte zu machen. „Man sieht ja in Berlin, wie eine rot-rot-grüne Regierung eine Stadt gegen die Wand fahren kann. Das wird es im Bund mit uns nicht geben.“

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