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Regierung für Italien?: Silvio Berlusconi will mitregieren – und ist Bittsteller bei Giorgia Meloni

Regierung für Italien?

Silvio Berlusconi will mitregieren – und ist Bittsteller bei Giorgia Meloni

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    Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi und die Vorsitzende der rechtsextremen Partei Fratelli d'Italia, Giorgia Meloni genossen am Wahlabend ihren Sieg.
    Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi und die Vorsitzende der rechtsextremen Partei Fratelli d'Italia, Giorgia Meloni genossen am Wahlabend ihren Sieg. Foto: Oliver Weiken, dpa (Archivbild)

    Manche Straßen in der Altstadt Roms haben kuriose Namen. In der Via della Scrofa, der "Straße der Sau", sollte am Montagabend eine Art Paradigmenwechsel in der italienischen Politik stattfinden. Zwar wurde keine Sau durch die Stadt getrieben, aber ein kleiner Bittgang war es schon. Silvio Berlusconi, der umstrittene Nestor der italienischen Konservativen, wollte der designierten italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am Sitz der Rechtspartei Fratelli d'Italia einen Besuch abstatten. Bislang war es meist umgekehrt: Die politischen Alliierten des 86-jährigen Medienunternehmers und viermaligen Premiers kamen zu Berlusconi. Entweder in seine Villa in Arcore bei Mailand, oder manchmal auch in Berlusconis neue römische Residenz an der Via Appia Antica, die Villa Grande.

    Giorgia Meloni sieht sich als Herrin der neuen Rechten in Italien

    Dass die Gastgeberin nun erstmals Giorgia Meloni sein sollte, hat auch symbolischen Charakter. Die Wahlsiegerin Meloni hat zwar drei Wochen nach der Parlamentswahl immer noch keinen Auftrag zur Regierungsbildung, sich aber bereits durch einige politische Manöver als neue Herrin der italienischen Rechten etabliert.

    So stellte sie sich bislang erfolgreich gegen Forderungen ihrer politischen Verbündeten Forza Italia (Berlusconi) und Lega (Matteo Salvini). Salvini verwehrt Meloni strikt die Rückkehr ins Innenministerium, Berlusconi verweigerte sie die Besetzung des Justizministeriums sowie die Entsendung seiner engsten politischen Beraterin ins noch zu bildende Kabinett, der ehemaligen Krankenschwester Licia Ronzulli.

    Noch hat Giorgia Meloni keinen Auftrag zur Regierungsbildung

    Diese Tatsache hatte den 86-Jährigen derart aufgebracht, dass er Meloni auf einem Notizzettel, den die Parlamentspresse fotografieren konnte, als "rechthaberisch, überheblich, arrogant und beleidigend" beschrieb. Forza Italia stimmte am Donnerstag deshalb auch nicht für den neuen Vorsitzenden des Senats, Ignazio La Russa (Fratelli d'Italia), einen Faschismus-Nostalgiker, der Mussolini-Statuen in seiner Wohnungen stehen hat, sondern enthielt sich.

    Der Zwist hatte am Wochenende die Frage aufgeworfen, ob es überhaupt etwas werden kann mit der Rechtsallianz unter Melonis Führung, für die die Stimmen von Forza Italia und Lega im Parlament notwendig sind. Berlusconis von den jeweiligen politischen Sherpas vorbereiteter Besuch bei Meloni war das Signal: Sie wollen es trotz allem gemeinsam versuchen.

    Warum Silvio Berlusconi auf Bittgang zu Giorgia Meloni gehen muss

    Denn Alternativen gibt es nicht. Sollten sich die drei als Sieger aus der Wahl hervorgegangenen Rechtsparteien nicht auf eine gemeinsame Regierung einigen können, hätte das einen krassen Ansehensverlust jener Parteien sowie der in ihrem Ruf sowieso schon schwer ramponierten italienischen Politik zur Folge. Dazu war notwendig, dass Berlusconi mit seinem Bittgang implizit seinen Machtverlust anerkannte und Meloni ihren Groll hinten anstellte. Sie sei nicht erpressbar, hatte die 45-Jährige nach Veröffentlichung des Berlusconi-Zettels geantwortet.

    Wohl um die Gemüter zu besänftigen, kursierte am Montag die Version, Berlusconi habe nur die Kommentare einiger Politiker seiner Partei zu Melonis Veto-Manövern notiert, die Attribute stammten nicht von ihm. Auch Berlusconi-Beraterin Ronzulli, berüchtigt für ihre Aggressivität, gab sich plötzlich sehr milde. Sie habe keine persönlichen Ambitionen, wichtig sei, dass "die Regierung so bald wie möglich steht".

    Erteilt Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella bald den Auftrag zur Regierungsbildung?
    Erteilt Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella bald den Auftrag zur Regierungsbildung? Foto: Andrew Harnik, dpa

    Wenn es nach den Fratelli d'Italia geht, die 26 Prozent der Stimmen bei der Wahl erreichten, könnte Staatspräsident Sergio Mattarella Meloni das Mandat zur Regierungsbildung am kommenden Montag erteilen. Dazu müssten bis zum Wochenende die noch nicht gestarteten Konsultationen mit den Parteien abgeschlossen sein. Die politisch hartnäckige Meloni hat nicht nur ein Interesse an einer raschen Regierungsbildung. Sie braucht auch Koalitionspartner, die, nicht wie vergangene Woche Forza Italia, bei den ersten Meinungsverschiedenheiten mit der Opposition stimmen.

    Die designierte Premierministerin feilt unterdessen auch an ihrem institutionellen Profil. Am Sonntag, dem Jahrestag der Deportation der römischen Juden, verurteilte Meloni "die feige und unmenschliche Deportation der römischen Juden durch die Nazi-Faschisten". Sie sprach von einem "Horror, der eine Warnung sein muss, damit sich solche Tragödien nicht wiederholen". Für Meloni, die eine Vergangenheit bei den italienischen Neofaschisten hat und in ihrer Partei viele Mussolini-Nostalgiker versammelt, waren das bemerkenswert deutliche Worte.

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