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Rede vor Europaparlament: Scholz fordert eine zukunftsoffene, reformierte EU

Rede vor Europaparlament

Scholz fordert eine zukunftsoffene, reformierte EU

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    Bundeskanzler Olaf Scholz hielt am Europatag eine Rede im EU-Parlament.
    Bundeskanzler Olaf Scholz hielt am Europatag eine Rede im EU-Parlament. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Bundeskanzler Olaf Scholz hat in einer Rede im Straßburger Europaparlament die Bedeutung des Europatags an diesem Dienstag hervorgehoben. Er wirbt außerdem für eine rasche Reform des EU-Asylsystems und eine kontrollierte Zuwanderung. Russlands Präsidenten Putin wirft er "imperialistischen Größenwahn" vor.

    Der Europatag am 9. Mai sei laut Scholz die einzig richtige Antwort auf den von Deutschland entfesselten Weltkrieg, auf zerstörerischen Nationalismus und imperialistischen Größenwahn. Zudem betonte der SPD-Politiker: "Krieg zwischen unseren Völkern ist unvorstellbar geworden – der Europäischen Union zum Dank und zu unser aller Glück." Doch nicht in allen Ländern Europas sei dieser Traum auch Realität, sagte er mit Blick auf den inzwischen 14-monatigen Abwehrkampf der Ukraine gegen die russische Invasion.

    Mehr Offenheit und mehr Kooperation seien das Gebot der Zeit, um Europa einen guten Platz zu sichern in der Welt von morgen. "Einen Platz nicht über oder unter anderen Ländern und Regionen. Sondern auf Augenhöhe mit anderen, an ihrer Seite", fügte er hinzu.

    Scholz wirft Putin Größenwahn und "Machtgehabe" vor

    Am Jahrestag des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland richtet Scholz eine Warnung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin und wirft ihm "Machtgehabe" vor. Die Zukunft gehöre "nicht den Revisionisten, die vom nationalen Ruhm träumen und nach imperialer Macht lechzen", sagte der SPD-Politiker. Die Vergangenheit werde nicht über die Zukunft triumphieren.

    Scholz forderte die Europäer auf, sich von Putins "Machtgehabe" nicht einschüchtern zu lassen. "Bleiben wir standhaft in unserer Unterstützung der Ukraine - solange wie das nötig ist", rief der SPD-Politiker den Abgeordneten zu. Die Ukrainerinnen und Ukrainer zahlten derzeit mit ihrem Leben für den Wahn ihres mächtigen Nachbarstaates. Zur Begründung für seinen Appell sagte Scholz, niemand wolle zurück in die Zeit, als in Europa das Recht des Stärkeren galt und als kleinere Länder sich größeren zu fügen hatten. Freiheit müsse ein Grundrecht aller bleiben.

    Kurz vor der Rede von Scholz hatte Russlands Präsident Putin sein Land im aktuellen Krieg gegen die Ukraine erneut als angebliches Opfer dargestellt. "Heute befindet sich die Zivilisation erneut an einem entscheidenden Wendepunkt", sagte Putin am Dienstag in einer Rede zum 78. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland. Einmal mehr behauptete er zudem, die Ukraine sei zur "Geisel" westlicher Staaten geworden, die Russland zerstören wollten.

    Bundeskanzler Scholz will keine Abkopplung von China

    Im Ringen um einen gemeinsamen europäischen Ansatz für die Beziehungen zu China unterstützt Bundeskanzler Olaf Scholz den Ansatz einer Risikoreduzierung. Er sei sich mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einig, dass es keine Abkopplung, aber eine kluge Risikominderung geben müsse. Die Beziehung zu China sei mit dem Dreiklang Partner, Wettbewerber, systemischer Rivale zutreffend beschrieben - wobei aber Rivalität und Wettbewerb seitens Chinas ohne jeden Zweifel zugenommen hätten.

    EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte Ende März in einer Grundsatzrede zum Verhältnis zwischen der EU und China dafür geworben, die Beziehungen zum bevölkerungsreichsten Land der Erde neu auszutarieren. Sie betonte dabei, dass die EU unabhängiger werden und wirtschaftliche Risiken, etwa in Lieferketten europäischer Firmen, minimieren müsse. Es sei jedoch nicht im Interesse der EU, sich von China abzukoppeln.

    Scholz fordert am Europatag eine rasche Reform des Asylsystems

    Der Bundeskanzler wirbt in seiner Rede außerdem für eine rasche Reform des EU-Asylsystems und eine kontrollierte Zuwanderung. "Natürlich muss am Ende eine Lösung stehen, die dem Anspruch europäischer Solidarität gerecht wird. Aber wir dürfen doch nicht abwarten, bis diese Solidarität quasi wie der Heilige Geist über uns kommt." Die Reform solle noch vor der Europawahl im Frühjahr 2024 unter Dach und Fach gebracht werden. Man müsse die alten Probleme aus dem Weg schaffen, die die EU seit Jahren lähmten und die dafür sorgten, dass andere Länder die Gemeinschaft allzu leicht spalten könnten.

    In vielen Teilen Europas seien Arbeitskräfte inzwischen dringend gesucht. "Wenn wir solche regulären Migrationschancen konsequent verknüpfen mit der Forderung, dass Herkunfts- und Transitländer diejenigen auch wieder zurücknehmen, die kein Bleiberecht haben hier bei uns, dann profitieren davon alle Seiten", so Scholz. Dazu gehörten aber auch Maßnahmen für einen wirksamen Schutz der Außengrenzen, worauf sich die EU-Länder im Februar bereits verständigt hätten. So könne auch die Akzeptanz für eine "gesteuerte und kontrollierte Zuwanderung" wachsen. "Und dann entziehen wir denjenigen die Grundlage, die mit Angst und Ressentiments Politik machen."

    Bund und Länder sollen sich am Flüchtlingsgipfel schnell einigen

    Vor dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern hat Scholz für eine Einigung geworben. In Deutschland seien die Länder für viele gesamtstaatlich wichtige Aufgaben "ausführend verantwortlich". Scholz sprach von einer "großen gemeinsamen Aufgabe in einem erfolgreichen föderalen Staat". Dafür müssten Bund, Länder und Gemeinden eng zusammenarbeiten.

    Inhaltlich solle es bei dem Treffen am Mittwoch unter anderem um die notwendige Digitalisierung der Ausländerbehörden gehen. Auch die Zahl der Abschiebehaftplätze, die Erreichbarkeit von Behörden und eine Beschleunigung der Asylverfahren sollten angesprochen werden. (dpa)

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