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Rechtsextremismus: Wie sich Rechtsextreme über Spendenaufrufe bei Telegram finanzieren

Rechtsextremismus

Wie sich Rechtsextreme über Spendenaufrufe bei Telegram finanzieren

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    Demonstrationen kosten auch für Rechtsextremisten viel Geld. Das generieren sie etwa massenhaft über geteilte Bankverbindungen und Konten beim Messengerdienst Telegram.
    Demonstrationen kosten auch für Rechtsextremisten viel Geld. Das generieren sie etwa massenhaft über geteilte Bankverbindungen und Konten beim Messengerdienst Telegram. Foto: Swen Pförtner, dpa (Symbolbild)

    Rechtsextreme Akteure und Organisationen nutzen gezielt ihre Kanäle beim Messengerdienst Telegram, um Spenden für ihre Tätigkeiten zu generieren. Das geht aus einer Auswertung des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas) hervor, das sich mit der Mittel, um über Telegram an Geld zu kommen. Einer der Profiteure ist ein untergetauchter Holocaust- und Pandemieleugner.

    Fast 1,3 Millionen Telegram-Nachrichten aus 419 deutschsprachigen und rechtsextrem eingestuften Kanälen hat das Cemas im Zeitraum von September 2016 bis Mai 2023 auf der Suche nach Spenden ausgewertet. Dabei identifizierte das Cemas neben klassischen Bankverbindungen auch Spendenlinks für Konten beim Finanzdienstleister Paypal. Außerdem stießen die Nachforschenden auf Kryptowährungen-Konten, Crowdfunding-Kampagnen und Spenden bei Liveübertragungen auf Videoplattformen. Die Gesamtspenden bewegten sich – soweit nachvollziehbar – zwischen niedrigen fünfstelligen und mittleren sechsstelligen Beträgen.

    Bundesregierung widmet sich dem Rechtsextremismus mit Aktionsplan

    Die Konten, Accounts und Kampagnen gehören zu rechtsextremen Akteuren und Organisationen wie Attila Hildmann, Martin Sellner oder der Identitären Bewegung Deutschland und Österreich. Telegram bietet für diese als verschlüsselte und kaum überwachte Plattform eine Möglichkeit zur Bildung von Netzwerken. Hildmann und Sellner etwa bauten dort ihre Kanäle mit teilweise mehreren Zehntausend Abonnenten auf, nachdem sie von sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram verbannt wurden. Genutzt wird das Geld laut Cemas, um Konzerte, Demonstrationen oder den Lebensunterhalt zu finanzieren, Immobilien werden damit erworben – und immer mehr Rechtsextreme bewaffnen sich.

    Seit März 2022 will sich das Bundesinnenministerium deshalb verstärkt diesem Thema widmen. Damals stellte das Ministerium den "Aktionsplan gegen Rechtsextremismus" vor, unter anderem, um rechtsextreme Netzwerke zu zerschlagen. Dafür müsse man etwa "die Finanzaktivitäten rechtsextremistischer Netzwerke aufklären und austrocknen".

    Eine Rolle spielen dabei die Banken und Finanzdienstleister selbst. Auf Nachfrage unserer Redaktion konnte jedoch aufgrund des Bankgeheimnisses keines der angefragten Institute genaue Angaben machen, wie es welche Konten überwacht, wann es gegen erkannte Rechtsbrüche vorgeht und ob bereits Konten im Zuge der Cemas-Recherche geschlossen wurden. Die Deutsche Kreditwirtschaft, unter deren Dach unter anderem die Sparkassen und die Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken organisiert sind, antwortete zumindest, dass es spezialisierte Abteilungen und Fachkräfte für "die Überwachung von Kontobewegungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung" gebe.

    Wird ein Konto geschlossen, geht das Geld in der Regel an den Kontoinhaber

    In einer separaten Antwort der Sparkassen heißt es, dass die Kontoführung nur abgelehnt werden könne, wenn "mindestens ein sachgerechter Grund für die Ablehnung besteht". Bei Konten für rechtsextreme Parteien und Organisationen habe man das bereits versucht, Gerichte seien ihren Argumenten bislang aber nicht gefolgt: Eine Kontoführung könne man nicht aufgrund der Inhaber ablehnen, "wenn deren Verfassungswidrigkeit nicht rechtskräftig festgestellt wurde". Weiterhin heißt es: "Öffentlich-rechtliche Sparkassen müssen mithin solche Konten auch gegen ihren eigenen Willen führen."

    Dennoch schaffen es Banken gelegentlich, die Konten extremistischer Akteure stillzulegen. Der Rechtsextremist Martin Sellner schreibt auf seiner Website beispielsweise, ihm seien bereits 49 Bankverbindungen gekündigt worden. In diesen Fällen steht allerdings das nächste Problem für das im "Aktionsplan gegen Rechtsextremismus" ausgegebene Ziel an, Rechtsextremisten und ihre Geldströme auszutrocknen: "Sofern ein Konto gekündigt wird, sind die Institute verpflichtet, die Mittel an den Kontoinhaber auszukehren", heißt es in der Antwort der Deutschen Kreditwirtschaft. Das Geld werde den Inhabern aber nur ausgezahlt, wenn es nicht von einer Staatsanwaltschaft eingezogen werden soll oder Dritte Ansprüche geltend machen. 

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