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Rechtsextremismus: Verfassungsschutz verzeichnet deutliche Zunahme antisemitischer Straftaten

Rechtsextremismus

Verfassungsschutz verzeichnet deutliche Zunahme antisemitischer Straftaten

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    Thomas Haldenwang, Präsident des Verfassungsschutz, spricht von einer Zunahme von 71 Prozent bei antisemtischen Straftaten im Jahr 2018.
    Thomas Haldenwang, Präsident des Verfassungsschutz, spricht von einer Zunahme von 71 Prozent bei antisemtischen Straftaten im Jahr 2018. Foto: Gregor Fischer, dpa

    Der Verfassungsschutz hat in den vergangenen Jahren eine deutliche Zunahme des Antisemitismus in Deutschland verzeichnet. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sagte der Süddeutschen Zeitung (Wochenendausgabe): "Wir müssen feststellen, dass es bei den rechtsextremistisch motivierten antisemitischen Straftaten im Jahr 2018 einen Anstieg um 71 Prozent gab und im vergangenen Jahr noch einmal um weitere 17 Prozent. Im Alltag unserer jüdischen Bürgerinnen und Bürger bedeutet das: Sie sind häufig Beleidigungen, Bedrohungen, Attacken ausgesetzt." 

    Antisemitismus in Deutschland: Verfassungsschutzpräsident verweist auf die Neue Rechte

    Das Bundesamt will am Montag einen mehr als 100 Seiten starken Lagebericht zu Antisemitismus veröffentlichen. Haldenwang sagte nun, die Situation sei schlimm. "Wenn mir jüdische Bürgerinnen und Bürger sagen, dass sie sich fragen, wann der Zeitpunkt erreicht ist, Deutschland zu verlassen - dass sie überhaupt schon an diesem Punkt sind: Dann ist die Lage schlimm." Dabei gebe es auch "Formen des Alltagsantisemitismus und antisemitische Ressentiments, die außerhalb unserer behördlichen Zuständigkeit liegen - mitunter bis hinein in bürgerliche Kreise". 

    Der Verfassungsschutzpräsident verwies auf eine sogenannte Neue Rechte, bei der der Antisemitismus subtiler und hintergründiger daherkomme. "Es wird eher mit Andeutungen gearbeitet. Das sehen wir jetzt auch vielfach bei den Corona-Demonstrationen, etwa wenn von einer Weltverschwörung gesprochen wird, die angeblich von "Interessen an der amerikanischen Ostküste" gesteuert werde." Alte antisemitische Verschwörungserzählungen würden so "hinter Codes versteckt. Dadurch werden sie nicht weniger gefährlich." 

    Große Prozesse gegen Rechtsextremisten in Deutschland

    Dem Prozess im Mordfall Walter Lübcke gingen zahlreiche Gerichtsverfahren gegen Rechtsextremisten in Deutschland voraus. Wichtige Urteile im Überblick: 

    Der "Bückeburger Prozess": 1979 werden erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Rechtsextremisten wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Vier Angeklagte aus dem Umfeld des Hamburger Neonazis Michael Kühnen erhalten wegen Überfällen und Anschlagsplänen zwischen acht und elf Jahre Haft. 

    "Wehrsportgruppe Hoffmann": Karl-Heinz Hoffmann, der Gründer der 1980 verbotenen Wehrsportgruppe, wird 1986 wegen verschiedener Delikte zu über neun Jahren Haft verurteilt. Vom Doppelmord an einem jüdischen Verlegerpaar wird er vor dem Nürnberger Schwurgericht jedoch freigesprochen. 

    Kay Diesner: 1997 wird der Neonazi wegen Mordes an einem Polizisten und versuchten Mordes an einem weiteren Polizisten sowie einem linken Buchhändler zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Lübecker Landgericht wirft ihm «menschenverachtende Verblendung» vor.

    "Gruppe Freital": Das Oberlandesgericht Dresden verhängt 2018 gegen die rechtsextreme «Gruppe Freital» Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren. Die acht Angeklagten werden unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung und versuchten Mordes verurteilt.

    NSU-Prozess: Die Rechtsterroristin Beate Zschäpe wird 2018 wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Über fünf Jahre wurden am Oberlandesgericht München die rassistischen Morde des sogenannten «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU) zwischen 2000 und 2006 sowie der Mord an einer Polizistin verhandelt. 

    Anschlag von Halle: Voraussichtlich ab Juli 2020 muss sich Stephan B. nach dem versuchten Anschlag auf eine Synagoge und dem Mord an zwei Menschen vor dem Oberlandesgericht Naumburg verantworten. B. hatte im Oktober 2019 versucht, in der Synagoge ein Blutbad unter den dort versammelten Gläubigen anzurichten. (dpa)

    Haldenwang nennt Äußerungen von Björn Höcke über George Soros als Beispiel für Antisemitismus

    Haldenwang nannte Äußerungen des Vorsitzenden der Thüringer AfD-Fraktion, Björn Höcke, wie, George Soros zersetze die Völker Europas, einen "typischen, dürftig verschleierten Antisemitismus der Neuen Rechten - nicht eindeutig ausgesprochen, aber eindeutig angedeutet". Dass der amerikanische Milliardär jüdisch ist, werde dann nicht mehr explizit erwähnt, aber jeder wisse, was gemeint sei. (dpa)

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