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Razzia: Ist die "Letzte Generation" eine kriminelle Bande?

Razzia

Ist die "Letzte Generation" eine kriminelle Bande?

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    Vermummte Polizistinnen und Polizisten durchsuchten am Mittwoch Räume der "Letzten Generation". Der Gruppierung wird unter anderem vorgeworfen, Spenden für Straftaten gesammelt zu haben.
    Vermummte Polizistinnen und Polizisten durchsuchten am Mittwoch Räume der "Letzten Generation". Der Gruppierung wird unter anderem vorgeworfen, Spenden für Straftaten gesammelt zu haben. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Die Kontroverse um die Klimaschutzgruppe "Letzte Generation" ist in den vergangenen Wochen und Monaten immer schärfer geworden. Zuletzt wurden Aktivisten verurteilt, der Verfassungsschutz prüft eine Beobachtung. Und sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schaltete sich ein und nannte die Klebeaktionen der Gruppierung "völlig bekloppt". Nun eskaliert die Situation vollends. Die bayerische Justiz ist am Mittwochmorgen mit einer großen Razzia in sieben Bundesländern gegen die "Letzte Generation" vorgegangen. Die Generalstaatsanwaltschaft München geht dem Verdacht nach, dass die "Klimakleber" eine kriminelle Vereinigung bilden. Zentraler Vorwurf ist, die Gruppierung habe Spenden von mehr als 1,4 Millionen Euro für die Begehung weiterer Straftaten gesammelt.

    Spektakulär und umstritten: die Razzia bei der "Letzten Generation"

    Der Einsatz im Morgengrauen war gleichermaßen spektakulär wie umstritten. So stürmten Polizeibeamte beispielsweise die Wohnung der bundesweit bekannten Aktivistin und Mitbegründerin der "Letzten Generation", Carla Hinrichs, in Berlin-Kreuzberg, wie sie selbst auf Twitter berichtete: "Und plötzlich steht ein Polizist mit schusssicherer Weste vor deinem Bett und richtet eine Waffe auf dich." Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA), das mit den Ermittlungen betraut ist, äußerte sich dazu nicht.

    Hinrichs ist neben dem Augsburger Aktivisten und Klimacamper Ingo Blechschmidt und einer Pressesprecherin der Gruppe eine der Hauptbeschuldigten in dem Verfahren. Insgesamt richten sich die Ermittlungen gegen sieben Personen. 170 Beamte durchsuchten 15 Wohn- und Geschäftsgebäude, darunter drei Objekte in Augsburg und München. Konten wurden beschlagnahmt und Vermögen eingezogen. Festnahmen gab es bisher nicht. Zwei Männern wird zur Last gelegt, sie hätten die Öl-Pipeline Triest–Ingolstadt sabotieren wollen. Die Ermittler werten das als Angriff auf die kritische Infrastruktur Bayerns.

    Kritik an der Razzia kommt nur sehr vereinzelt aus der Politik

    Ob der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung juristisch haltbar ist, werden die weiteren Ermittlungen und gerichtlichen Überprüfungen zeigen. Einzelne Mitglieder der "Letzten Generation" waren zuletzt aufgrund konkreter Aktionen wegen Sachbeschädigung oder Nötigung verurteilt worden. Ob die Vereinigung als Ganzes eine kriminelle Bande darstellt, ist umstritten. Die bekannte Strafrechtlerin Gül Pinar sagte dem Spiegel: "Wenn man die Merkmale im Sinne des Paragrafen 129 StGB emotionsfrei subsumiert, ist aus meiner Sicht der Tatbestand der kriminellen Vereinigung erfüllt." Dies gelte aber nur für den Teil, der strafbare Aktionen ausführt. Andere Juristen sind gegenteiliger Meinung und mahnen Verhältnismäßigkeit an.

    Politiker meldeten sich nur sehr vereinzelt kritisch zu Wort. So nannte der stellvertretende Vorsitzende der Linken, Lorenz Gösta Beutin, die Razzien "völlig überzogen". Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verteidigte die Durchsuchungsaktion dagegen. Der Rechtsstaat lasse sich nicht "auf der Nase herumtanzen". Legitimer Protest ende immer da, wo Straftaten begangen und andere Menschen in ihren Rechten verletzt würden.

    Die "Letzte Generation" betonte in einer eigens einberufenen Pressekonferenz in Berlin, dass sie keine kriminelle Vereinigung sei. Die Razzien seien "politisch motiviert" und hätten den Aktivistinnen und Aktivisten Angst gemacht. "Wir dürfen darin nicht verharren", sagte Sprecherin Aimée van Baalen. Sie kündigte an, dass die Klimaschutzgruppe mit ihren Aktionen weitermachen wird, und rief zu Protestmärschen auf. Eine der Demos soll an diesem Donnerstag in München stattfinden. 

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