Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine baut Deutschland zusammen mit einer Reihe europäischer Partner die Luftverteidigung massiv aus. Die sogenannte "European Sky Shield Initiative" soll bestehende Lücken gerade auch in der Abwehr von Atomraketen schließen. Am Donnerstag unterzeichneten insgesamt 14 Staaten am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel eine entsprechende Erklärung.
"Ein richtiger und notwendiger Schritt", sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Christoph Schmid unserer Redaktion. Denn die jüngsten massiven Angriffe auf die Ukraine durch russische Raketen und andere Flugkörper hätten ein weiteres Mal gezeigt, "dass der Luftraumschutz von sehr hoher und auch zunehmender Bedeutung ist". Bislang bestehende Defizite in der Luftverteidigung müssten nun schnellstmöglich geschlossen werden – für alle Bündnispartner. Schmid zufolge hinkt Deutschland aktuell "vor allem bei der Abwehr von ballistischen Raketen" hinterher. Aber auch der Einsatz von Drohnen und Marschflugkörpern stelle eine immer größere Gefahr dar.
Schlagkräftige Abwehr durch verschiedene Systeme
Am Schutz des europäischen Luftraums beteiligen sich neben Deutschland die Staaten Großbritannien, Slowakei, Norwegen, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, Niederlande, Rumänien und Slowenien. Erwartet wird, dass sich auch Estland anschließt. Zielten die ursprünglichen Pläne hauptsächlich gegen eine mögliche Gefahr aus dem Iran, haben der russische Angriff auf die Ukraine und die Drohungen des Kremls mit dem Einsatz von Atomwaffen neue Ängste geschürt. Im Rahmen der Initiative sollen nun Verteidigungssysteme ausgebaut oder neu beschafft werden.
Dazu zählt etwa das israelische Raketenabwehrsystem Arrow 3. Mit diesem können herannahende Flugkörper bereits in einer Höhe von 100 Kilometern, im Bereich zwischen Atmosphäre und Weltraum, zerstört werden. Das US-amerikanische Patriot-System, über das Deutschland bereits verfügt, kann anfliegende Mittelstreckenraketen abschießen. Bei der Abwehr von Angriffen aus kurzer Distanz setzt das Bündnis auf das deutsche System Iris-T. Es wurde entwickelt, um etwa Städte in einem Umkreis von 40 Kilometern zu schützen. Insgesamt vier solcher Systeme des deutschen Herstellers Diehl will Deutschland auch der Ukraine liefern, das erste wurde am Donnerstag bereits übergeben.
Hofreiter fordert 200 Panzer für die Ukraine
Vor dem Grünen-Parteitag, der an diesem Freitag in Bonn beginnt, fordert der Grünen-Politiker Toni Hofreiter aber, dass die Bundesregierung ihre Waffenhilfe für das von Russland bedrängte Land weiter ausbaut. Unserer Redaktion sagte er: "Wir müssen bei der militärischen Unterstützung der Ukraine noch deutlich nachlegen. Denn Russland hat seine Attacken in den vergangenen Tagen deutlich ausgeweitet und intensiviert." Es sei zwar zu begrüßen, "dass Deutschland weitere Luftabwehrsysteme liefern will". Dies sollte aber schnell geschehen, drängt Hofreiter.
Direkt an die Adresse des in dieser Hinsicht bislang aus seiner Sicht zu zögerlichen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) richtet Hofreiter eine weitere Forderung: "Notwendig ist es außerdem, dass wir endlich dazu übergehen, der Ukraine auch Schützen- und Kampfpanzer westlicher Bauart zu geben." Dies müsse im europäischen Verbund geschehen. Konkret schlägt Hofreiter vor: "Die Bundesregierung und zwölf andere Länder könnten rasch 200 Leopard-2-Kampfpanzer liefern und sollten das auch tun."