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Raketeneinschlag in Polen - Präsident Duda: Kein Angriff

Krieg in der Ukraine

Polens Präsident Duda: Raketeneinschlag war kein Angriff

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    Polnische Polizisten patrouillieren im Dorf Przewodow im Südosten Polens. Nach einer Explosion mit zwei Toten im Grenzgebiet zur Ukraine hat Polen einen Teil seiner Streitkräfte in erhöhte Bereitschaft versetzt.
    Polnische Polizisten patrouillieren im Dorf Przewodow im Südosten Polens. Nach einer Explosion mit zwei Toten im Grenzgebiet zur Ukraine hat Polen einen Teil seiner Streitkräfte in erhöhte Bereitschaft versetzt. Foto: Wojtek Jargilo/PAP/dp

    Der Raketeneinschlag in einem polnischen Dorf an der Grenze zur Ukraine war nach Angaben von Polens Präsident Andrzej Duda kein gezielter Angriff auf das Nato-Land. Es gebe auch keine Beweise dafür, dass die Rakete von Russland abgefeuert worden sei, sondern es handele sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine ukrainische Flugabwehrrakete, sagte Duda am Mittwoch in Warschau. "Nichts, absolut nichts, deutet darauf hin, dass es sich um einen absichtlichen

    Ähnlich hatte sich zuvor auch US-Präsident Joe Biden geäußert. Nach Informationen der deutschen Presseagentur sagte Biden am Rande des G20-Gipfels in Bali, dass es Hinweise darauf gebe, dass es sich nicht um russische Raketen, sondern um ukrainische Geschütze gehandelt haben könnte. Er habe demnach von einer Rakete des Systems S-300 gesprochen. Zuvor hatte der US-Präsident bereits bekannt gegeben, dass die Rakete nach Einschätzung der USA vermutlich nicht aus Russland abgefeuert wurde. Er betonte aber zugleich, dass die Untersuchungen nicht abgeschlossen seien.

    Die Google-Earth-Luftaufnahme zeigt die Region um den Ort Przewodow in Polen nahe der Grenze zur Ukraine (rechts). In dem polnischen Ort sind bei einer Explosion auf einem landwirtschaftlichen Betrieb zwei Menschen ums Leben gekommen.
    Die Google-Earth-Luftaufnahme zeigt die Region um den Ort Przewodow in Polen nahe der Grenze zur Ukraine (rechts). In dem polnischen Ort sind bei einer Explosion auf einem landwirtschaftlichen Betrieb zwei Menschen ums Leben gekommen. Foto: ---/google earth, dpa

    Nato-Vertrag: Polen will wohl Antrag auf Artikel 4 stellen

    Die Explosion in dem Dorf Przewodow, etwa sechs Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, hat sich nach Informationen des polnischen Außenministeriums am Dienstag um 15.40 Uhr ereignet, dabei seien zwei polnische Staatsbürger getötet worden. Polen hatte in der Nacht gemeldet, dass es sich um eine Rakete aus russischer Produktion handele, Präsident Duda schlug vorsichtige Töne an: "Wir haben im Moment keine schlüssigen Beweise, wer diese Rakete abgefeuert hat." Mit der Herkunft der Rakete ist nicht geklärt, welches Land sie eingesetzt hat. Sowohl die Ukraine als auch Russland verwenden Raketen sowjetischer Konstruktion.

    Wie der polnische Generalstab am Mittwochmorgen mitteilt, konnte der tödliche Raketentreffer durch Raketen-Abwehrsysteme nicht verhindert werden. Die Aufgabe der Systeme bestehe darin, kritische Infrastrukturen zu schützen, teilt die Armeeführung per Twitter mit. "Keine Armee verfügt über ein Luftabwehrsystem, das das gesamte Territorium eines Landes schützt."

    Präsident Duda sagte, Polens Botschafter bei der Nato werde voraussichtlich den Antrag stellen, die Verfahren nach Artikel 4 des Nato-Vertrags einzuleiten. Artikel 4 sieht Beratungen der Nato-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht. Das Dorf Przewodow liegt etwa 60 Kilometer Luftlinie entfernt von der westukrainischen Stadt Lwiw, die auch Ziel russischer Angriffe war.

    Explosion nahe ukrainischer Grenze: Polen versetzt Streitkräfte in Bereitschaft

    Nach dem Vorfall versetzte Polen einen Teil seiner Streitkräfte in erhöhte Bereitschaft. Dies gelte auch für andere uniformierte Dienste, sagte ein Regierungssprecher am Dienstagabend in Warschau. Die polnische Führung hielt zwei Krisentreffen ab. Auch USA, Nato und EU verfolgten die Lage und äußerten sich besorgt. Wegen der tödlichen Explosion in Polen trifft sich die Nato am Mittwochmorgen zu einer Krisensitzung. Polen, Nachbarland der Ukraine, ist Mitglied der

    Moskau dementierte nach dem Vorfall die Berichte umgehend und sprach von einer "Provokation". Es seien keine Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet beschossen worden, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Auch die in polnischen Medien verbreiteten Fotos angeblicher Trümmerteile hätten nichts mit russischen Waffensystemen zu tun, hieß es weiter. Der private polnische Radiosender Zet hatte berichtet, zwei verirrte Raketen seien im Ort Przewodow eingeschlagen. Das Dorf liegt an einer großen Stromleitung, die die Netze der EU und der Ukraine verbindet.

    Selenskyj: "Dies ist ein russischer Raketenangriff auf die kollektive Sicherheit"

    Ein Vertreter der Nato erklärte in Brüssel, die Berichte würden geprüft. Es gebe eine enge Abstimmung mit dem Verbündeten Polen, hieß es weiter. Das US-Verteidigungsministerium erklärte, Berichte würden geprüft. Bundeskanzler Olaf Scholz spricht sich für intensive Untersuchungen des Raketeneinschlags mit zwei Toten in Polen aus. "Es ist jetzt notwendig, dass sorgfältig aufgeklärt wird, wie es dazu gekommen ist, dass diese Zerstörung dort angerichtet werden konnte", sagte er nach einer Krisensitzung der auf dem G20-Gipfel in Indonesien anwesenden G7- und Nato-Staaten.

    Entsetzte Reaktionen kamen auch aus EU-Kreisen. "Ich bin schockiert über die Nachricht, dass eine Rakete oder andere Munition Menschen auf polnischem Gebiet getötet hat", schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen reagierte ebenfalls besorgt. "Ich bin alarmiert über Berichte über eine Explosion in Polen, nach einem massiven russischen Raketenangriff auf ukrainische Städte", schrieb von der Leyen auf Twitter. "Wir beobachten die Situation genau und stehen in Kontakt mit den polnischen Behörden, Partnern und Verbündeten."

    Russland hatte am Dienstag eine massive Angriffswelle auf die Ukraine gestartet und vor allem deren Energieversorgung attackiert. Zuvor war Russland in der Runde der führenden Wirtschaftsmächte unter Druck geraten. Beim Gipfel der G20 im indonesischen Bali verzichteten bisherige Unterstützer wie China und Indien darauf, eine gemeinsame Abschlusserklärung zu blockieren. In deren Entwurf heißt es: "Die meisten Mitglieder verurteilten den Krieg in der Ukraine aufs Schärfste." Bisher hat China Wladimir Putin nahezu uneingeschränkt unterstützt. (AZ/dpa)

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