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Radikalisierung: Wie gefährlich werden die Corona-Leugner für unsere Demokratie?

Radikalisierung

Wie gefährlich werden die Corona-Leugner für unsere Demokratie?

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    Impfgegner und Gegner von Corona-Einschränkungen versammeln sich zu einer Demonstration in Rostock.
    Impfgegner und Gegner von Corona-Einschränkungen versammeln sich zu einer Demonstration in Rostock. Foto: Bernd Wüstneck, dpa

    Die Radikalisierung der Proteste gegen die Corona-Politik weckt Ängste. Immer öfter schlagen sie in Gewalt um. Impfpflicht fürchten Experten eine weitere Eskalation. „Ich glaube, es geht gerade erst richtig los. Wenn eine solche Bewegung damit beginnt, sich Argumente zurechtzulegen, um Gewalt zu rechtfertigen, ist das ein deutliches Warnsignal – und genau das erleben wir seit einigen Monaten“, sagte der Extremismus-Forscher Peter Neumann im Gespräch mit unserer Redaktion. Auch die neue Bundesregierung ist alarmiert.

    Olaf Scholz warnt: "Gesellschaft darf sich nicht anstecken lassen"

    „Natürlich gibt es einige, die anderer Meinung sind. Das ist auch in Ordnung. Dann gibt es von diesen wieder einen Teil, der aggressiv reagiert. Davon darf sich die ganze Gesellschaft nicht anstecken lassen“, warnte Olaf Scholz, der an diesem Mittwoch zum Kanzler gewählt werden soll. „Wenn mit Fackeln vor dem Haus einer Ministerin demonstriert wird, dann ist das als Bedrohung gemeint“, sagte er. Vor wenigen Tagen hatte sich in Sachsen ein Mob vor dem Haus von Gesundheitsministerin Petra Köpping aufgebaut.

    Für den Extremismus-Forscher Neumann ist damit eine neue Stufe erreicht: „Wir erleben eine generelle Enthemmung, die Normen des Zusammenlebens in einer demokratischen Gesellschaft werden von vielen Leuten nicht mehr respektiert. Gleichzeitig versuchen Rechtsextreme, diese Bewegung zu kapern. Das haben wir in Sachsen erlebt und es ist hochgefährlich.“

    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kündigt harte Reaktionen an

    FDP-Chef Christian Lindner kündigte an, die Ampel werde sich „entschieden Einschüchterungsversuchen gegenüber staatlichen Verantwortungsträgern entgegenstellen“. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann will der Entwicklung mit Härte begegnen. „Bereits Einschüchterungsversuche müssen im Keim erstickt werden“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. Die bayerische Polizei gehe jedem Verdacht auf Straftaten nach und ahnde Verstöße gegen das Versammlungsgesetz ebenso konsequent wie Verstöße gegen das Infektionsschutzrecht.

    Auch Herrmann sieht die „Gefahr einer zunehmenden Radikalisierung der Querdenker-Szene“. Selbst wenn die meisten Demos ohne Störungen verliefen, beobachte man mit Sorge, dass „ein kleiner, aber wachsender Teil aus dem rechtsextremistischen Bereich, aus Reichsbürgern und Antisemiten diese Mischung aus Impfgegnern und Corona-Leugnern zu vereinnahmen versucht“. Der Verfassungsschutz in Bayern habe daher seit Neuestem ein besonderes Auge auf „sicherheitsgefährdende demokratiefeindliche Bestrebungen“.

    Impfpflicht würde Wut der Querdenker-Szene weiter schüren

    In wenigen Tagen könnte der Bundestag eine Impfpflicht zumindest für das Personal in Kliniken und Heimen beschließen. Extremismus-Experte Neumann fürchtet, dass die Emotionen dann weiter hochkochen: „Seit eineinhalb Jahren wird in dieser Szene propagiert, dass man den Politikern nicht glauben darf und die Impfpflicht entgegen allen Versprechen kommen wird. Wenn diese Impfpflicht nun tatsächlich eingeführt wird, könnte die Situation weiter eskalieren.“

    Grünen-Chef Robert Habeck kündigte an, man werde „sehr deutlich klarmachen, wo die Grenzen überschritten sind“. Er betonte aber zugleich, die Regierung habe Überzeugungsarbeit zu leisten. Auch Neumann wirbt dafür, im Gespräch zu bleiben. „Die Politik darf diese Leute nicht alle aufgeben. Viele von ihnen ringen noch mit ihren Überzeugungen, sie haben noch Kontakt zu Menschen außerhalb der radikalisierten Gruppe.“

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