Gesetzlich bedeutet manchmal einfach nur: entsetzlich. Genauer: entsetzlich lange Wartezeiten. Wie schnell man bei einem Facharzt einen Termin bekommt, hängt in Deutschland maßgeblich von der Art der Krankenversicherung ab. Privatversicherte warten meist nur wenige Tage, gesetzlich Versicherte oft Wochen, mitunter Monate. Das klingt nicht nur nach Zweiklassen-Gesellschaft, das ist eine. Warum schaffen wir die private Krankenversicherung also nicht endlich ab?
Diese Frage ist seit langem Gegenstand hitzig geführter Debatten. Die Befürworter des aktuellen Modells argumentieren, dass das gesamte Gesundheitssystem von den Beiträgen der Privaten Krankenversicherung profitiere. 41,2 Milliarden Euro flossen 2022 durch Privatpatienten in das deutsche Gesundheitssystem. Wären sie gesetzlich versichert, gingen 12,3 Milliarden Euro verloren, hat das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung 2024 für das Jahr 2022 berechnet. Auch für Ärztinnen und Ärzte ist die Behandlung von Privatversicherten enorm lukrativ, weil sie für die gleiche Behandlung mehr Geld bekommen als bei einem gesetzlich Versicherten.
Umfragen zeigen: Die Menschen wünschen sich eine Abschaffung der Zweiteilung
Die andere Seite indes verweist auf eine ungerechte Zweiklassen-Medizin und darauf, dass die Gesetzliche Krankenversicherung vom Wegfall der Privaten profitieren könnte. Eine Analyse des Berliner IGES-Instituts aus dem Jahr 2020 kommt zu dem Ergebnis, dass die GKV jährlich rund neun Milliarden Euro zusätzlich einnehmen würde, wenn alle Bundesbürger gesetzlich versichert wären. Der Beitragssatz könnte damit sinken, heißt es – sogar dann noch, wenn Honorarverluste der Ärzte ausgeglichen würden.
Umfragen in der Bevölkerung zeigen immer wieder, dass sich eine Mehrheit die Abschaffung dieser Zweiklassen-Medizin wünscht. Im Bundestagswahlkampf wird es ebenfalls um dieses Thema gehen: SPD, Linke und das BSW machen sich für eine einheitliche Bürgerversicherung stark, Union und FDP halten hingegen weiter an der Zweiteilung fest.
Für Patienten ist es belastend, wochenlang auf eine Diagnose zu warten
Fest steht jedenfalls: Es muss sich etwas ändern. Selbst wenn man es bei der aktuellen Teilung belässt, müssten Arztpraxen in irgendeiner Form Vorgaben haben, gesetzlich Versicherte nicht so immens lange warten zu lassen, nur weil beim Privatpatienten mehr Geld lockt. An allererster Stelle muss die medizinische Dringlichkeit stehen, sie allein muss entscheiden – und nicht die Art der Versicherung. Für Menschen mit gesundheitlichen Problemen ist es immens belastend, wochenlang auf einen Termin, eine Diagnose und die Behandlung zu warten. Das ist für ein Land wie Deutschland, in dem es grundsätzlich eine Gesundheitsversorgung auf sehr hohem Niveau gibt, ein Armutszeugnis.
Verschärft wird das Problem dadurch, dass viele Praxen ihre Termine nur noch über eine App anbieten. Klickt man da auf „gesetzlich versichert“, werden einem oft nur Daten in ferner Zukunft angezeigt. Im persönlichen Gespräch mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Praxis ließe sich aber vielleicht eine Lösung, eine Lücke, in die man eingeschoben werden könnte, finden. Dass das immer weniger so funktioniert, ist dem Fachkräftemangel geschuldet. Eine weitere Baustelle im an Baustellen reichen deutschen Gesundheitssystem.
Wenn ich ernsthaft krank bin bekomme ich über meinen Hausarzt schnell einen Termin bei einem Facharzt. Bei Standards, wie z.B. Vorsorgeuntersuchungen, plane ich 3 Monate bis 12 Monate im Voraus - und das klappt. Ich bin übrigens in einer GKV.
Wenn die ca. 13 Prozent privat Versicherten wie gesetzlich Versicherte Wartezeiten haben ändert sich so gut wie nichts. Die Probleme liegen woanders und darüber muß man reden.
Muss der Arzt entscheiden, wer bei einem aufgebrauchten Kontingent an Beratungszeit den nächsten Termin für eine Untersuchung bekommt, so dürfte die Antwort relativ einfach sein! So sieht die Praxis aus. Fehler liegen bei den Krankenkassen; aber auch das gravierende Fehl von insbesondere Fachärzten schlägt immens zu Buche! Wenig Fachärzte bedeutet einfach, wenig Termine zu vergeben. Nur wird dies gerne ausgeblendet und die Thematik in Richtung Privatpatient und gesetzlich Versicherte verschoben.
Unabhängig von der Terminvergabe: Die GKV ist ein Solidarsystem. Und natürlich schwächt es eine Solidargemeinschaft, wenn gerade die wirtschaftlich stärkeren Beitragszahler die Fliege machen. Echte Solidarität geht anders: Eine Bürgerversicherung, in die auch besser Verdienende, Beamte, Selbstständige... - eben alle einzahlen! Das geht in vielen anderen Ländern, nur leider in Deutschland nicht.
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