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Pressekonferenz: Scholz will nicht den Biden machen

Pressekonferenz

Scholz will nicht den Biden machen

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    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt in die Bundespressekonferenz, um sich auf seiner Sommerpressekonferenz zu aktuellen Themen der Innen- und Außenpolitik zu äußern.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt in die Bundespressekonferenz, um sich auf seiner Sommerpressekonferenz zu aktuellen Themen der Innen- und Außenpolitik zu äußern. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Zur traditionellen Sommerpressekonferenz kommt der Kanzler fünf Minuten zu spät. Die wartenden Journalisten haben etwas mehr Zeit für Gespräche, der Korrespondent einer großen englischen Zeitung gesteht, dass er im letzten Jahr nicht eine einzige Zeile berichtet habe – es habe von Olaf Scholz schlichtweg nichts gegeben, was in seiner Heimat von Interesse gewesen wäre. Zum Ende der knapp zweistündigen Veranstaltung macht der Journalist aus Großbritannien ein ratloses Gesicht. Scholz hat wieder nichts gesagt, was nicht schon bekannt war. Spannend ist allerdings das, was er nicht direkt erzählt.

    Zu Donald Trump etwa sagt der Kanzler nichts. Mehrere Frageversuche scheitern, Scholz will sich zum US-Präsidentschaftskandidaten partout nicht äußern. Dabei kennt er den Ex-Präsidenten gut, ist ihm ein paar Mal begegnet. Bei Trumps wahrscheinlicher Gegenkandidatin hingegen gerät er nahezu ins Schwärmen. „Ich halte für sehr gut möglich, dass Kamala Harris die Wahl gewinnt“, sagt er. „Sie weiß, was sie will und was sie kann“, fügt er hinzu. Was er nicht direkt sagt, was aber alle Politikinteressierten ohnehin wissen: Ihm und der deutschen Regierung wäre es lieber, wenn im November nicht Trump ins Weiße Haus gewählt wird, sondern Harris.

    Scholz will nicht den Biden machen

    Der Wahlkampf verspreche spannend zu werden in der neuen Konstellation, sagt Scholz und meint damit die Erklärung von Joe Biden, doch nicht mehr anzutreten. Die Verzichtserklärung des US-Präsidenten ist eine Steilvorlage für die erste Frage zum Auftakt der Pressekonferenz. Ob er dem Vorbild Bidens folgen wolle, fragt ein Reporter frech den Bundeskanzler. Der bleibt zumindest äußerlich gelassen. „Danke für die überaus nette und freundliche Frage“, sagt er ironisch und stellt dann klar, dass er der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland sei - und das auch bleiben wolle.

    Die Frage nach einer erneuten Kandidatur ist berechtigt. Scholz hat miese Umfragewerte, seine SPD auch. Nicht nur das. Es gelingt den Sozialdemokraten nicht, den Absturz aufzuhalten oder gar den Trend zu drehen. Warum das so ist? Scholz sagt auch dazu nichts Konkretes. Schlechte Umfragewerte seien ein Ansporn, besser zu werden, meint er an einer Stelle. Später sagt er, dass er „noch nie Umfragen kommentiert“ habe, was natürlich ein Widerspruch ist. Aber es lohnt sich nicht, diesen mit einer weiteren Frage aufzulösen, denn auch das wissen alle im Saal: Die SPD und vor allem Scholz stehen mit dem Rücken zur Wand.

    Wenn es bei den Ost-Landtagswahlen im September so schlimm kommt, wie es die Umfragen derzeit für die SPD befürchten lassen, dann könnte Scholz sehr wohl gezwungen sein, den Biden zu machen. Mit Verteidigungsminister Boris Pistorius steht für diesen Fall mindestens ein Sozialdemokrat bereit, der übernehmen könnte.

    Scholz ist „Mister Mindestlohn“

    Bis dahin gilt das Motto: Augen zu und irgendwie durch. „Wir bleiben geschlossen und verfolgen unseren Kurs. Darauf kann auch jeder fest setzen“, sagt Scholz. Das ist ans Publikum gerichtet, mag aber vor allem ein Appell ans eigene Lager sein, ihn jetzt nicht fallenzulassen. Seine Partei müsse „durch Taten überzeugen und durch Klarheit“, betont der Kanzler, und dann wird es doch noch etwas lustig in der ansonsten eher nüchternen Veranstaltung.

    Er sei „Mister Mindestlohn“, meint Scholz und will damit auf seinen Einsatz um eine gerechte Entlohnung verweisen. Vielen in seiner Partei würde in diesem Zusammenhang zwar eher der Name von Arbeitsminister Hubertus Heil einfallen, aber sei es drum. Ein Handwerker habe sich kürzlich im Gespräch über dessen Bruder beklagt, der morgens nicht aus dem Bett komme, erzählt Scholz noch und macht deutlich, dass es auch ihn ärgert, wenn Menschen nicht arbeiten, obwohl sie es könnten.

    Später stellt er eine Unterstützung des Bundes für die angeschlagene Papenburger Meyer Werft in Aussicht. Es sei noch nichts entschieden, noch nichts spruchreif, erklärt er, aber das Thema habe für ihn „Top-Priorität“, schlägt er sich auf die Seite der Arbeitnehmer.  

    Scholz spricht es wieder nicht aus, aber seine Äußerungen deuten an, dass sich die SPD zur nächsten Bundestagswahl wieder stärker als Arbeiterpartei positionieren und ihrer alten Kernklientel zuwenden will. Es ist dies eine überraschende Erkenntnis, die sich erst aus den vielen Versatzstücken dieser Sommerpressekonferenz erschließt. Setzt Scholz diesen Weg fort, könnte es mit den Umfragen wieder aufwärtsgehen – und der englische Korrespondent hätte bei der Sommerpressekonferenz 2025 wieder etwas zu berichten.

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    1 Kommentar
    Marianne Böhm

    Scholz will nicht den Biden machen.. weil ihn der Scholz mit einem doppelten Saldo aus den Kanzlerstuhl in einen Oppositionsstuhl befördern wird und das mit all seinem Ampel Kollegen.. Die Antworten auf Fragen von Journalisten die zeitgemäß und berechtigt sind, werden von Scholz mit einem Schuss Selbstgefälligkeit und Arroganz beantwortet.. was vorher gar nicht so war.. Man hat auch den Eindruck dass er bei seinen kurzen Stopps in seinen Reden.. von jemand unterstützt wird damit es weiter geht.. Macht verändert Menschen.. leider..

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