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Präsidentschaftswahl im Iran: So schwierig wird es für den Wahlsieger Massud Peseschkian

Iran

Ein Reformer gewinnt die Wahl im Iran

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    Irans gewählter Präsident Massud Peseschkian begrüßt seine Anhänger am Schrein des verstorbenen Revolutionsführers Khomeini.
    Irans gewählter Präsident Massud Peseschkian begrüßt seine Anhänger am Schrein des verstorbenen Revolutionsführers Khomeini. Foto: Vahid Salemi/AP, dpa

    Massud Peseschkian weiß, welche Schwierigkeiten auf ihn zukommen. „Lasst mich nicht allein“, bat der Reformer und designierte iranische Präsident seine Landsleute. Der moderate Politiker hat die Präsidentenwahl im Iran in der zweiten Runde gewonnen. Er erreichte 53,7 Prozent, sein ultrakonservativer Herausforderer Said Dschalili 44,3 Prozent der Stimmen. Der 69-jährige Peseschkian will das Leben der Iraner durch Lockerungen der Kopftuchpflicht und neue Vereinbarungen mit dem Westen verbessern. Nun kommt es darauf an, ob Revolutionsführer Ali Khamenei dem Reform-Präsidenten freie Hand lässt.

    Peseschkian, ein Herzchirurg und früherer Gesundheitsminister, ist der dritte Präsident aus dem Reform-Lager in der jüngeren iranischen Geschichte. Mohammad Khatami weckte von 1997 bis 2005 die Hoffnung auf Veränderungen, konnte die Erwartungen aber nicht erfüllen. Unter Präsident Hassan Ruhani von 2013 bis 2021 schloss der Iran ein Atomabkommen mit dem Westen, das vorübergehend einen Wirtschaftsboom auslöste, doch auch Ruhani scheiterte. Das Regime schlug Proteste der Reformbewegung nieder, zuletzt 2022.

    Schwache Wahlbeteiligung im Iran

    Viele Iraner glauben deshalb nicht an grundlegende Veränderungen. Im ersten Durchgang der Präsidentenwahl am 28. Juni gingen nur 40 Prozent zur Wahl, bei der Stichwahl von Peseschkian gegen den Hardliner Said Dschalili am Freitag waren es 50 Prozent. Peseschkian konnte reformorientierte Wähler also nur zum Teil motivieren. Seinen Erfolg verdankt er dem Wahlboykott vieler konservativer Iraner: Selbst Anhänger des islamistischen Systems sind wegen Wirtschaftskrise, Korruption und Nepotismus frustriert.

    „Vor uns liegt ein schwieriger Weg“, sagte Peseschkian nach seinem Wahlsieg. Wegen der schwachen Wahlbeteiligung reichten ihm 16,4 Millionen Stimmen zum Erfolg; wahlberechtigt waren 60 Millionen Iraner. Peseschkian tritt sein Amt also ohne starkes Mandat an. Der designierte Präsident kündigte an, Fachleute in die Regierung zu bringen. Darunter dürfte der frühere Außenminister Dschawad Sarif sein, ein führender Kopf der Reformer.

    Khamenei hat bei allen wichtigen Fragen das letzte Wort

    Als Präsident kann Peseschkian zwar Vorschriften wie die Kopftuchpflicht für Frauen lockern und mehr Meinungsvielfalt im Internet zulassen. Auch strebt er neue Verhandlungen mit dem Westen an, um einen Abbau der internationalen Sanktionen zu erreichen und die iranische Wirtschaft aus der Krise zu führen. Doch den Rahmen für neue Initiativen setzt Khamenei. Dieser hat bei allen wichtigen politischen Fragen das letzte Wort.

    „Fundamentale Veränderungen im Iran zu erwarten, wäre Wunschdenken“, sagt Arman Mahmoudian, Iran-Experte an der Universität von Süd-Florida in den USA. Wenn der neue Präsident genügend Bewegungsfreiheit erhalte, könnte es aber Verbesserungen für Frauen und ethnische Minderheiten geben, sagte Mahmoudian unserer Redaktion.

    EU will mit der neuen Regierung im Iran reden

    Die Chancen dafür stehen gut. Regimechef Khamenei sei besorgt, weil die Unterstützung für das theokratische System selbst in konservativen Kreisen bröckele, sagt Arash Azizi, Iran-Experte an der amerikanischen Clemont-Universität. Deshalb werde die Führung des Regimes möglicherweise begrenzte Veränderungen tolerieren. Die EU gratulierte Peseschkian und erklärte ihre Bereitschaft, mit der neuen Regierung in Teheran zu reden.

    Peseschkian hat nun einige Wochen Zeit, eine Regierungsmannschaft und ein Regierungsprogramm zusammen zu stellen. Wegen Feiertagen und Parlamentsferien dürfte sich sein Amtsantritt bis Ende Juli oder Anfang August verzögern. Wenn die politischen Flitterwochen enden, wird der neue Präsident unter strenger Beobachtung von Khamenei und von Hardlinern in Parlament, Justiz und Revolutionsgarde stehen. Das Regime könne die Arbeit des Präsidenten sabotieren, meint Iran-Experte Mahmoudian.

    Gazelle Sharmahd, deren deutsch-iranischer Vater Jamshid in einer Todeszelle sitzt, sieht Peseschkian skeptisch. „Ich erwarte viele Propagandafotos von Frauen ohne Kopftuch, falsche Versprechen wie die Abschaffung der Sittenpolizei oder vielleicht eine kurzzeitige Reduzierung der Todesstrafen“, sagte sie unserer Redaktion. Wer aber hoffe, dass der Iran unschuldige Menschen wie ihren Vater nicht mehr als Faustpfand missbrauche, habe seit der Gründung der Islamischen Republik 1979 „die Augen fest verschlossen“.

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