Der Drittplatzierte des ersten Wahlgangs um die Präsidentschaft in der Türkei hat Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan seine Unterstützung für die Stichwahl ausgesprochen. Sinan Ogan rief seine Wähler auf, bei der Abstimmung am 28. Mai für Erdogan zu stimmen. Beobachter waren davon ausgegangen, dass die Wähler des Rechtsaußenkandidaten ohnehin zu großen Teilen in das Erdogan-Lager wechseln würden.
Sinan Ogan hatte als Kandidat eines ultranationalistischen Parteien-Bündnisses in der ersten Runde gut fünf Prozent der Stimmen bekommen, doch seine Wählerschaft gilt als zersplittert. Ob Ogans öffentliche Wahlempfehlung nun einen Einfluss auf jene hat, die nicht ohnehin für Erdogan stimmen wollten, ist umstritten. Auch weil das Bündnis um Ogan kurz vor dessen Rede seine Auflösung verkündete.
Einer der ehemaligen Bündnispartner nannte die Erklärung Ogans daraufhin dessen "eigene politische Präferenz". Ein anderes Ex-Allianz-Mitglied hatte am Sonntag seine Unterstützung für den Erdogan-Herausforderer Kemal Kilicdaroglu von der CHP verkündet.
Keine Zusicherungen
Ogan hatte eine Wahlempfehlung zuvor an Zusicherungen geknüpft. Er forderte, dass alle Flüchtlinge das Land verlassen müssten oder dass der "Kampf gegen Terror" verstärkt werden müsse. Zusicherungen habe es keine gegeben, sagte er nun. Man habe aber erreicht, dass die "Person" nicht von der prokurdischen HDP "bestimmt wird". Kilicdaroglu war mit der Unterstützung der HDP angetreten. Ogan sieht in ihr - wie Erdogan auch - den verlängerten Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die HDP weist diese Darstellung immer wieder von sich.
Erdogan dürften einige Stimmen aus dem Lager Ogans zugutekommen. Nach dem Sieg in der ersten Runde geht er als Favorit in die Wahl am kommenden Sonntag. Der Amtsinhaber war gut 4,5 Prozentpunkte vor dem zweitplatzierten Kilicdaroglu gelandet. Das Bündnis um den 69-Jährigen konnte zudem die Mehrheit im Parlament sichern - ein Faktor, den Analysten auch als Vorteil für ihn in der Stichwahl werten. Sollte Kilicdaroglu Präsident werden, könnte ihn das Parlament in vielen Entscheidungen blockieren.
Kilicdaroglu twitterte kurz nach der Ankündigung Ogans, nun sei klar, wer auf der Seite der Türkei stehe und wer das Land verkaufe, ohne Ogan namentlich zu erwähnen. CHP-Chef Kilicdaroglu rief rund 8,3 Millionen Nicht-Wähler im Land auf, ihre Stimme abzugeben. Erdogan hatte im ersten Wahlgang 2,5 Millionen mehr Stimmen als Kilicdaroglu bekommen.
(dpa)