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Porträt: Privatsekretär Georg Gänswein ist die Stimme Benedikts

Porträt

Privatsekretär Georg Gänswein ist die Stimme Benedikts

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    Papst Franziskus spricht bei seiner wöchentlichen Generalaudienz mit Georg Gänswein, Kurienerzbischof und Präfekt des Päpstlichen Hauses.
    Papst Franziskus spricht bei seiner wöchentlichen Generalaudienz mit Georg Gänswein, Kurienerzbischof und Präfekt des Päpstlichen Hauses. Foto: Alessandra Tarantino, dpa

    Früher, als Joseph Ratzinger noch Papst war, rückte er ihm vor jeder Rede das Mikrofon zurecht und reichte ihm dann die Brille. Er begleitete ihn im Papamobil bei den Audienzen und auf Auslandsreisen. In der Papstwohnung hatte er sein Arbeitszimmer neben Benedikt und verriet, dass er an Weihnachten mit dem Papst zusammen Konzerte der Regensburger Domspatzen hörte.

    Später dann, nach dem Rücktritt Benedikt XVI., zog Georg Gänswein mit dem ehemaligen Pontifex in dessen Alterssitz, das kleine Kloster Mater Ecclesiae in den vatikanischen Gärten – obwohl ihn, wie er zugab, die Entscheidung Benedikts, das Papstamt zurückzugeben, schwer getroffen hat. Und jetzt steht Georg Gänswein wieder im Rampenlicht, seit der emeritierte Papst zugegeben hat, in seiner Stellungnahme für das Münchner Missbrauchsgutachten an einer wichtigen Stelle eine falsche Aussage gemacht zu haben. War es Joseph Ratzinger selbst, der im April 95 Jahre alt wird und den Gänswein immer und immer wieder als „glasklar im Kopf“ bezeichnet, der die Angaben gemacht hat? Oder war es Gänswein, der hier Regie führte?

    Man nannte ihn den "George Clooney der katholischen Kirche"

    Georg Gänswein, 65, ist seit 2003 persönlicher Sekretär von Kardinal Ratzinger und blieb es, als dieser 2005 Papst Benedikt wurde. Italiens Frauenwelt war hingerissen von „Don Georgio“, der zu einem der mächtigsten Männer des Vatikans wurde und sich stets ein, zwei Schritte hinter dem Kirchenführer bewegte. Bunte Magazine präsentierten den damals noch Blonden mit den blauen Augen auf ihren Titelseiten, nannten ihn den „George Clooney der katholischen Kirche“. In den Medien wurde sein gutes Aussehen bisweilen mehr thematisiert als die theologischen Positionen, die viele als konservativ bezeichnen. Geboren im 400-Seelen-Dorf Riedern im Schwarzwald, trat der Sohn eines Schmieds und einer Hausfrau gleich nach dem Abitur 1976 ins Freiburger Priesterseminar ein. Nach der Priesterweihe promovierte er in München. Seine Sporen verdiente er sich in den 1990er Jahren beim Freiburger Erzbischof Oskar Saier. Dann kam er nach Rom, wo 2003 Joseph Ratzinger, damals Kardinal und Vorsitzender der Glaubenskongregation, den Badener unter seine Fittiche nahm.

    Für den emeritierten Papst Benedikt ist Gänswein seit dem Tod seines Bruders Georg Ratzinger im Juli 2020 wohl der einzige Vertraute, der ihm geblieben ist. Aus dem ehemaligen Strippenzieher im Vatikan ist aber immer mehr der Betreuer eines gebrechlichen alten Mannes geworden. Denn unter Papst Franziskus blieb Georg Gänswein zwar Präfekt des Päpstlichen Hauses, eine Art Büroleiter und Protokollchef, der die Termine des Papstes koordiniert. Sein Vertrauter wurde er allerdings nie. Inzwischen lässt er diese Aufgaben auf Wunsch von Franziskus seit 2020 ruhen, um sich ausschließlich um Benedikt XVI. zu kümmern.

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