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Porträt: Lula, der "Tintenfisch", fordert Bolsonaro in Brasilien heraus

Porträt

Lula, der "Tintenfisch", fordert Bolsonaro in Brasilien heraus

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    Luiz Inacio da Silva während einer  Wahlkampfveranstaltung. Der 77-Jährige will wieder Präsident werden.
    Luiz Inacio da Silva während einer Wahlkampfveranstaltung. Der 77-Jährige will wieder Präsident werden. Foto: Silvia Izquierdo, AP/dpa

    Was für ein verrücktes Drehbuch. Junger Mann, geboren im Elend als Sohn von Analphabeten, kein Schulabschluss, hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Vom Schuhputzer zum Präsidenten von Brasilien, frenetisch gefeiert von seinen Anhängern, gefürchtet und verachtet von seinen Gegnern, die ihn sozialistischen Linkspopulisten nennen. Dann der Fall. Korruptionsvorwürfe, Haftstrafe. Jetzt das Comeback.

    Seit Donnerstag ist Luiz Inácio da Silva Präsidentschaftskandidat der Arbeiterpartei

    Aber das Leben folgt keinem Drehbuch. Auch nicht das von Luiz Inácio da Silva, den alle nur kurz „Lula“ (Tintenfisch) nennen. Auch in Lulas Vita verschwimmen Grenzen und Konturen. Das beginnt schon beim Geburtsdatum – angegeben werden der 6. Oktober oder der 27. Oktober 1945. Immerhin sicher ist, dass Lula heute 77 Jahre alt ist und am Donnerstag von der Arbeiterpartei als Kandidat für die Präsidentschaftswahl am 2. Oktober nominiert wurde.

    Es kommt also zu dem Duell mit dem unberechenbaren Rechtspopulisten Präsident Jair Bolsonaro, in dem der Herausforderer laut aktuellen Umfragen vorne liegt. Ein Kampf um die Macht, der spannend werden dürfte, die ohnehin schon gespaltene Gesellschaft in Brasilien aber noch weiter polarisieren wird.

    Polarisieren, das kann Lula ohne Zweifel – aber er kann auch warmherzig. Mit seinem Charisma und mitreißenden Reden sorgte er zunächst bei den Gewerkschaften, dann in der Politik für Furore. Dass er von ganz unten kommt, mehrte seinen Nimbus als Mann aus dem einfachen Volk.

    Bereits von 2003 bis 2010 regierte Lula das Land

    Dreimal trat er vergeblich als Präsidentschaftskandidat an, im Jahr 2002 siegte er als erster linker Kandidat in der brasilianischen Historie gegen den erbitterten Widerstand konservativer Eliten. Von Anfang 2003 bis 2010 regierte er das Land. Linkspopulist? Auch hier verschwimmen die Konturen. Denn während er sozialpolitische Programme und eine Landreform anschob, erwies er sich als überraschend wirtschaftsfreundlich. Statt Schlabberlook trug er plötzlich Maßanzüge. Er förderte die Industrie und versuchte mit einigem Erfolg die verkrusteten Strukturen aufzubrechen. Die Wirtschaft boomte, doch die Korruption wucherte weiter.

    Hat ihn der Erfolg korrumpiert? Fest steht, dass das Verfahren, das 2018 mit Lulas Verurteilung zu einer Haftstrafe endete, in weiten Teilen politisch motiviert war. Doch der Verdacht, dass auch der „Tintenfisch“ die Fangarme zu weit ausgestreckt hat, ist trotz der Aufhebung des Urteils nicht restlos entkräftet. Der Popularität bei seinen Anhängern tut das offensichtlich keinen Abbruch.

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