Alexej Nawalny verblüffte Anhänger und Gegner immer wieder, wenn er langjährige Haftstrafen mit beißendem Humor kommentierte, nach dem Giftanschlag vom Krankenbett gelassen in die Kamera lächelte oder ungerührt gegen alle Warnungen wieder nach Russland einreiste, einem erwartbar harten Schicksal entgegen.
Jetzt, nachdem die schlimmsten Ahnungen Realität geworden sind, weiß die ganze Welt, dass Julia Nawalnaja ihrem in einem sibirischen Straflager zu Tode gekommenen Mann - nicht nur sie spricht von Mord - an Selbstbeherrschung und Willensstärke in nichts nachsteht. Der Auftritt der 47-Jährigen auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Freitag trotz der zunächst nicht offiziell bestätigten Meldung des Todes ihrer "echten großen Liebe" war für die Augenzeugen im Bayerischen Hof und die Zuschauer an den Fernsehgeräten bewundernswert, aber auch fast schon schmerzhaft, für manche irritierend.
Julia Nawalnaja setzte durch, dass ihr Mann nach dem Giftanschlag nach Deutschland ausgeflogen wurde
Weggefährten und Beobachter von Julia Nawalnaja dürften weniger überrascht gewesen sein. Die Witwe des profiliertesten Gegners Wladimir Putins ist bekannt für ihre kühle Eloquenz und Disziplin. Sie war es, die im August 2020 nach dem Giftanschlag gegen Nawalny energisch durchsetzte, dass ihr Mann nach Deutschland zur Behandlung an der Berliner Charité ausgeflogen wurde. „Mein Mantra war immer: Gib nicht auf. Kein Selbstmitleid, sondern tun, was getan werden muss“, sagte sie später in einem Interview mit der Zeitschrift Harper’s Bazaar – „Gebt niemals auf!“, dieses Motto sendete auch Nawalny aus Sibirien seinen Anhängern.
Sie lernten sich bei einem Urlaub in der Türkei kennen
1976 in Moskau geboren, absolviert Nawalnaja ein Studium der Ökonomie. Später arbeitet sie in einer Bank. Alexej Nawalny lernt sie 1998 bei einem Urlaub in der Türkei kennen. Zwei Jahre später heiraten sie, bekommen zwei Kinder. Nawalnaja kümmert sich um die Familie, ist aber keineswegs unpolitisch, wird selbst verhaftet und unter Druck gesetzt. In internationalen Medien wird sie „First Lady der russischen Opposition“ genannt – auch wenn sie es in der Vergangenheit stets vermieden hat, eine solche Rolle zu beanspruchen.
Am Montag jedoch hat sie per Videobotschaft eine klare Kampfansage an Diktator Putin gesendet: „Ich werde die Sache von Alexej Nawalny fortsetzen, kämpfen um unser Land. Ich rufe euch auf, an meiner Seite zu stehen.“