Als die Nachricht von der abgehörten Bundeswehr-Besprechung über den Marschflugkörper Taurus das politische Berlin erreicht, ist die Erschütterung in zweifacher Hinsicht groß. Erstens sorgt die Sache an sich wegen ihrer politischen Brisanz für Kopfschütteln. Zweitens mag zunächst kaum jemand glauben, dass einer der vier Teilnehmer tatsächlich Ingo Gerhartz war – ausgerechnet Gerhartz, das Gesicht der neuen Bundeswehr, der unerschütterliche Luftwaffeninspekteur, der unbeirrbare Drei-Sterne-General.
Ingo Gerhartz: der unbeirrbare Drei-Sterne-General
Für viele Angehörige der Luftwaffe und der Bundeswehr insgesamt ist Gerhartz, das ist keine Übertreibung, so etwas wie ein Held. „Top-Gun-General“ oder auch „Top-Gun-Ingo“ – immer wieder muss der US-Blockbuster um den von Tom Cruise gespielten Kampfjetpiloten Pete „Maverick“ Mitchell herhalten, wenn es um Gerhartz geht. Und der heute 58-Jährige tut viel, um diesem Image gerecht zu werden. Fotos zeigen ihn etwa mit entschlossener Miene im Cockpit eines Eurofighters. Und das Motiv ist nicht mal gestellt – Gerhartz ist den Angaben zufolge immer noch als Flieger aktiv.
Der verheiratete Vater zweier Kinder bringt schon von der äußeren Erscheinung her alles mit, was eine Leitfigur auszeichnet. Groß gewachsen, der Schädel kahl rasiert, die Figur bullig-breitschultrig, das kommt dem Bild des Kämpfers wohl am nächsten. Selbst bei offiziellen Anlässen lässt der Generalleutnant die Uniform gerne im Schrank hängen und tritt im Flieger-Overall auf. Seine Leute wissen das Signal zu deuten: Da steht einer der ihren. Einer, dem die Kampfmontur näher ist als der Maßanzug.
Pistorius könnte Ingo Gerhartz entlassen
Doch als Abziehbild eines US-Filmstars legt niemand eine solche Karriere hin wie der Mann aus Cochem an der Mosel. Gerhartz schaltet blitzschnell. Medienleute in Berlin kennen das unter anderem aus seiner Zeit in den Jahren 2014 und 2015, da war er als stellvertretender Sprecher des Verteidigungsministeriums oft in der Bundespressekonferenz. Nach diesem Job ging es dann ganz schnell: Gerhartz wurde 2015 Büroleiter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, dann Stellvertreter des Abteilungsleiters Strategie und Einsatz und im Juni 2018 schließlich Inspekteur der Luftwaffe.
Angefangen hatte alles am 1. Juli 1985, als Gerhartz als Wehrpflichtiger in die Luftwaffe eintrat und sie nie wieder verließ. Bis heute jedenfalls. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Abhör-Affäre seine Karriere jäh beendet.