Präsident wird er wohl nicht mehr werden. Dreimal hintereinander hat Jean-Luc Mélenchon es versucht, zuletzt im April, als er mit einem Ergebnis von 22 Prozent nur knapp die Stichwahl verpasste. Seitdem trat der 70-Jährige in seinen wohl letzten politischen Kampf ein: Er will Frankreich als Premierminister regieren.
Dafür müsste das linke Parteienbündnis, das seine Bewegung La France Insoumise („Das unbeugsame Frankreich“), mit Sozialisten, Grünen und Kommunisten geschlossen hat, bei den Parlamentswahlen an den nächsten beiden Sonntagen gewinnen. Umfragen sagen ihm zwar nur etwas mehr als 200 Sitze in der Nationalversammlung voraus. Eine Überraschung schließen die Meinungsforscher allerdings nicht aus. Vor allem jüngere Menschen sehen in dem linken Volkstribun, der geschickt auf soziale Medien setzt, ein Idol. Wenn das das Ende der „präsidentiellen Monarchie“ verspricht, klingt Mélenchon, als sei er einer der Revolutionäre aus dem Juli 1789. Zugleich führt er seine Bewegung, die er ganz auf sich zugeschnitten hat, autoritär. Heute fordert er allerdings nicht mehr den Austritt Frankreichs aus der EU, wohl aber noch den aus der Nato. Bis zu Russlands Überfall auf die Ukraine hatte er Präsident Wladimir Putin gegen eine „imperialistisch auftretende USA“ verteidigt.
Mit elf Jahren kam Mélenchon aus Marokko nach Frankreich
Geboren ist Mélenchon im marokkanischen Tanger, das damals noch zu einer von mehreren Ländern verwalteten „internationalisierten Zone“ gehörte, als Sohn einer Grundschullehrerin und eines Mitarbeiters des Fernmeldeamtes. Mit elf Jahren kam er mit seiner Mutter nach Frankreich, wo er sich im Mai 1968 als Gymnasiast an den Studentenrevolten beteiligte. Während seines Studiums der Philosophie und Literaturwissenschaft in Besançon engagierte sich Mélenchon in einer trotzkistischen Studentenorganisation. Seine politische Karriere begann er als lokaler Abgeordneter, wurde später Senator, beigeordneter Minister für Berufsbildung, saß in der Nationalversammlung und im Europaparlament.
Der charismatische Politiker, dessen einzige Tochter sich ebenfalls in seiner Partei engagiert, verdankt seine Bekanntheit nicht zuletzt seinen regelmäßigen Wutausbrüchen. 2018 etwa stellte sich Mélenchon mit den Worten „Die Republik - das bin ich!“ Ermittlern bei einer Untersuchung in seiner Parteizentrale entgegen. Mit der Presse steht er ebenfalls auf Kriegsfuß, erst vor einigen Monaten wurde er wegen der Beleidigungen eines Journalisten verurteilt.
Auf ein Abgeordnetenmandat verzichtet Mélenchon
Um einen Abgeordnetensitz in der neuen Nationalversammlung bewirbt sich Mélenchon bei den Parlamentswahlen nicht mehr. Sollte sein Ziel scheitern, Regierungschef zu werden, könnte er sich in den politischen Ruhestand verabschieden. Es wäre keine Rente mit 60, wie er sie bewirbt. Aber für Jean-Luc Mélenchon gelten eben andere Regeln.