Kann es sein, dass sich ein Teenager gezielt auf einen hohen Posten bei den Vereinten Nationen vorbereitet? Es kann, wenn man dem neuen UN-Hochkommissar für Menschenrechte Glauben schenkt. Volker Türk erklärte 2016, als er mit dem Menschenrechts- preis der Universität Graz ausgezeichnet wurde, dass ihn die Lektüre der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der UN von 1948 als Schüler in Linz „zutiefst berührt“ habe. „Damals habe ich den Entschluss gefasst, mich für eine bessere Welt und insbesondere für Menschenrechte einzusetzen“, erinnerte sich der heute 57-Jährige.
Gesagt, getan. UN-Generalsekretär António Guterres hat den Linzer Juristen als Nachfolger der Chilenin Michelle Bachelet nominiert, die UN-Generalversammlung genehmigte den Vorschlag des Portugiesen am Donnerstag.
Türk arbeitete in den Krisengebieten dieser Welt
Volker Türk ist am Ziel. Ein Ziel, auf das der Österreicher mit fast schon frappierender Fokussierung hingearbeitet hat. Nach dem Abitur folgte ein Jurastudium an der Universität Wien. Thema: das UN-Flüchtlingshochkommissariat und dessen Mandate. Wie auf Schienen ging es weiter: 1991 startete er seine Laufbahn bei der UN. Eine lange Reihe von Posten führte Türk in die Krisengebiete dieser Welt – Kongo, Kosovo oder Bosnien-Herzegowina. Dabei lernte er, was Krieg, Vertreibung und Diskriminierung auslösen können: „Die Heimat zu verlassen, ist zumeist der letzte Schritt auf einem Leidensweg, der gepflastert ist von schweren Menschenrechtsverletzungen, Folter, Gewalt (...)“, sagte Türk, der die Not in seiner Arbeit mit Flüchtlingen vor Ort frontal erlebte. Doch das alleine hätte kaum ausgereicht, um UN-Hochkommissar zu werden.
Beobachter bescheinigen ihm bewundernswerte Sicherheit auf dem diplomatischen Parkett sowie große Expertise. Und Türk, über dessen Privatleben kaum etwas bekannt ist, erwarb sich den Respekt von Guterres – ab 2019 als dessen Beigeordneter Generalsekretär. Dabei entstand eine Nähe, die den Karrieresprung Türks einigen Menschenrechtsorganisationen suspekt erscheinen ließ.
Von jetzt an hat Volker Türk Gelegenheit, die Skeptiker zu überzeugen. Das wird alles andere als einfach. Schließlich muss er jetzt darlegen, welche Konsequenzen der brisante UN-Bericht seiner Vorgängerin Bachelet über die Verletzung der Menschenrechte von hunderttausenden Uiguren haben soll. .