Dass Musik und Popkultur politisch relevant sind, verdeutlicht derzeit am besten Taylor Swifts Bekenntnis zu Kamala Harris. Wer Swifts Karriere verfolgt hat, wird nicht überrascht davon sein, dass der Megastar die demokratische Präsidentschaftskandidatin unterstützt. Ihre öffentliche Zusage ist dennoch brisant, weil Swift Millionen Menschen weit über die Grenze der USA hinaus hinter sich vereint. Die Musik der Pop-Ikone prägt ihre Gefolgschaft, ihre Songtexte sind identitätsstiftend und nun mit einer klaren politischen Botschaft versehen.
Auch in Deutschland gibt es unzählige Beispiele von Bands und Künstlern, die sich in den vergangenen Jahren politisch geäußert haben, ohne ständig politische Liedtexte zu singen: Die Ärzte, Die Toten Hosen, Kraftklub, Feine Sahne Fischfilet, K.I.Z, Marteria, Nura, Trettmann, Herbert Grönemayer, Tocotronic - oder vor Jahren auch Reinhard Mey und Ton Steine Scherben.
Taylor Swift unterstützt Kamala Harris
Die Botschaft der Künstlerinnen und Künstler ist fast immer: gegen Rechtsextremismus und Nazis. Unter dem Motto „Stabil bleiben – Gegen AfD und Rechtsruck“ planen 20 Initiativen für den Vorabend der Landtagswahlen in Brandenburg eine Großkundgebung in Potsdam. Auf der Bühne stehen am 21. September unter anderem die Band Madsen, die Sportfreunde Stiller und die Gruppe ZSK.
„Wir wollen mit der Kundgebung vor allem Mut machen. Wir sind da für alle, die nicht aufgeben und weiter die Menschenrechte verteidigen“, sagt der Sänger Joshi von der Punktband ZSK. Er möchte später seinen Kindern sagen können, er habe es wenigstens versucht, die AfD aufzuhalten, erklärt er. Die Partei sei seiner Meinung nach „ein Sammelbacken von rassistischen Menschenfeinden“. Sebastian Madsen von der gleichnamigen Band will mit dem Auftritt klare Kante gegen rechts zeigen. „Rechtsextremismus ist längst in der Popkultur und im Mainstream angekommen.“ Sichtbar wird das nach Beobachtung des Frontsängers insbesonders in den Sozialen Netzwerken.
Kundgebung in Potsdam gegen die AfD und Rechtsruck geplant
Ein Ziel der Organisatoren ist es, junge Menschen zu erreichen. Über das vergangene Jahr hinweg fanden bereits Kundgebungen in Frankfurt (Oder) und Cottbus statt. Jugendliche konnten sich vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland Informationsmaterial, Flyer und Stickern zusenden lassen.
Die Kundgebung in Potsdam bildet den Höhepunkt der Reihe „Kein Bock auf Nazis“. Es soll ein „Fest des Widerstands“ werden, sagt Mitorganisator Joshi. Finanziert wird die Veranstaltung hauptsächlich durch Spendengelder; die Künstler verzichten auf eine Gage. „Es geht nicht um die Bands, sondern um den Inhalt“, sagt der Musiker und verweist darauf, dass für die Kundgebung kein Eintritt verlangt werde. Zwischen den musikalischen Auftritten sind Redebeiträge geplant.
Dass von den Bands eine große Anziehungskraft ausgeht, ist den Veranstaltern bewusst. „Wir wünschen uns, dass noch mehr Künstler aktiv sind“, sagt Steffen Bunke von der Initiative „Brücken statt Gräben“. Zuletzt tat das beispielsweise Ski Aggu bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus in Berlin. Durch die Sozialen Medien hat der Rapper vor allem bei jungen Menschen Berühmtheit erlangt. Die deutsche Popsängerin Nina Chuba hätte die Organisatoren gerne auf der Bühne. Chuba verfügt aktuell über eine hohe Reichweite und ist bei Jugendlichen beliebt. Doch während linke Bands selbstverständlich politische Texte für ihr linkes Publikum produzieren, gehen Musiker aus anderen Genres ein gewisses Risiko ein, wenn sie sich politisch positionieren. Der Schlagersänger Roland Kaiser kritisierte vor vielen Jahren die Pegida-Demonstrationen und erlebte einen Proteststurm. Kaiser kann das womöglich bei seiner langen Karriere in der Schlagerszene egal sein, jüngere Künstlerinnen und Künstler haben es schwerer.
Bands sollten die ländlichen Räume nicht vergessen
Dabei sei die gesamte Kulturszene von der AfD bedroht, findet Joshi. Wenn die Partei regieren würde, hätte sie die Möglichkeit, über Fördergelder zu bestimmen. Festivals, Radiosender und Kulturinitiativen könnten darunter leiden. Die Aufgabe der Musikerinnen und Musiker sei es daher, auch mal aufs Land zu fahren und Konzerte in kleinen Clubs zu spielen, um Jugendliche zu erreichen. Bunke bekräftigt: „Wir dürfen die ländlichen Räume nicht vergessen“. Durch Musik entstehen Subkulturen, Musik prägt Generationen. Die Band Feine Sahne Fischfilet aus Mecklenburg-Vorpommern organisiert beispielsweise seit 2018 das Festival „Wasted in Jarmen“ und die Band Kraftklub veranstaltete bis 2019 in ihrer Heimatstadt Chemnitz das „Kosmonaut-Festival“. Mehr davon wünschen sich die Veranstalter.
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