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Bundeswehr: Kann Deutschland vom Modell der schwedischen Wehrpflicht lernen?

Bundeswehr

Kann Deutschland vom Modell der schwedischen Wehrpflicht lernen?

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    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war zu Besuch beim schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war zu Besuch beim schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Als die schwarzen Busse der Delegation von Bundeskanzler Olaf Scholz für einen Zwischenstopp die enge Straße in der Stockholmer Innenstadt blockieren, bleiben die schwedischen Autofahrer dahinter geduldig. In der deutschen Hauptstadt wäre die Behinderung mit einem lauten Hupkonzert quittiert worden, nicht so die in sich ruhenden Schweden. Doch auch die Ausgeglichenheit der Nordlichter hat Grenzen, das musste jüngst sogar der russische Präsident Wladimir Putin erfahren. Als Reaktion auf dessen Krieg gegen die Ukraine schloss sich das Land der Nato an – 200 Jahre lang hatten sich die Schweden vorher der Neutralität und militärischen Bündnisfreiheit verschrieben. Aber eben jene langjährige Bündnisfreiheit hatte dafür gesorgt, dass es sich auf seine eigenen militärischen Kapazitäten verlassen musste. Zwar hatte das Land im Jahr 2010 die Wehrpflicht ausgesetzt, rund ein Jahr früher als Deutschland. Vor sieben Jahren aber machten die Skandinavier einen Schritt, den nun auch Deutschland wohl gehen wird: Sie führten die Wehrpflicht wieder ein.

    Scholz reiste nicht wegen der Wehrpflicht nach Stockholm. Am Montag nahm er am Treffen des Nordischen Rates teil, am Dienstag traf er vor seiner Rückreise nach Berlin den schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson, beide unterschrieben unter anderem eine erneuerte Innovationspartnerschaft zwischen beiden Ländern. Doch über jedem Treffen von Regierungschefinnen und Regierungschefs schwebt die Bedrohung, die vom Einmarsch der Russen in die Ukraine ausgeht. Immer wieder drehen sich die Gespräche, so auch bei diesem Scholz-Besuch, um die Unterstützung für die Ukraine. Der nächste Gedanke der Regierenden gilt dann dem Schutz des eigenen Landes.

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    Schutz des Landes: Schweden verfolgt eine Resilienz-Strategie

    Schweden scheint da weiter zu sein als Deutschland. Das Land arbeitet in einem ganzheitlichen Ansatz an seiner Widerstandsfähigkeit, die Resilienz-Strategie gegen die Bedrohung von außen bezieht die Gesellschaft mit ein. Der Gedanke reicht weit hinein ins Private. In nahezu allen Haushalten, berichten Einheimische, stehen Stromaggregate, werden Wasser- und Lebensmittelvorräte für einen Notfall gebunkert. Seit 2015 gibt das Land wieder viel Geld für seine Verteidigung aus, nachdem es seine Militärausgaben zuvor zwei Dekaden lang massiv zurückgefahren hatte. Einen Haushaltsstreit nebst erregter öffentlicher Debatte über die Finanzierung, wie ihn Deutschland gerade erlebt, gibt es in Schweden nicht. 

    Ministerpräsident Ulf Kristersson erklärte bei der Abschluss-Pressekonferenz, es sei grundsätzlich nicht immer einfach, genügend Soldaten zu finden, „Aber in Schweden haben wir ein Modell gefunden, das funktioniert“. In der Gesellschaft sei die Wehrpflicht „gut angesehen“, bekräftigte Kristersson und machte deutlich, dass dies auch für den Zivildienst gelte. 

    Wehrdienst ist in Schweden hoch angesehen

    Ein ranghoher Militär erzählt, dass viele junge Menschen stolz seien, dem Land dienen zu können. Das mehrstufige Auswahlverfahren beginnt ganz altmodisch mit einem Stück Papier. An seinem Ende werden jedes Jahr mehrere Tausend Männer und Frauen eingezogen. Das Prozedere wird eher als Wettbewerb empfunden, weniger als Last. Der Ukraine-Krieg und die Angst davor, dass der russische Präsident weitere Länder angreift, sorgen für einen stabilen Zufluss zur schwedischen Armee. 

    Kein Wunder, dass der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius das schwedische Modell gerne auch in Deutschland einführen würde. Das jedenfalls legen die Wasserstandsmeldungen nahe, die aus seinem Ministerium nach außen dringen. Einen offiziellen Vorschlag will der SPD-Politiker Ende des Monats präsentieren. 

    Bundeswehr benötigt 20.000 zusätzliche Soldaten

    Scholz spricht in Stockholm von einer „Aufgabe, die überschaubar ist“ und zu bewältigen sei. Etwa 20.000 Soldatinnen und Soldaten bräuchte die Bundeswehr jedes Jahr, um die Lücke zu füllen, die sich zwischen dem Ist-Zustand von etwa 180.000 und dem Soll-Zustand von rund 200.000 Einsatzkräfte auftut.

    Für den Kanzler ist klar, dass es nicht um die Dimensionen früherer Wehrpflicht-Armeen geht. Vor der Aussetzung des verpflichtenden Dienstes etwa gehörten knapp 260.000 Soldaten der Truppe an. Das, so Scholz auch mit Blick auf die abgebaute Logistik beispielsweise bei den Kasernenkapazitäten, „würde nicht mehr funktionieren“. 

    Ganz einfach wäre aber auch eine neue Wehrpflicht nicht umzusetzen. Schon jetzt gibt es Kritik, einige mahnen, dass eine Verpflichtung den Mangel nicht beheben könne und es stattdessen mehr Reservisten benötige. Lange Debatten im Bundestag sind zu erwarten, wenn Pistorius das von ihm favorisierte Modell vorstellt. Vor allem muss die neue Wehrpflicht von der Gesellschaft akzeptiert sein, sonst wird sie kaum funktionieren. So wie in Schweden eben. Ob die Deutschen in der Diskussion darüber die notwendige Geduld aufbringen, wird sich zeigen.

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