Zwar hat die nationalkonservative Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) bei den Wahlen am 15. Oktober die meisten Stimmen erhalten, doch drei konservative bis linke Oppositionsparteien erreichten zusammen eine Mehrheit im Sejm und wollen eine Koalition unter Donald Tusk bilden. Zwar tagt schon der neue Sejm seit dem 13. November, doch die Regierungsbildung kann erst nach dem 11. Dezember, nach dem Scheitern von Morawieckis Kabinett im Sejm geschehen.
Die kommenden zwei Wochen werden deshalb ein seltsames Schauspiel abgeben – eine Regierung ohne parlamentarische Mehrheit und ein Parlament, das bereits die Abrechnung mit der vorigen Regierung in die Tat umsetzt.
PiS-Partei hat Polens Gesellschaft polarisiert und Koalition verhindert
„Wir haben die Chance, eine überparteiliche Koalition zu bilden“, wirbt dennoch der ehemalige Banker Morawiecki zuversichtlich, der ein Programm unter dem bibelnahen Titel „Die zehn Gebote polnischer Angelegenheiten“ veröffentlicht hatte. Den ehemaligen Europapolitiker Tusk stellt er als Handlanger der Deutschen dar, der mittels der EU Polens Souveränität abschaffen wolle. Bei den Gesprächen, die Morawiecki zwecks Kooperation führte, winkten alle Parteien ab. Zu sehr hat die PiS, gesteuert durch ihren Partei-Chef Jaroslaw Kaczynski, über acht Jahre Regierungszeit die Politiik und Gesellschaft polarisiert. Aufgrund der umstrittenen Justizreform will Donald Tusk, von 2007 bis 2014 selbst Premier, einen Teil der Regierungsriege vor den Kadi zerren.
Wenn auch ihre Regierungstage gezählt sind, ist die Macht der PiS und ihrer Anhänger noch nicht gebrochen. Dafür sorgt Staatspräsident Andrzej Duda, der aus dem PiS-Lager stammt. Der promovierte Jurist wird vermutlich künftige Gesetzesänderungen und -novellen der Regierung Tusk blockieren, bis August 2025 reicht seine Amtszeit. Die PiS hat noch einige Projekte, die sie abschließen will, wie etwa das Einfrieren von Energiepreisen. Über Gesetzesänderungen hat sie bereits versucht, ihren Einfluss in der Staatsanwaltschaft zu erhalten.
Die Kandidaten für die Ministerposten, die für zwei Wochen besetzt werden, hat Morawiecki noch nicht bekannt gegeben.