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Pflege: Pflegende Angehörige fühlen sich von der Politik im Stich gelassen

Pflege

Pflegende Angehörige fühlen sich von der Politik im Stich gelassen

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    Die Mehrheit der pflegebedürftigen Menschen wird zu Hause versorgt. Doch viele der pflegenden Angehörigen sind selbst am Limit.
    Die Mehrheit der pflegebedürftigen Menschen wird zu Hause versorgt. Doch viele der pflegenden Angehörigen sind selbst am Limit. Foto: Mascha Brichta, dpa

    „Wir laufen in eine Katastrophe“, warnt Kornelia Schmid, die Vorsitzende des Vereins „Pflegende Angehörige“. Nicht nur, dass die jüngst beschlossene Pflegereform finanziell kaum eine Entlastung für die Millionen pflegenden Angehörigen in Deutschland bringe, was vor allem nach wie vor fehle, seien Kurzzeitpflegeplätze. „Dabei ermöglichen nur sie die nötigen Erholungsphasen, die pflegende Angehörige schnell und unkompliziert bräuchten, um nicht selbst zu erkranken“, sagt Schmid, die ihren an Multipler Sklerose erkrankten Mann seit Jahren zu Hause pflegt. So dürfe es aus ihrer Sicht nicht weiter gehen: „Wir pflegenden Angehörigen fühlen uns von der Bundespolitik seit Jahren im Stich gelassen.“ 

    Bentele: Versprochene digitale Plattform wurde nicht umgesetzt

    Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sagt: „Die Politik drückt sich seit Jahren vor der wichtigen Verantwortung, die Millionen pflegenden Angehörigen zu entlasten. Das nun beschlossene Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz ist extrem enttäuschend.“ Dabei seien die pflegenden Angehörigen die wichtigste Gruppe im Pflegesystem, werden doch rund 80 Prozent der rund fünf Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland zu Hause versorgt. Daher fordert Bentele: „Jedes Pflegeheim muss gesetzlich dazu verpflichtet werden, fünf Prozent seiner Betten für die Kurzzeitpflege freizuhalten.“ Damit solle verhindert werden, dass es zwar Kurzzeitpflegeangebote gibt, diese aber überwiegend für die Langzeitpflege genutzt werden. „Auch hat uns die Ampelregierung versprochen, dass eine digitale Plattform eingerichtet wird, auf der zu jedem Zeitpunkt ersichtlich ist, wo es einen freien Kurzzeitpflegeplatz gibt. Diese Plattform, an deren Teilnahme jeder Pflegeanbieter verpflichtet werden müsste, ist aus dem Gesetzentwurf einfach verschwunden.“ 

    Doch Bentele, die für pflegende Angehörige auch einen Pflegelohn fordert, will nicht aufgeben: „Wir werden weiter für eine echte Pflegereform kämpfen“, betont sie im Gespräch mit unserer Redaktion. „Dafür muss unter anderem die private Pflegeversicherung mit der gesetzlichen zusammengelegt werden. Unsere Gesellschaft lässt auf Kosten von Millionen Angehörigen pflegen. Wohl wissend, dass diese pflegenden Angehörigen sehr verantwortungsbewusst sind und sich nicht wehren können. Doch diese Nächstenpflege ist längst am Limit.“ 

    Holetschek sieht den Bund in der Pflicht

    Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek kennt die Not in der Pflege. Der CSU-Minister sagt: „Es ist ein wichtiges Ziel von mir, die Versorgung pflegebedürftiger Menschen in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung zu sichern. Dazu gehört auch, das Angebot an Kurzzeitpflegeplätzen zu stärken! Bislang hat der Bund dafür noch keine ausreichenden Maßnahmen getroffen.“ Auch er kritisiert den Gesetzentwurf zum Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG). Dieser zeige, dass die ambulante Pflege nicht die notwendigen Entlastungen erhalten hat. „Aus diesem Grund haben die Länder in der Stellungnahme des Bundesrates zum PUEG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kurzzeitpflege gestärkt werden muss.“ 

    Bayerns Gesundheitsministerium hatte bereits ein Pflegegutachten auf den Ende 2019 verfügbaren Daten erarbeiten lassen. Daraus ginge hervor, dass ein erheblicher Bedarf an Kurzzeitpflegeplätzen besteht: „Das Gutachten geht von einem Mehrbedarf in Höhe von mehr als 2100 Kurzzeitpflegeplätzen bis zum Jahr 2050 aus“, heißt es. Gerade aktualisiere man die Bedarfsprognosen.

    Da Menschen mit einer Behinderung noch einmal andere Bedürfnisse haben, wenn sie einen Kurzzeitbetreuungsplatz brauchen, hat Bezirkstagspräsident Martin Sailer nun ein Modellprojekt gestartet, um die Versorgung in Schwaben zu verbessern. 

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