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Partygate-Affäre: Tag der Abrechnung für Boris Johnson

Party-Affäre

Der Tag der Abrechnung für Boris Johnson

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    Die Liste der mutmaßlich illegalen Zusammenkünfte in der Downing Street ist lang.
    Die Liste der mutmaßlich illegalen Zusammenkünfte in der Downing Street ist lang. Foto: Tolga Akmen, dpa

    Als Boris Johnson am Montag den zwölfseitigen Bericht von Sue Gray in den Händen hielt, um sich auf seine Rede am Nachmittag im Parlament vorzubereiten, wird er sich nicht gefreut haben. Denn die Beamtin lässt keinen Zweifel daran, dass viel schiefgelaufen ist in der Downing Street 10 und weiteren Ministerien. Sie spricht von „Fehlern der Führung“ und macht klar, dass „einige der Veranstaltungen hätten nicht stattfinden dürfen“. Gray bemängelt auch die Kultur in Westminster: „Der übermäßige Konsum von Alkohol ist an einem professionellen Arbeitsplatz zu keiner Zeit angemessen.“ Es müsse sich viel ändern, betont sie – und zwar nicht erst, wenn die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen hat.

    Sue Gray leitet in London die Untersuchungen zur Party-Affäre.
    Sue Gray leitet in London die Untersuchungen zur Party-Affäre. Foto: dpa

    Die Veröffentlichung des Berichtes beendete eine Zeit der Ungewissheit. Denn rund um das Machtzentrum in London hieß es in den vergangenen Tagen: Warten. Warten auf den Bericht der Beamtin Sue Gray, der endlich offenlegen sollte, wann, wo und ob der Premier und weitere Regierungsbeamte während des Lockdowns gefeiert hatten. Boris Johnson selbst verwies schließlich wochenlang auf den Bericht: „Wir müssen darauf warten, was sie herausbekommt“, hieß es.

    Sue Gray hat viel Macht

    Als Sue Gray den Fall übernahm, wird sie gewusst haben, dass dies ein heißes Eisen ist. Schließlich brodelt es schon seit Wochen innerhalb der konservativen Partei. Während Außenministern Liz Truss noch zu Boris Johnson hielt, empfinden ihn vor allem jüngere Abgeordnete zunehmend als Belastung angesichts der immer neuen Enthüllungen über Partys im Jahr 2020 – zu einer Zeit, als sich das Königreich monatelang im Lockdown befand und sich Briten nur mit einer Person in der Öffentlichkeit treffen durften.

    Sue Gray hat als „zweite ständige Sekretärin für die Union und die Verfassung“, nicht nur viel Macht, sondern ist auch eine der dienstältesten Beamtinnen im Vereinigten Königreich. Mit Unterbrechungen ist sie seit den 1970er Jahren tätig. Wie viel Einfluss sie hat, bewies sie unter anderem als sie 2017 den Rücktritt von Damian Green, dem Stellvertreter der damals regierenden Theresa May erzwang, weil er das Knie einer Journalistin berührt hatte. Nun ermittelt Gray wieder.

    Johnson droht juristisch maximal eine Geldstrafe

    Viele konservative Abgeordnete wollten ihre Entscheidung über ein Misstrauensvotum gegen Johnson von den Ergebnissen ihres Berichts abhängig machen. Doch nicht nur Gray hat recherchiert. Vergangene Woche wurde bekannt, dass Scotland Yard ebenfalls Vorwürfen über Feiern in der Downing Street und weiteren Ministerien nachgeht – offenbar nachdem Gray der Polizei Material zugespielt hatte. Laut offiziellen Angaben sei dies belastend genug gewesen, um die Ermittlungen aufzunehmen.

    Kann man Johnson einen Verstoß gegen die eigens von seiner Regierung aufgestellten Regeln nachweisen, droht ihm maximal eine Geldstrafe. Politisch gesehen würde die Erkenntnis, dass er tatsächlich gegen Gesetze verstoßen hat, jedoch sein sicheres Aus bedeuten, sind sich viele Beobachter einig. Die Ermittlungen können sich jedoch noch monatelang hinziehen.

    Boris Johnson hat sich entschuldigt

    Boris Johnson hat sich noch am Montag für seinen Umgang mit den Vorwürfen über Partys im Lockdown in der Downing Street entschuldigt. "Ich möchte Entschuldigung sagen", sagte ein betretener Johnson am Montag im Londoner Unterhaus nach der Veröffentlichung des Berichts. Das sei aber nicht genug, da etliche Menschen in der Pandemie große Opfer gebracht hätten und sich an die Regeln gehalten hätten, sagte Johnson.

    Der Premier kündigte weitreichende Umstrukturierungen und Reformen in seinem Amtssitz an. "Ich verstehe es und ich werde es in Ordnung bringen", sagte Johnson. Ein Rücktritt, wie ihn die Opposition und einige Abgeordnete seiner eigenen Partei gefordert hatten, gehört für Johnson jedoch aus freien Stücken nicht dazu. (mit dpa)

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