Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Parteitage: Angela Merkel und Sigmar Gabriel: Zwei Parteichefs mit Problemen

Parteitage

Angela Merkel und Sigmar Gabriel: Zwei Parteichefs mit Problemen

    • |
    CDU-Chefin Angela Merkel, SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel: Vor ihren Parteitagen hat sich die Stimmung für die Kanzlerin und ihren Vize radikal verändert.
    CDU-Chefin Angela Merkel, SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel: Vor ihren Parteitagen hat sich die Stimmung für die Kanzlerin und ihren Vize radikal verändert. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Vor vier Monaten war die Welt der Angela Merkel noch in Ordnung. Die Kanzlerin lag unangefochten an der Spitze der beliebtesten Politiker, die Union träumte schon von der absoluten Mehrheit bei der nächsten Wahl, und der Kieler Ministerpräsident Torsten Albig von der SPD empfahl seiner Partei, 2017 erst gar keinen Kanzlerkandidaten aufzustellen, da er ohnehin keine Chance gegen die Amtsinhaberin habe. Der am Sonntag beginnende Parteitag der CDU in Karlsruhe sollte ein Jubelfest werden, die Christdemokraten wollten sich geschlossen und einträchtig hinter ihrer Vorsitzenden scharen und Mut für die wichtigen Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt im März tanken.

    Für Angela Merkel wird der Parteitag in Karlsruhe schwer

    In der SPD hingegen lagen im Sommer die Nerven bloß. Die Partei haderte mit ihrem sprunghaften und unberechenbaren Vorsitzenden Sigmar Gabriel, der überfordert wirkenden Generalsekretärin Yasmin Fahimi und den Umfragewerten, die sich nicht nach oben bewegen wollten und die SPD wie eingemauert bei 25 Prozent sahen. Der Parteitag, der vom heutigen Donnerstag bis Samstag in Berlin stattfindet, drohte zu einem Spießrutenlauf für den Parteichef zu werden.

    Doch dann kamen der Herbst, die Flüchtlingskrise und die Debatte über die Begrenzung des Flüchtlingszustroms. Vor den Parteitagen hat sich die Stimmung radikal verändert. Sigmar Gabriel, der mittlerweile der am längsten amtierende SPD-Chef seit dem Rücktritt von Willy Brandt im Jahre 1987 ist, kann seinem Parteitag vielleicht etwas gelassener entgegensehen und bei den Wahlen am Freitag mit einem besseren Ergebnis als vor zwei Jahren in Leipzig rechnen als er lediglich auf 83,6 Prozent kam. Angela Merkel muss jedoch froh sein, dass in Karlsruhe keine Wahlen anstehen. Von den 96,7 Prozent, die sie vor einem Jahr in Köln erhielt, könnte sie derzeit nur träumen – auch wenn sie gerade vom US-Magazin Time zur „Person des Jahres“ gekürt wurde.

    Angela Merkel und Sigmar Gabriel müssen um das Vertrauen ihrer Parteien werben

    So sind unmittelbar hintereinander in Berlin und Karlsruhe zwei Parteichefs zu besichtigen, zu denen es in den eigenen Reihen zwar keine ernsthafte Alternative gibt, die dennoch angeschlagen sind und um verloren gegangenes Vertrauen in den eigenen Reihen werben müssen. Sigmar Gabriel hat keine Antwort darauf, warum die SPD aus dem Umfragetief nicht herauskommt, obwohl sie in der Großen Koalition die Akzente setzt und ihre Themen von der Rente mit 63 über Mindestlohn bis Mietpreisbremse durchgesetzt hat. Erst recht tut er sich schwer, seine Partei von seinen Positionen zum Freihandelsabkommen TTIP oder zur Vorratsdatenspeicherung zu überzeugen, nicht auszuschließen, dass ihm die eigenen Truppen in Berlin bei

    Angela Merkel wiederum steht vor der größten Herausforderung in ihrer mittlerweile 15jährigen Amtszeit als CDU-Chefin. Große Teile der eigenen Partei folgen ihr in der Flüchtlingspolitik nicht mehr und fordern sie fast schon ultimativ zu einem Kurswechsel auf. In Karlsruhe könnte es am Montagnachmittag zum Showdown kommen, wenn über die Anträge zur Flüchtlingspolitik debattiert wird.

    Junge Union, Mittelstandsvereinigung und die Kommunalpolitiker fordern die Einführung einer festen Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen, die Kanzlerin lehnt dies allerdings kategorisch ab. Am Sonntag wollen Präsidium und Bundesvorstand einen eigenen Antrag beschließen und dem Parteitag vorlegen, das Wort Obergrenze wird darin nicht vorkommen. Die Abstimmung wird Aufschluss geben, wie viel Rückhalt die Chefin noch hat, intern wird geschätzt, dass möglicherweise 30 bis 40 Prozent der 1000 Delegierten die Position der eigenen Parteichefin ablehnen.

    Ein Trost bleibt Merkel wie Gabriel – ihren Vorgängern im Amt ging es oft auch nicht besser als ihnen heute. Und: Bis zur nächsten Wahl sind es noch fast zwei Jahre. Da kann noch viel geschehen. Dennoch haben eine Kanzlerin und ein Vizekanzler, die angeschlagen von ihren Parteitagen zurückkehren, ein erhebliches Autoritätsproblem, das langfristig auf die Fraktionen abstrahlen wird. Ohne den Rückhalt in der eigenen Partei wird das Regieren nicht leichter.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden