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Parteitag: Die Linke, gemeinsam gegen den Rest?

Parteitag

Die Linke, gemeinsam gegen den Rest?

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    Die Linke kam in der  Messe Augsburg zum Bundesparteitag zusammen.
    Die Linke kam in der Messe Augsburg zum Bundesparteitag zusammen. Foto: Peter Fastl

    Ob eine Trennung tatsächlich die beste Lösung ist, wird sich für die Linke bei den nächsten Wahlen zeigen. Sie war am Wochenende zum Bundesparteitag in Augsburg gekommen, dem Ersten, nachdem sich ihre bundesweit bekannteste Politikerin, Sahra Wagenknecht, und ihre Mitstreitenden von ihr losgesagt hatten. Die Ex-Mitglieder wollen im neuen Jahr ein eigenes politisches Bündnis (BSW) gründen. Um die letzten Separationsmonate, aber eigentlich Jahre der innerparteilichen Selbstbeschau und schlechte Wahlergebnisse hinter sich zu lassen, sollte die Botschaft aus dem Messezentrum in die Republik lauten: geschlossen, innerparteilich solidarisch – die Linke, gemeinsam gegen den Rest. Das gelang. Fast zumindest.

    Samstagfrüh kamen die Reden des Vorsitzenden der sich auflösenden Bundestagsfraktion Dietmar Bartsch und der Parteivorsitzenden Janine Wissler nicht ohne den Blick zurück aus, um ihn dann nach vorn zu öffnen. Bartsch attackierte Wagenknecht und ihre Mitstreitenden scharf. Die Liquidation der Bundestagsfraktion, gab er zu, sei "eine gewaltige Niederlage". Aber die Verantwortung dafür trügen in allererster Linie die neun Bundestagsabgeordneten, die in der zehnten Wagenknecht ausschließlich "eine politische Heilsbringerin sehen". Deren Verhalten sei "enttäuschend und verantwortungslos". Aber, rief Bartsch: "Wir kämpfen weiter". Und: "Lieber einig mit 28 MdB als zerstritten mit 38."

    Wissler: "Eine laute Stimme für Gerechtigkeit, Frieden und Antifaschismus"

    Parteivorsitzende Wissler sekundierte wenig später. Auch sie gab zu, dass nicht alle Probleme der Partei gelöst seien, weil ein zentraler Streit nun ein Ende gefunden habe. Erneuerung heiße auch, dass die Linke die innerparteiliche Kultur verändern müsse. Sie appellierte an die Genossinnen und Genossen: "Lasst uns untereinander wieder vertrauen." Es gehe um nichts anderes, als dass es wieder eine "relevante linke Partei" in diesem Land gebe. Betonung auf "eine". Entsprechend brachte der Parteivorstand den wenig später beschlossenen Antrag "Eine laute Stimme für Gerechtigkeit, Frieden und Antifaschismus" ein.

    Der Streit mit Wagenknecht und Co hatte sich auch an der offenen Migrationspolitik (Abschiebestopp, Bleiberecht) der Linken entzündet. In dem Gründungsmanifest des "Bündnis Sahra Wagenknecht" heißt es hingegen dazu: "Zuwanderung und das Miteinander unterschiedlicher Kulturen können eine Bereicherung sein. Das gilt aber nur, solange der Zuzug auf eine Größenordnung begrenzt bleibt, die unser Land und seine Infrastruktur nicht überfordert, und sofern Integration aktiv gefördert wird und gelingt." Wissler hingegen beklagte auch in ihrer Rede nochmals den Rechtsruck, den Deutschland und Europa hinter sich hätten. Was sei das vor gut zwei Jahrzehnte für ein Aufschrei gewesen, als die FPÖ in Österreich in die Regierung eintrat, aber: "20 Jahre später gratulieren Scholz und Baerbock der Faschistin Meloni zur Wahl und Ursula von der Leyen und die Bundesinnenministerin gehen mit ihr auf Reisen, um mit Autokraten über Flüchtlingsabwehr zu reden." Faschisten aber, rief Wissler, müsse man bekämpfen.

    Die Linke fordert Mindestlohn von 15 Euro

    Das will man nun, zunächst im Europawahlkampf. Das Programm, das in Augsburg beschlossen wurde, enthält nicht nur das Bekenntnis zu einem uneingeschränktem Recht auf Asyl. Es fordert strikten Klimaschutz ein, denn der Markt regele es eben nicht, heißt es im Entwurf. Linke Umverteilungs-Klassiker fehlen nicht und sind zum Beispiel: die öffentlichen Ausgaben, Steuern für hohe Einkommen und Konzerngewinne – rauf. Und mit Blick auf Deutschland fordert die Linke nun, den gesetzlichen Mindestlohn auf 15 Euro zu erhöhen. Die Schuldengrenze soll nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts abgeschafft werden.

    Als Spitzenkandidaten wurden Wisslers Co-Vorsitzender Martin Schirdewan und die Flüchtlingsbootkapitänin Carola Rackete nominiert. Ganz ohne Holprigkeiten verlief das allerdings nicht. Schirdewan bekam kurzfristig Konkurrenz in Gestalt von Bijan Tavassoli. Der Hamburger ist als Provokateur nicht unbekannt, lobpries in seiner Rede Wagenknecht, kündigte dann auf der Bühne seinen Parteiaustritt an, unterlag aber gegen Schirdewan deutlichst.

    Spitzenkandidatin Carola Rackete sorgt kurzfristig für Missstimmung

    Und Rackete sorgte auch für Kratzer im frisch polierten Einheitsimage. Sie hatte vortags in einem Interview mit Zeit Online quasi in den Parteitag gesendet, die Linke möge nochmals ihre Vergangenheit aufarbeiten und Distanz zur SED-Vergangenheit nehmen. Das nahm sie wenig später über X zurück und sagte zu Beginn ihrer Parteitagsrede mit Blick auf das Interview: "Da habe ich Mist gemacht. Ich weiß, dass ich damit viele Menschen verletzt habe und dass ich der Geschichte der Gegenwart der Linken damit nicht gerecht geworden bin." Der Saal applaudierte und danach platzierte Rackete das, was sie erreichen will: Gegen die Klimakrise kämpfen, denn linke Klimapolitik werde gebraucht wie nie zuvor.

    Die grüne Basis wird diese Rede genau verfolgt haben. Einen prominenteren Parteiübertritt gab es bereits. Die Sozialarbeiterin und Buchautorin Cansin Köktürk ist nun Linke. In ihrer Rede sprach sie davon, dass Kompromisse nach rechts ein Zeichen von Haltungslosigkeit seien.

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