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Grüne: Zwischen Regierungsfrust und Basis-Zorn: Die Grünen suchen Wege aus der Krise

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Zwischen Regierungsfrust und Basis-Zorn: Die Grünen suchen Wege aus der Krise

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    Müssen sich schwierigen Debatten stellen: Omid Nouripour (Bundesparteivorsitzender der Grünen) und die politische Geschäftsführerin Emily Büning.
    Müssen sich schwierigen Debatten stellen: Omid Nouripour (Bundesparteivorsitzender der Grünen) und die politische Geschäftsführerin Emily Büning. Foto: Hannes P Albert, dpa

    Zuletzt von heftigen Rückschlägen gebeutelt, droht den Grünen bei ihrem Bundesparteitag, der an diesem Donnerstag beginnt, eine Zerreißprobe. Denn an der Basis gärt es massiv, vor allem den härteren Asyl-Kurs der Ampel-Regierung mit SPD und FDP, den die grünen Minister mittragen, lehnen viele ab. Eine von Willkommenskultur geprägte Flüchtlingspolitik gehört gerade für den linken Teil der Partei zum Kern grüner Identität.

    An historischer Stätte – 1980 fand in Karlsruhe der Gründungsparteitag statt – stehen den Grünen also schmerzhafte Debatten bevor. In

    Beamte der Bundespolizei stehen an der deutschen Grenze.
    Beamte der Bundespolizei stehen an der deutschen Grenze. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild)

    Parteichef Omid Nouripour bemüht sich, die Wogen zu glätten. "Wir gehen mit Selbstbewusstsein in diesen Parteitag", sagte er unserer Redaktion. Gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen gelte für die Partei: "Wir übernehmen Verantwortung für das Land, seine Menschen und machen ein Angebot für die Breite der Bevölkerung". Die Parteispitze will in Karlsruhe um Unterstützung für aus ihrer Sicht notwendige Änderungen in der Asylpolitik werben – auch, um die Grünen strategisch nicht weiter ins Abseits zu manövrieren. In Politik und Bevölkerung werden sie zunehmend als Bremser notwendiger Reformen in der Zuwanderungspolitik gesehen.

    Dass Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) künftig nicht mehr mit den Grünen, sondern mit der SPD koaliert, begründete er nicht zuletzt damit. Jüngste Umfragen fallen wenig schmeichelhaft aus: 74 Prozent der Deutschen haben nur schwaches Vertrauen in die Arbeit der Grünen, zwei Drittel der Befragten bewerten ihr Zutrauen sogar als "sehr schwach". Das hat das Meinungsforschungsinstituts Civey in einer repräsentativen Studie für unsere Redaktion herausgefunden.

    Die Unzufriedenen bei den Grünen beklagen zu viele Kompromisse

    Die wachsende Schar der Unzufriedenen innerhalb der Partei ist dagegen überzeugt, dass ihre Partei schon viel zu viele Zugeständnisse gemacht hat: Vom ambitionierten Heizungsgesetz blieb wenig übrig, Kernkraftwerke liefen länger, neue Flüssiggas-Terminals wurden gebaut und zusätzliche Milliarden für die Bundeswehr gebilligt. In einer ganzen Reihe offener Briefe und kritischer Anträge bricht sich der Frust nun Bahn. "Aus der grünen Fortschrittspartei ist eine Werbeagentur für schlechte Kompromisse geworden", schrieben etliche Hundert Mitglieder an den Bundesvorstand. 

    Die Bundesvorsitzenden der Grünen, Ricarda Lang und Omid Nouripour.
    Die Bundesvorsitzenden der Grünen, Ricarda Lang und Omid Nouripour. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Nouripour kündigt an, mit den Dringlichkeitsanträgen der Parteispitze weiter auf einen pragmatischen Kurs zu setzen. "Wir greifen wichtige aktuelle Themen auf, unterstreichen unsere Solidarität mit Israel, geben Orientierung in der Migrationspolitik." Zugleich halte man am Europafokus des Parteitages fest. "Wohlstand, Klimaschutz und Gerechtigkeit zusammenzubringen: Das ist unsere historische Aufgabe. Auf dem Parteitag in Karlsruhe werden wir zentrale Entscheidungen treffen, um diese Aufgabe geschlossen als Partei anzugehen", sagte er. 

    Auf der grünen Europa-Liste wird es eng

    Auf dem Parteitag steht zudem die Aufstellung der Liste zur Europawahl an – auch dabei zeigt sich, dass die Tage des Sonnenscheins für die Grünen passé sind. Noch bei der Wahl 2019 segelten sie auf der Erfolgswelle, holten 20 Prozent und wurden zweitstärkste Kraft. Dieses Mal sind die Aussichten gedämpft. In den Umfragen reicht es gerade für 15 Prozent und Rang 3. Die Folge: Um die vorderen

    Der Wettbewerb um die aussichtsreichen Plätze ist auch eine Auseinandersetzung zwischen den beiden Flügeln – Fundis und Realos. Bislang haben die Fundis in der Gruppe der Grünen-EU-Parlamentarier ein Übergewicht. Das Gefühl bei ihnen ist, dass sie ihre Bastion unbedingt halten wollen, da sie in der Ampelkoalition im Bund spürbar ins Hintertreffen geraten sind. Der Realo Freund hat sich in Brüssel einen Namen gemacht im Kampf gegen den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der in seinem Land die Demokratie geschleift hat. Freund ist in Ungarn der bekannteste EU-Abgeordnete nach seinen ungarischen Kollegen. Trotzdem muss auch er sich bei der Listenaufstellung richtig ins Zeug legen, weil es insgesamt sehr eng zugeht. 

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