Nach einer turbulenten Woche hat die Union die Reihen wieder geschlossen – und das verdankt sie nicht zuletzt Robert Habeck. Für seine Bemerkung, er könne sich den Grünen durchaus als Wirtschaftsminister in seinem Kabinett vorstellen, hat Friedrich Merz zuletzt einiges einstecken müssen. CSU-Chef Markus Söder schäumte in einem eilig gedrehten Video vom Rücksitz seiner Dienstlimousine aus, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann versuchte in mehreren Interviews, die umstrittene Äußerung wieder einzufangen, indem er sie relativierte, am Ende aber sah es für ein paar Tage trotzdem so aus, als könne sich 2021 wiederholen, als Söder dem damaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet permanent in die Parade fuhr und die Union alles war, nur nicht geschlossen.
Und nun? Steht Merz bei der Vorstellung des gemeinsamen Wahlprogramms von CDU und CSU in einem ehemaligen Telegrafenamt in Berlin neben einem zufrieden lächelnden Söder und erklärt, was er von den Plänen Habecks hält, eine weltweite Milliardärssteuer einzuführen. Anmaßend sei das, kritisiert der CDU-Chef, und dass die Grünen sich mit ihren Forderungen nach noch höheren Steuern, nach noch höheren Schulden und nach noch mehr Umverteilung quasi selbst ins politische Abseits stellten. „Wenn das die grüne Wirtschaftspolitik ist, die Herr Habeck und andere meinen, fortsetzen und verschärfen zu müssen“, warnt Merz, „dann entfernen sich die Grünen von jeder Kooperationsmöglichkeit, die sie bisher vielleicht mal in der einen oder anderen Frage gehabt haben.“
Auch wenn er selbst das so deutlich nicht sagt, kann man das durchaus als verklausulierte Absage des Kanzlerkandidaten an Schwarz-Grün im Bund deuten – zumindest aber tut Markus Söder das. „Mir gefällt das sehr, sehr gut, was Friedrich Merz gesagt hat“, lobt er. Wenig später legt Merz dann sogar noch nach. Auf die Frage, wie er es denn mit den Grünen halte, entgegnet er trocken: „Diese Frage wird doch schon von den Grünen selbst beantwortet.“
Das Wahlprogramm der Grünen ist eine Steilvorlage für die Union
Vor einer Woche hatte das noch ganz anders geklungen. Da hatte Merz in der Sendung von Sandra Maischberger noch gesagt: „Wir brauchen vor allem in der Wirtschaftspolitik einen Politikwechsel, mit oder ohne Habeck.“ Ob das mit dem derzeitigen Minister möglich sei, müsse „Habeck entscheiden, wenn er noch dabei ist.“ Das war zwar kein Bekenntnis zu Schwarz-Grün, vielen Konservativen aber schon zu viel. Wer Merz vor solchen Auftritten eigentlich berate, fragte ein einflussreicher CSU-Mann tags darauf empört. Und ob der Kandidat nicht Profi genug sei, um seine Worte sorgsamer zu wägen. Etwas überrumpelt von dem kritischen Echo versprach Merz in kleiner Runde, die Dinge bei Gelegenheit wieder zurechtzurücken - wofür ihm Habeck und die Grünen mit ihrem Wahlprogramm nun eine Steilvorlage geliefert haben. „Wir haben völlig unterschiedliche Vorstellungen in der Wirtschaftspolitik“, betont Merz jetzt. Und auf die kommt es ihm im Wahlkampf ja bekanntlich besonders an.
Eine Hintertür allerdings hält der Kanzlerkandidat der Union noch offen - und sei es nur, um noch ein Druckmittel bei möglichen Koalitionsverhandlungen mit der SPD zu haben. Die demokratischen Parteien der politischen Mitte müssten prinzipiell miteinander kooperationsfähig bleiben, argumentiert er. Das sehe auch Söder so. „Die Frage, mit wem man dann anschließend in eine Koalition geht, ist eine Frage der Schnittmengen in der Sache.“ Mit all dem jedoch, was die Grünen gegenwärtig betrieben, fortsetzten und verschärften, „entfernen sie sich von dem, was wir in der Sache für richtig halten.“
Der Rest ist pure Harmonie. Merz, staatstragend im Anzug mit Krawatte, dankt dem „lieben Markus“ für die gute Zusammenarbeit beim Zusammenstellen des Wahlprogramms. Söder, leger im dunklen Rolli unter dem Sakko, findet, dass Merz als Bundeskanzler „genau der Richtige“ sei und nimmt sich bei der Gelegenheit gleich noch einmal Olaf Scholz vor, der am Vorabend in einem Fernsehinterview behauptet hatte „Fritze Merz erzählt gern Tünkram“, also Unsinn. Den Namen seines Herausforderers so zu verunglimpfen, sagt Söder, sei letztlich nur ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Respektlosigkeit. Für Armin Laschet, das nur zur Erinnerung, hat der CSU-Chef sich nicht so beherzt in die Bresche geworfen. Diesmal aber, so scheint es, stimmt die Chemie zwischen den beiden Alphatieren der Union nach einer Woche des Missvergnügens wieder. Merz formuliert es so: „Wir erwecken nicht nur den Eindruck - wir sind uns einig.“
Eine Milliardaersteuer ist kein Monopol der Gruenen. Eine solche Forderung wurde auch schon des oefteren aus Kreisen der dadurch betroffenen laut. Die etwas helleren unter denen wissen sehr wohl, dass durch einen maroden Staat ihre Milliarden ziemlich schnell auch weg sein koennten. Aber auch humane Motive werden glaubhaft vorgetragen. Wie eine solche Steuer weltweit hinzubekommen waere ist allerdings sehr fraglich.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden