Papst Franziskus ist ein Frühaufsteher. Um vier Uhr erhebt er sich im vatikanischen Gästehaus Santa Marta, eine Stunde später fängt er an zu beten. So hat er es einer Gruppe von Jesuiten auf seiner Ostasienreise in der ersten Septemberhälfte erzählt, wie kürzlich der Corriere della Sera berichtete. Für das Kirchenoberhaupt folgt dem Aufstehen in der Regel ein Tag voller Termine, ein straffes Programm für einen 87-Jährigen.
Zu straff? Am Montag musste Franziskus seine Termine wegen „leichter Grippesymptome“ absagen. Vatikan-Beobachter gingen davon aus, dass es sich um eine Vorsichtsmaßnahme im Hinblick auf seine 46. Auslandsreise handelte, die den Papst ab diesem Donnerstag für vier Tage nach Luxemburg und Belgien führen wird. Im Anschluss daran folgt mit der „Generalversammlung der Bischofssynode“, der sogenannten Weltsynode, in Rom ein nächstes, körperlich herausforderndes Großereignis.
Das ist das Programm der Papst-Reise nach Luxemburg und Belgien
Bei Vatikan-Berichterstattern steht deshalb wieder einmal der Gesundheitszustand des Papstes im Fokus, der in den vergangenen beiden Jahren mit Darmoperationen, Bronchitis und der dauerhaften Fortbewegung im Rollstuhl wegen eines Knieleidens nicht der beste zu sein schien. In der ersten Septemberhälfte absolvierte Franziskus dennoch seine bisher längste und anstrengendste Auslandsreise – nach Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur. Überraschend zeigte er sich während dieser in bestechender Form. „Wenn man den Papst fragt, wie es ihm geht, sagt er nicht, ich bin müde, sondern: ,Ich freue mich über die Begegnungen und die Freude der Menschen.‘ Es ist eine andere, sehr christliche Perspektive des Lebens, die einen vielleicht weniger müde macht.“ So versuchte sich Vatikan-Sprecher Matteo Bruni an einer Erklärung, als er das Programm der Reise nach Luxemburg und Belgien erläuterte. Erstes Thema der Reise sei die Staatengemeinschaft Europa, zu der sich der Papst bereits 2014 beim Besuch des Europaparlaments sowie nach der Verleihung des Karlspreises 2016 geäußert hatte.
Franziskus wird an diesem Donnerstag um 10 Uhr am Luxemburger Flughafen Findel erwartet und zunächst mit Großherzog Henri und Premierminister Luc Frieden zusammentreffen. Bereits um 18.15 Uhr, so die Planung, soll er nach Belgien weiterfliegen. Offizieller Anlass der Reise sind zwei Ansprachen: am Freitag an der flämischen katholischen Universität in Löwen, am Samstag an der französischsprachigen katholischen Universität von Louvain-La-Neuve. Die gemeinsame Geschichte beider Universitäten reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück, gefeiert wird nun das 600. Bestehen. Nach seiner Rückkehr nach Rom am Sonntagnachmittag beginnt dann auch schon die Weltsynode, die vom 2. bis zum 27. Oktober dauern wird. Am Vorabend wird Franziskus einem Bußakt vorstehen, bei dem die Kirche eigene Verfehlungen, insbesondere im Umgang mit sexuellem Missbrauch, bekennen will.
Papst Franziskus fordert, die „Eskalation im Libanon“ zu stoppen
Am Mittwoch zeigte sich der Papst, noch mit Erkältungssymptomen, vor Tausenden Menschen auf dem Petersplatz. Es war die 500. Generalaudienz seines Pontifikats. Dabei bestätigte er seine Reise nach Luxemburg und Belgien und befasste sich mit dem Teufel, dem die „moderne Technologie“ mit unzähligen Möglichkeiten Raum gebe. So wirke der Teufel durch „Pornografie im Netz“. Zudem rief Franziskus mit Blick auf die jüngsten israelischen Luftangriffe dazu auf, die „Eskalation im Libanon“ zu stoppen. Wörtlich sagte er: Er sei betrübt über die Nachrichten aus dem Land, „wo in den letzten Tagen intensive Bombardierungen viel Tod und Zerstörung verursacht haben“. Er hoffe, dass die internationale Gemeinschaft alle Anstrengungen unternehmen werde, „um diese schreckliche Eskalation zu stoppen. Sie ist inakzeptabel“.
Auch der Augsburger Bischof Bertram Meier äußerte sich hierzu am Mittwoch während einer Pressekonferenz im Rahmen der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Fulda. Meier, der als Vorsitzender der Kommission Weltkirche der DBK sprach, sagte: „Mit den jüngsten Angriffen der israelischen Armee auf Stellungen der Hisbollah im Libanon ist die Gefahr einer weiteren Eskalation des Krieges größer denn je.“ Im Gazastreifen, im Westjordanland oder im Libanon – überall herrsche Gewalt, Leid und Verlust. „Die Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand rückt, so scheint es, in immer weitere Ferne – ganz zu schweigen von einer friedlichen Koexistenz zwischen Israelis und Palästinensern. Der gesellschaftliche Riss zwischen den beiden Völkern ist so groß wie nie zuvor.“
Deutsche Bischöfe verlangen Freilassung der israelischen Geiseln
Im Namen der versammelten deutschen Bischöfe sagte Meier: „Wir fordern die Freilassung der israelischen Geiseln, wir fordern umfassende humanitäre Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen und eine sofortige Waffenruhe. Die internationale Gemeinschaft, einschließlich der Bundesregierung, muss ihren Druck auf die israelische Regierung erhöhen und auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinwirken.“ Nur diese könne Freiheit und Sicherheit für Israel und Palästina sowie eine dauerhafte Stabilität für die Region des Nahen Ostens gewährleisten. „Dazu bedarf es“, betonte Meier, „dringend des Dialogs, der politische, ethnische und religiöse Grenzen überwindet.“
Irritationen löste Meier mit einem Vergleich aus. Mit Blick auf Israels Vorgehen sagte er: „Es sind Luftanschläge, die aber durchaus auch Anklänge an terroristische Aktionen haben.“ Den von ihm verwendeten Begriff „Luftanschläge“ wolle er in diesem Sinne in der Schwebe lassen.
Bertram Meier nimmt am Abend seine Bemerkung zurück – sie sei missverständlich gewesen
Am Mittwochabend veröffentlichte die Bischofskonferenz dazu eine Erklärung Meiers: „In der aus dem Stegreif formulierten Antwort auf eine journalistische Frage“ habe er mit Bezug auf Maßnahmen der israelischen Streitkräfte im Libanon von „Anklängen an terroristische Aktionen“ gesprochen. Hintergrund seien die kontroversen Diskussionen unter Völkerrechtlern und anderen Experten gewesen, ob die technische Umrüstung von Pagern und Funkgeräten, die zu Todesfällen und Verletzungen unter Kämpfern der Hisbollah geführt haben, eine rechtlich und ethisch vertretbare militärische Aktivität darstelle. „Meine Bemerkung war missverständlich“, erklärte Meier – er nehme sie zurück. Auch wolle er nicht den Eindruck aufkommen lassen, „dass ich den Kampf der israelischen Armee gegen eine Organisation, die die Menschen im Norden Israels seit Monaten durch Raketenbeschuss gefährdet, verurteile“. Das schließe nicht aus, „dass über einzelne Maßnahmen gestritten werden darf und muss“.
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