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Papst Franziskus: Reformer oder mutlos?

Kommentar

Den Papst scheint der Mut verlassen zu haben

Daniel Wirsching
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    Am Ende wird Papst Franziskus allein entscheiden, wie weit der Weg der Veränderung in der katholischen Kirche reicht.
    Am Ende wird Papst Franziskus allein entscheiden, wie weit der Weg der Veränderung in der katholischen Kirche reicht. Foto: Andrew Medichini/AP, dpa

    Inzwischen sind so einige Aussagen des Papstes zusammengekommen, über die man sich nur wundern kann. Oder ärgern. Eine seiner ärgerlichsten Bemerkungen ist es, dass er die Frage einer Weihe von Frauen zu Diakoninnen „als noch nicht reif“ ansehe. Als spreche die katholische Kirche nicht seit Jahrzehnten darüber – und über Priesterinnen! Zu erleben ist ein Spiel auf Zeit, derzeit in Rom.

    Dort haben sich hunderte Bischöfe versammelt. Sogar ein paar Laien, ja sogar ein paar Frauen dürfen an der „Weltsynode“ teilnehmen. Erklärtes Ziel: Das Miteinander soll gestärkt werden. Frauen jedoch – die die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen, sich in der Weltkirche aber hinter den Klerikern einzureihen haben – stößt man vor den Kopf. Oft sind sie es, die Gemeinden tragen und mehr beisteuern wollen und, natürlich, können als den Kuchen zum Pfarrfest. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz bezeichnete die Frauenfrage jüngst als „grundlegend und zukunftsentscheidend“; Papst Franziskus klammerte sie bei der Weltsynode aus. Forderungen nach echter Teilhabe nannte er „aufgepeitschte Rufe“. Gleichermaßen hat er immer wieder beteuert, man müsse den Frauen zu- und auf sie hören.

    In Teilen Europas befindet sich die Kirche bereits auf einem Weg in die Bedeutungslosigkeit

    Es ist solches Sprechen, durch das die Kirche Frauen verliert. Durch das Menschen an ihr (ver-)zweifeln. Durch das sie unglaubwürdig wird. Durch das sie, unter Verweis auf Kirchenlehre und Tradition, den Eindruck bekräftigt, kalt und erstarrt zu sein – und durch das sie als moralische Instanz ausfällt. In Teilen Europas befindet sie sich bereits auf einem Weg in die Bedeutungslosigkeit.

    Franziskus war vor elf Jahren insbesondere in Deutschland euphorisch als Kirchenoberhaupt begrüßt worden. Er galt als Reform-Papst, was schon damals ein großes, gern geglaubtes Missverständnis war. Die Frage nach seinem Vermächtnis entscheidet sich in diesen Tagen in Rom. Noch hat es der 87-Jährige in der Hand, ob sein Pontifikat einen neuen Aufbruch bedeutet. Oder ob der von ihm zweifelsohne geöffnete Fensterspalt viel zu klein war, um die Kirche mit etwas frischer Luft zu versorgen. Luft, die sie in Europa wie andernorts braucht, um am Leben zu bleiben. Mit kirchenrechtlicher Kosmetik wird es da nicht getan sein.

    Wäre Franziskus an tiefgreifenden Reformen gelegen, er hätte sie längst umsetzen können

    Nun kann man einwenden: Franziskus hat die sprichwörtlich langsam mahlenden Mühlen der Kirche immerhin zum Mahlen gebracht. Das hat er – indem er wie ein Change-Manager der streng hierarchisch strukturierten Organisation demokratische (Spuren-)Elemente selbst auf Bischofsebene verordnete. „Synodalität“ ist sein Wort dafür, gemeint ist ein Voranschreiten im Hören aufeinander und auf den Heiligen Geist. Bloß: Am Ende wird er allein entscheiden, wie weit der Weg der Veränderung reicht. Da in der Kirche Macht an Weiheämter gekoppelt ist, hängen Reformen an geweihten Männern, allen voran dem Papst, und deren Bereitschaft, Macht abzugeben.

    Dabei wird es bleiben. Wäre Franziskus an tiefgreifenden Reformen gelegen, er hätte sie längst umsetzen können. Wie die Weihe verheirateter Männer zu Priestern im Amazonasgebiet. Auch hierzu berief er eine Synode ein und setzte sich dann, ohne genauere Begründung, über deren klares Votum hinweg. Damals, 2019, hätten gar seine oft zerstrittenen und um eine Kirchenspaltung fürchtenden Mitbrüder diese Reform mitgetragen. Er hatte sie um „mutige Vorschläge“ gebeten – heute scheint ihn der Mut verlassen zu haben.

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    2 Kommentare
    Michael Weidel

    Solange die katholische Kirche, allen voran der Papst, Teile unseres Grundgesetzes ignoriert, ist es mehr als erfreulich, dass sie bedeutungslos wird. Diesem frauenfeindlichen Machtapparat braucht kein Mensch nachzuweinen. Gute Menschen und gute Taten gibt es auch ohne katholische Kirche.

    Albert Groß

    Wenn ich dem provokanten Kommentar von Michael Weidel schon nichts entgegnen darf, dann kommentiere ich eben eine Passage von Autor Daniel Wirsching: ...Als spreche die katholische Kirche nicht seit Jahrzehnten darüber-und über Priesterinnen. In meiner Jugendzeit gab es die Parole: Jesus ja/Kirche nein; wegen deren Machtstrukturen. Weshalb wollen die selben Frauen heute lieber in die Machtstruktur wechseln? Maria, die Mutter Jesu, hatte keine Forderung zum Diakonat der Frau gestellt, sie war einfach Vorbild, wie wir es auch sein könnten auch ohne Amt und Würden.

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