In Pflegeheimen ist die Corona-Gefahr weiterhin groß. Während die Pandemie in anderen Bereichen des Lebens zunehmend ihren Schrecken verliert, gibt es in den Einrichtungen für alte oder kranke Menschen noch keinen Grund zur Entwarnung. Das geht aus dem aktuellen Pflegereport der Barmer-Krankenkasse hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Angesichts der Diskussion um das Auslaufen von Maßnahmen gegen die Ansteckung in mehreren Bundesländern mahnte Kassen-Chef Christoph Straub in den Heimen weiter zu Vorsicht. Nötig sei auch in den kommenden Monaten ein „Corona-Konzept mit Augenmaß vor allem für besonders Schutzbedürftige“.
Hohe Sterblichkeit in den Heimen
Neben der Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln bleibe auch das Impfen weiter ein wichtiger Faktor, sagte er. Gezeigt habe sich das in den Daten zur Sterblichkeit der Heimbewohnerinnen und -bewohner. In der Phase, in der diese bereits geimpft wurden, der Rest der Bevölkerung aber noch nicht, sei die Zahl der Todesfälle im Vergleich merklich zurückgegangen. Insgesamt zählten und zählen die Menschen, die in den Pflegeheimen leben, zu den am stärksten durch Corona gefährdeten Gruppen.
In der ersten und zweiten Welle waren bis zu 60 Prozent aller mit Corona-Infektion Verstorbenen Heimbewohner. Im Dezember 2021, in der vierten Welle, waren es noch 30 Prozent. Zum Rückgang der Sterblichkeit habe auch die weniger gefährliche Omikron-Variante beigetragen, so der Report. Insgesamt sind zwischen Januar 2020 und Dezember 2021 etwa 155.000 mehr Menschen in den Heimen gestorben, als nach den Durchschnittswerten der Vorjahre zu erwarten gewesen war. Straub forderte Politik und Heime dazu auf, Vorkehrungen zu treffen für den Fall, „dass wieder eine aggressivere Variante auftritt“.
Ein Festhalten an bestimmten Coronamaßnahmen sei auch mit Blick auf die Engpässe beim Pflegepersonal angezeigt, so Straub. In diesem Jahr habe der Krankenstand der Pflegekräfte einen Höchststand erreicht. Nach Daten der Kassen lagen im März 158 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aufgrund einer Corona-Infektion je 10.000 Fachkräfte vor – im März 2021 waren es gerade mal elf. Nötig sei eine bessere Personalausstattung.
Die Debatte um die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegekräfte wolle er nicht beurteilen, sagte Straub. Er empfehle aber, „auf die Erkenntnis zu setzen, dass Impfen hilft“. Für Pflegekräfte solle auch künftig die Isolationspflicht gelten, wenn sie mit dem Coronavirus infiziert sind. Eine Maskenpflicht, sowohl für Betreuer als auch Bewohner, sieht Straub dagegen skeptisch. Es sei anstrengend, den Mund-Nasenschutz zu tragen, zudem behindere er die Kommunikation, bei der es auch auf Mimik ankomme.
Die Corona-Pandemie sorgt für ein Milliarden-Defizit in der Pflege
Die Pandemie hat laut Straub auch zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen geführt. Denn wohl aufgrund der Furcht vor Ansteckung seien deutlich weniger Menschen neu in die Heime gekommen. Gleichzeitig seien dort durch Tests, Hygienemaßnahmen und gestiegenen Personalaufwand rund 9,2 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten entstanden.
Der Bund habe aber nur vier Milliarden ausgeglichen. Hierfür müsse die Bundesregierung einen Ausgleich schaffen, wie sie es im Koalitionsvertrag angekündigt habe. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach sich dagegen aus, Maßnahmen wie die Isolationspflicht zu schnell aufzuheben. „Wir sind am Vorabend einer besonders ansteckenden Variante, die Verläufe sind nicht harmloser geworden“, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Ohne Isolationspflicht gingen mehr Pflegekräfte infiziert zur Arbeit, wo sie Kollegen und Heimbewohner anstecken könnten. Für die Heime müssten feste Vorgaben gelten, damit nicht etwa einzelne Betreiber entscheiden könnten, dass Pflegekräfte infiziert zur Arbeit kommen müssen.