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Osteuropa: Gespräche ohne die Ukraine: Putins Träume vom großen Imperium

Osteuropa

Gespräche ohne die Ukraine: Putins Träume vom großen Imperium

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    Kann Wladimir Putin aus Russland wieder eine Weltmacht machen? Zweifel mögen angebracht sein, aber der Präsident scheint fest dazu entschlossen.
    Kann Wladimir Putin aus Russland wieder eine Weltmacht machen? Zweifel mögen angebracht sein, aber der Präsident scheint fest dazu entschlossen. Foto: Alexei Nikolsky, dpa

    Kann das überhaupt gehen, ohne Kiew? Am Montag haben in der Schweiz die bilateralen Gespräche zwischen Moskau und Washington über die jüngsten Spannungen rund um die Ukraine begonnen – ohne, dass deren Vertreter mit am Tisch sitzen. Das passt in das Verständnis Russlands, die Welt in Einflusszonen einzuteilen und sich über kleine Länder zu ermächtigen. Zudem hat Präsident Wladimir Putin der Ukraine längst ihre Staatlichkeit abgesprochen. Es gebe nichts mit Kiew zu besprechen, sagt auch der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew immer wieder.

    Das Treffen von Genf ist ein von Russland erzwungenes Gespräch, nachdem es mit immer mehr Nachdruck Garantien von den USA und der Nato eingefordert hatte. Die Verträge sind bereits ausgearbeitet, so wie Russland „Verträge“ versteht: Washington soll unterschreiben. Alle Forderungen, so heißt es vom russischen Unterhändler Sergej Rjabkow seien „notwendige, unabdingbare Elemente“. Es ist ein Ultimatum, keine Basis für Verhandlungen: In den Dokumenten findet sich der Verzicht auf jede Erweiterung der Nato und auf jegliche militärische Aktion der Nato in Osteuropa, im Kaukasus und in Zentralasien – und seien es lediglich gemeinsame Übungen der Länder mit der Nato. Es sind unerfüllbare Forderungen, das weiß letztlich auch der Kreml. Misslingen die Gespräche, so Rjabkow, könne Präsident Putin „Optionen prüfen“, die ihm seine Militärs vorbereiteten. Die berechtigte Angst des Westens: Moskau könnte das Scheitern als Vorwand sehen, in der Ukraine militärisch einzugreifen.

    Wendy Sherman und Sergej Rjabkow bei einem bilateralen Treffen zwischen den USA und Russland in Genf.
    Wendy Sherman und Sergej Rjabkow bei einem bilateralen Treffen zwischen den USA und Russland in Genf. Foto: Denis Balibouse, dpa

    Nach dem achtstündigen Auftakt sagte Rjabkow am Montagabend: „Das Gespräch war schwierig, aber sehr professionell, tiefgründig und konkret.“ Der US-Seite sei versichert worden, dass Russland keinen Überfall auf die Ukraine plane. Moskau habe aber auch klar gemacht, dass in Bezug auf wesentliche Forderungen Fortschritte erzielt werden müssten. Dazu zählten ein Ende der Nato-Osterweiterungen und ein Verzicht des westlichen Militärbündnisses auf die Stationierung von Angriffswaffen nahe der russischen Grenzen. Von diesen Forderungen werde Russland nicht abrücken.

    Proteste in Kasachstan machen Gespräche noch komplizierter

    Ein Thema macht die Gespräche jetzt noch komplizierter als sie ohnehin sind, da keine der Seiten sich im Vorfeld zu Kompromissen bereit gezeigt hat. Eines, das gar nicht auf der Tagesordnung in Genf steht: die gewaltsamen Proteste in Kasachstan. Die Gemengelage in den beiden Ländern ist eine sehr unterschiedliche, auch wenn Putin nun von einem „Maidan“ in Kasachstan spricht. So heißt der zentrale Platz in Kiew, von dem Ende 2013 die Proteste in der Ukraine ausgegangen waren, nachdem der damalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterschrieben hatte. Nach dem Machtwechsel in Kiew folgte der Krieg in der Ost- ukraine, folgte die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, folgte Moskaus Enttäuschung über die Ukraine und der Furor des Kremls, mit dem es seine Ukraine-Politik seitdem betreibt.

    „Maidan“ bedeutet im Verständnis der Machthaber im Kreml eine Einmischung von außen, die zu einen Umsturz der Machtverhältnisse führt – und die es zu vermeiden gilt. Eine solche Einmischung sehen Moskau und Nur-Sultan nun auch in Kasachstan. Wer hinter den „Banden von außen“, wie der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew die Protestierenden in den Städten seines Landes zu nennen pflegt, stecken soll, hat er zwar immer noch nicht gesagt. Unter dem Deckmantel des Anti-Terrors-Kampfs aber rief er das von Russland angeführte Militärbündnis der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit an – im Russischen als ODKB abgekürzt. Theoretisch ist die ODKB so etwas wie der russische Gegenentwurf zur Nato, gegründet nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, eigentlich um die beteiligten Länder Russland, Belarus, Armenien, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan gegen Angriffe von außen zu verteidigen. Sie wurde bislang als Papiertiger verspottet und geht nun gleichwohl zum ersten Mal seiner Beistandsverpflichtung nach.

    Kasachstan hat sich vor 30 Jahren aus der Sowjetunion herausgelöst. Auch damals stand bereits Nursultan Nasarbajew an der Spitze des Landes. Der heute 81-Jährige, der einen Personenkult pflegt, hat all die Jahre erfolgreich versucht, sich der russischen Dominanz zu entziehen. Mit dem Ausruf des Bündnisfalls gibt sein Nachfolger Tokajew die mühsam errungene Souveränität fast schon freiwillig auf – um seine eigene Macht im Land zu konsolidieren. Nach einer ganz kurzen Phase der Verunsicherung sieht der Kreml auch eine Chance darin: Der Einfluss auf den ohnehin engen Verbündeten in Zentralasien steigt. Tokajew hat sich von Moskau abhängig gemacht.

    Russland hat Soldaten in fast allen Ex-Sowjetrepubliken

    Russlands Militär hat nun in fast allen ehemaligen Sowjetrepubliken seine Soldaten. Ausgenommen sind lediglich das Baltikum, Turkmenistan und Usbekistan. In Armenien soll nach dem jüngsten Krieg mit Aserbaidschan um Bergkarabach eine „Friedensmission“ der Russen für zunächst fünf Jahre die Grenze sichern. In Kasachstan kommen nun ebenfalls „Friedenstruppen“ zum Einsatz, 2500 Soldaten sind für die Sicherung der kasachischen Infrastruktur zuständig. In Kirgistan und Tadschikistan hat Russland eigene Militärbasen.

    Allerdings hat Moskau den belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko nach dessen gefälschter Wiederwahl und den Protesten in Belarus in der Hand. Putins Traum vom großen Imperium, er wird bereits gelebt – und er wird bisher auch gewaltsam verteidigt.

    Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko.
    Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko. Foto: Maxim Guchek, AP/dpa

    Am Abend des ersten acht Stunden dauernden Gesprächs am Genfer See ist nur eines klar: Ein konkretes Ergebnis gibt es wie erwartet noch nicht. Die USA haben Russland bedeutet, dass die vorgelegten Forderungen inakzeptabel seien, so Vizeaußenministerin Wendy Sherman. Die USA und ihre Verbündeten würden noch in dieser Woche einen „einheitliche Botschaft“ an Russland senden. Wenn Russland zur Deeskalation bereit sei, gebe es eine „echte Chance, diplomatische Lösungen zu finden“.

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